So weit habe ich die Geschichte des Landes in der Depesche
behandelt, welche ich nach meiner Rückkehr von Ba-
ghirmi heimsandte, und die Bemerkung, mit der ich damals
meinen geschichtlichen Bericht von Wädäi schloss, ist
seitdem in sehr auffallender Weise bestätigt worden. Meine
Worte waren: „Die Uneinigkeit, welche gegenwärtig im Herzen
von Wädal herrscht, ist um so folgenreicher, als der
König Mohammed Ssäleh mit seinem ältesten Sohn Mohammed
auf schlechtem Fusse zu stehn scheint. Der Thronerbe
hlieh hei der Übersiedelung des Hofes nach Abeschr in Wära
zurück und soll sich, nachdem er wiederholt vorgeladen worden
war, vor seinem Yater zu erscheinen, in die südlichen
Landschaften des Reiches zurückgezogen haben.”
Nur wenige Monate später, als ich diese Zeilen geschrieben,
erhielten wir in Bornu die Nachricht von dem Ausbruche
eines Bürgerkrieges zwischen Vater und Sohn;
ein langer blutiger Kampf begann, in welchem Mohammed,
der Sohn Mohammed Ssäleh’s, nicht allein seinen Vater,
sondern auch seine Brüder besiegte, obgleich sie einen starken
Anhang hatten, während er selbst in Folge seiner Geburt
(als Sohn einer Ausländerin, einer Felläterin von Kor-
dofän) sich ganz allein auf seine eigene Energie und seinen
persönlichen Muth verlassen musste. Hieraus erklärt sich
auch von seihst das gewaltsame Verfahren des Usurpators,
dem natürlich der ganze Landesadel feindlich gegenüberstand;
so soll er eine grosse Niederlage unter den angesehensten
Männern des Landes angerichtet haben.
Uber den gegenwärtigen Zustand der politischen Verhältnisse
des Landes hin ich nicht genau unterrichtet; ich
habe jedoch gehört, dass dieser König von einem seiner Brüder
entthront worden sei. Sollte Herr Dr. Vogel, der, wie
wir nun wissen, über Känem und Fittri Baghirmi erreicht
und sich dann von da wieder nördlich um Wadäi herum
gewandt hat, wider Erwarten so glücklich sein, mit dem.
Leben davonzukommen, so werden wir von diesem interessanten
Lande, bald mehr hören; aber leider lassen seihst die
letzten Nachrichten (vom 20sten Juni) aus Borgu nur wenig
Hoffnung, dass das Leben des ebenso rüstigen und unerschrockenen,
wie aufgeweckten und tief wissenschaftlich
gebildeten jungen Mannes, der eine so reiche Zukunft in Leben
und Wissenschaft vor sich hatte, verschont geblieben sei; es ist
vielmehr, zu befürchten, dass fürderhin auch Wära unter
den zahlreichen Grabstätten Europäischer Reisenden figuriren
wird, welche sich im Inneren des Afrikanischen Festlandes zerstreut
finden. Allerdings ist eine schwache Hoffnung in diesem
Augenblicke (Anfang September 1857) wieder aufgetaucht;
möge das Bestreben, nichts unversucht zu lassen, um das
Schicksal des kühnen Forschers zu enthüllen, wenigstens dazu
beitragen, uns einen Blick auf den Faden seiner Bemühungen
werfen zu lassen. Allein auch im Falle, dass sich die Nachricht
bestätigte, Eduard Vogel sei vom Fürsten von Wädäi,
sei es im Zorn über eine ihm von anderer Seite her ange-
thane Beleidigung oder aus Fanatismus, enthauptet worden,
würde das Leben meines jungen Freundes nicht als völlig
nutzlos weggeworfen zu betrachten sein, und sein Tod selbst
würde künftigen Reisenden einen Schirm gegen ein ähnliches
Schicksal gewähren. BgM
Dies ist eine kurze Skizze der Geschichte Wädai’s, so weit
mich meine Nachforschungen in Baghirmi in den Stand setzten,
mit ihr bekannt zu werden. Für die Genauigkeit meiner
Angaben im Allgemeinen kann ich bürgen, wie weit sie auch
von Berichten Anderer abweichen mögen.
Ich schliesse nun einige allgemeine Bemerkungen an.
Das auf diese Weise duvdpdie, wenn auch unsystematischen,
'aber doch energischen Bemühungen mehrerer Fürsten
in ein ausgedehntes Königreich! vereinigte Land hat seine
grösste Längenausdehnung in der Richtung von WNW. nach
OSO. und erstreckt sich ungefähr vom 15ten Grad östl. L. von
B a r th ’s Reisen, i n . g a