ist. Rund um die Stadt her liegen mehrere Weiler von eingeborenen
Arabern — Schüa oder Schiwa —, besonders vom
Stamme der Benl Hassan, welohe die Stadt mit Milch und
Butter versorgen. Auf der Südseite besonders bildet sich
während der Regenzeit eine ausgedehnte Lache stehenden
Wassers, die dann der ganzen Umgegend einen anderen Charakter
verleiht, fei--;-
So verstrich meine Zeit, indem ich bald studirte, bald
einen Spaziergang machte, entweder zu Fuss oder zu Pferde,
jetzt dem Statthalter einen offiziellen Besuch abstattete, zu
anderen Zeiten wieder mit meinem Freunde Ssämbo eine
interessante Unterhaltung hatte. Aber viel Zeit ward auch
dadurch in Anspruch genommen, dass ich den Leuten Arznei
verabreichen musste, besonders während der ersten Zeit meines
Aufenthaltes; denn der kleine Vorrath an Arzneien, den
ich. mitbrachte, ward schnell verbraucht. Aber selbst wenn
ich einen grösseren Vorrath gehabt hätte, möchte ich bei der
ungastfreundlichen Behandlung, die ich erfuhr, bisweilen in
Versuchung gekommen sein, den geringen Beistand, den
ich gewähren konnte, diesen Leuten vorzuenthalten, und im
Anfänge setzte mir der Kadamänge nicht wenig zu, indem er
mich zu mehreren alten Weibern schickte, die vor Jahr und
Tag ihre Glieder gebrochen hatten und in jeder Hinsicht ganz
reif für die Gruft waren. Da legte ich einen amtlichen Protest
dagegen ein,' dass ich in Zukunft zu Patientinnen von
so hohem Alter geschickt würde.
Aber bisweilen waren auch die Kranken recht interessant,
besonders die Frauen, und es machte mir eines Morgens
nicht wenig Vergnügen, als eine schöne, wohlgewachsene
junge Dame in Begleitung eines Dieners des Statthalters sich
einfand und mich dringend bat, ihre Mutter zu besuchen,
die unpässlich sei. In der Meinung, dass ihr Haus nicht
weit entfernt sei, folgte .ich ihr zu Fuss, hatte aber die ganze
Stadt zu durchwandern, da sie in der Nähe des nach Äbü-
Gher führenden Thores wohnte, und es verursachte meinen
Freunden einige Unterhaltung, mich mit dieser jungen Dame
durch die Strassen schreiten zu sehn. In Zukunft aber
pflegte ich, wenn ich meine Patientin besuchen wollte, mein
Pferd zu besteigen, und die Tochter des Hauses war stets
höchlich vergnügt, so oft ich kam, und legte mir oft sehr
eindringende Fragen vor; so fragte sie mich, wie es mit
meinem Haushalte 'ginge, da ich so ganz allein wirthschafte,
und ob ich kürzlich Honig und Butter eingekauft habe. Sie
war eine redht hübsche Person und würde als solche selbst
in Europa angesehen worden sein, mit der einzigen 'Ausnahme
ihrer Haut, deren glänzendes Schwarz ich damals ganz
wohlgefällig fand, ja zu weiblicher Schönheit fast wesentlich.
Auch die Prinzessinnen, die Töchter des abwesenden Fürsten,
welche hier zu Lande ebenfalls den Titel „Mairam”
führen, oder, wie das Wort gewöhnlich ausgesprochen wird,
„Meram”, besuchten mich gelegentlich, unter dem Vorwand,
Arzneien zu bedürfen, und unter Anderen kam einst ein
munteres junges Mädchen von schlankem Wüchse und an-
muthigen, aber etwas coquetten Manieren;''in Begleitung
einer älteren Schwester von ernsterem Wesen und vollerem
Wüchse. Sie Magte mir, dass sie an einem Augenübel
leide, und bat mich zu sehn, was es sei; als ich mich ihr
dann aber in ernster Weise näherte, ihre Augen mit grösser
Aufmerksamkeit untersuchte, ohne im Stande zu sein, auch
nur den kleinsten Fehler zu entdecken, und ihr nun erklärte,
dass Alles in Ordnung sei und dass ihre Augen gesund und
schön seien, brach sie in ein gewaltiges Gelächter aus und
wiederholte in coquetter und übermüthiger Weise: „schöne
Augen, schöne Augen!”
Es herrscht, wie ich schon bemerkt habe, eine grosse Verschiedenheit
zwischen dem weiblichen Geschlechte der Ka-
nöri und der Baghirmier|S die letzteren haben durchaus
den Vorrang und verdienen sicherlich, unter die schönsten