IX. KAPITEL.
Abreise nach Baghirmi. — Die Landschaft KotokÖ.
Am lsten Februar 1852 war icb nach Kükaua zurückgekehrt
und am 4ten März brach ich wieder auf zur Reise
nach Baghirmi. Ich hegte jedoch keineswegs grosse Zuversicht
auf das Gelingen meines Unternehmens. Der Sultan
von Baghirmi, hiess es, sei von seiner Hauptstadt abwesend
und auf einem Zuge nach dem südöstlichen Theile seines
Gebietes begriffen; doch würde ich ohne grosse Schwierigkeiten
bei dem den Sultan vertretenden Vice-Statthalter Zutritt
und von demselben die Erlaubniss erhalten, mich jenem
Zuge anschliessen zu dürfen, und somit Gelegenheit finden
zur Bereisung jener südlicheren Provinzen, welche für mich
allein ausführen zu können nicht in Aussicht stand. Ich wendete
mich also an den in Kükaua residirenden Agenten jenes
Fürsten, einen Eunuchen. Dieser Mann war in der zweiten
Schlacht bei Ngäla von den Kanöri zum Gefangenen gemacht
worden und dann zur Würde eines Mestrema (d. i. ersten Eunuchen)
des Sultans von Bornu emporgestiegen. Obgleich ich
ihm ein kleines Geschenk mitbrachte, empfing er mich doch
ziemlich kalt und machte mir nicht viel Hoffnung auf Erfolg.
Meine Mittel waren gänzlich erschöpft und ich war genö-
thigt, den kleinen Vorrath an Geschenken, welchen ich überhaupt
mitzunehmen vermochte, zu hohen Preisen und auf
Kredit zu kaufen. Ich hatte nur zwei sehr unbedeutende
Diener, nämlich Mohammed ben Habib und Mohammed ben
Ahmed, zwei junge, aus Fesän gebürtige Burschen von ebenso
beschränktem Verstände, wie anspruchsvoll als Moslemin und
ohne alle Kenntniss von dem Lande, welches ich besuchen
wollte. Mein Lastvieh bestand einzig in einem Pferde für
mich selbst und einem weiblichen Kameele, um mein Gepäck
fortzuschaffen. Bei so geringer, ja selbst armseliger Zurüstung
begab ich mich gar nicht mit dem zuversichtlichen
Muthe, der den Erfolg sicher stellt, auf die Reise; aher entschlossen,
nach Europa zurückzukehren, falls nicht bald neue
Mittel eintreffen sollten, wollte ich noch einen letzten ve^
zweifelten Versuch wagen, um etwas auszurichten, bevor ich
das Land gänzlich verliesse. —
Herr Dr. Overweg begleitete mich bis Ngornu, wo wir
bei unserem Freunde, dem Kaschella Kötokö, abstiegen. Es
machte mir bei meinem gegenwärtigen kümmerlichen Zustande
grosse Freude, hier durch einen Privatboten vom Vezier
ein kleines Packet Kaffee und vom Müllem Mohammed
einen Hut Zucker zu empfangen. Solche Beweise uneigennütziger
Freundschaft sind für den Reisenden in einem fremden
Lande eine grosse Befriedigung.
{Freitag, 5ten März.\ Beim Beginne der Baumwollenpflanzung
nahm ich von meinem Europäischen Gefährten Abschied;
er selbst beabsichtigte, in Kaschella Kotokö’s Begleitung
einen Ausflug längs des Seeufers zu machen, nach Ma-
duäri, — demselben Orte, wo ihm binnen wenigen Monaten
zu erliegen beschieden war.
Der Mestrema hatte mir zur Begleitung einen Reiter mitgegeben,
es war aber keineswegs ein Mann, wie ich ihn
mir wünschen mochte. Hätten Ethnologen seine Gesichtszüge
als den allgemeinen Typus der Negerrasse aufgestellt,
so hätten sie-sich wohl für berechtigt halten können, der
letzteren eher eine Verwandtschaft mit dem Affen, als mit
dem Menschen beizumessen. Sein gemüthloses, aber dabei
eingebildetes Wesen entsprach seinem Äusseren vollkommen.
B n rth 's Reisen, m . . gQ