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420 XV. Kapitel.
oder östlicher Richtung vorzudringen, uns westlich wenden
und Timbuktu zu erreichen suchen.
Diese Mittheilung schien sowohl den Scheich, als auch den
Vezier ungemein zu erfreuen; denn sie fürchteten nichts so
sehr, als dass wir nach Wäd&i' gehn und mit dem Sultan
jenes Landes in freundschaftlichen Verkehr treten möchten.
Aus diesem Grunde war ich auch davon überzeugt, dass der
Vezier sicherlich nichts für mich gethan hatte zur Sicherung
einer guten Aufnahme in Baghirmi, vielleicht aber in
entgegengesetzter Richtung nicht unthätig gewesen war. Der
Scheich erklärte jedoch, dass er, wie er unserem gegenwärtigen
Vorhaben, unser Glück in westlicher Richtung zu versuchen,
grossen Beifall schenke, uns doch auch nicht daran
hindern würde, selbst nach Wädäi zu gehn, da es ja den
Unterthanen Ihrer Brittischen Majestät nach dem ausdrücklichen
Wortlaute des Vertrages freistehe, sich hinzuwenden,
wohin es ihnen beliebe, — obschon er erst einige Tage später
und nach zahlreichen Zögerungen und Ausflüchten denVertrag
wirklich Unterzeichnete. Ich drückte dann noch die Hoffnung
aus, dass uns die Umstände, ehe wir das Land ver-
liessen, gestatten möchten, die von uns und der Englischen
Regierung gleich stark begehrte Aufnahme und Erforschung
des Tsäd zu beendigen. — Unsere Ansprache, sowie die Geschenke
fanden eine huldvolle Aufnahme und wir wurden
dann mit Herzlichkeit entlassen.
Am letzten August Unterzeichnete der Scheich den Vertrag
und machte uns dabei die Hoffnung, dass, wenn wirklich Englische
Kaufleute in das Land kommen und also nach anderer
Waare, als Sklaven, nachfragen sollten, dann der Sklavenhandel
allmählich abgeschafft werden könne. —
Ich war nunmehr in den Stand gesetzt, alle unsere pekuniären
Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Dieselben
waren in einem höchst verwickelten, ja verzweifelten Zustande,
da wir ausser der grossen, dem Kaufmann Moham-
Körperliche Entkräftung Dr. Overweg’e. 421
med e’ Ssfaksi schuldigen, an Ort und Stelle zu schaffenden
Summe von 1275 Thalern dem Vezier allein 500 Spanische
Thaler schuldeten. Weil wir nicht bei allen Beträgen Baar-
zahlung leisten konnten — wir hatten ja nur eine Baarsendung
von 1050 Thalern von der Regierung erhalten —•, so verglich
ich mich mit dem Kaufmanne dahin, dass ich ihm
200 Thaler baar und einen Wechsel von 1500 Thalern (auf
Fesän) gab, wogegen ich alle kleineren Schulden, sowie auch
die beim Vezier baar bezahlte.
Wir hätten nunmehr, wenn auch mit nur massigen Mitteln,
allerdings recht Bedeutendes leisten können, wäre es
uns beschieden gewesen, beisammen zu bleiben; aber während
im Anfänge alle unsere Anstrengungen durch die
Geringfügigkeit unserer Mittel, welche keine umfassenderen
Unternehmungen gestatteten, gelähmt worden waren,
wollte es min unser Geschick, dass, als endlich hinlängliche
Mittel eingetroffen waren, Einer von uns beiden erliegen
sollte.
Ich habe bereits bemerkt, dass ich durch das erschöpfte
Aussehen meines Genossen überrascht wurde, als ich denselben
bei meiner Rückkehr vor dem Thore der Hauptstadt traf;
tief betrübte es mich nun, den ersten Eindruck durch fernere
Beobachtungen bestätigt -zu finden. Da er sich nach
einer kleinen Luftveränderung sehnte, es auch unserem Zwecke,
der Erforschung des Tsäd, ganz entsprach, den Zustand des
Komädugu in dieser Jahreszeit zu beobachten, während grössere
Unternehmungen gegenwärtig nicht möglich waren, so
kamen wir überein, dass er einen kleinen Ausflug nach dem
unteren Theile des Flusses machen sollte. Demgemäss reiste
er am 29aten August in Gesellschaft eines Edelmannes zweiten
Ranges „kökana” — nach Adjiri ab, welche Ortschaft, unweit
westlich vom Gau Dütschi gelegen, jenem Edelmanne gehörte.
Ich begleitete ihn bis zur Dorfschaft Dau-erghü und wir