[Freitag, 28s‘en November.] Das „ngäufate” rückte bis Miirte
vor. Gleich südlich von Yèdi dehnt sich eine unabsehbar
weite, ganz kahle, nur hie und da mit einzelnen spärlichen
Mimosen bewachsene Ebene aus; dies ist der Anfang des
„firki”- oder schwärzlichen Humusbodens, der in den südlichen
Gegenden Bórnu’s so weite Strecken einnimmt und von dem
ich im vorigen Bande wiederholt gesprochen habe. Aber der
auf dieses eigenthiimliche, mit der grossen Sumpflache des
Tsäd in der engsten Verbindung stehende Terrain angewiesene
Anbau der „massäkuä” oder „mossogä” (Holcus een mm*)
war dies Jahr nach spärlicherem Regen keineswegs gut ausgefallen.
Ich war mit. meinem Kameel vorangezogen, als mich der
Vezier gewahr wurde und mich zum Scheich rufen liess.
Nachdem mich dieser sehr freundlich begrüsst hatte, fragte
er mich, warum ich meine Pistolen stets im Leibgürtel trüge
und nicht am Sattel aufhinge, und lobte meine Vorsicht, als
ich mich auf Raeis Challl’s Unfall berief, der, auf seinem
unglücklichen Mändara-Zuge vom Pferde geworfen, ohne
eine Waffe in der Hand blieb. Er meinte jedoch, wir hätten
jetzt, bei einem so grossen Heereszuge, solche Fährlichkeiten
nicht zu befürchten, bemerkte mir indess sehr schmeichelhaft,
dass er mein Beispiel, das Chronometer stets um den
Leib gegürtet zu tragen, nachgeahmt habe und sehr zweckmässig
finde.
Der Heerestrupp ritt hier wiederum hinter den vier Fahnenträgern
des Scheichs und einem Djérma in breiter, sich
stattlich entfaltender Schlachtordnung, ward aber bald durch
eine Strecke Unterwald auseinandergesprengt und in eine
lange Reihe zusammengedrängt. Der Lagerplatz war an der
Nordwestseite der Stadt gewählt, und als der Scheich bei
der für ihn bestimmten Mattenbehausung abgestiegen war,
sprengten Alle, mit Einschluss des Veziers, in schnellster
Carrière heran; ich musste, um nicht umgeritten zu werden,
Die Stadt Mdrte.
ein Gleiches thun, erhielt aber doch, als ich Halt gemacht
hatte, von einem mir nachfolgenden Reiter, der mit grösser
Heftigkeit an mich prallte, einen sehr schmerzlichen Seiten-
stoss. Solches Aufgalopiren einer grossen Schaar ist stets
misslich, aber einmal Landessitte.
Am Nachmittag ritt ich mit Kaschelia Billama, meinem
Begleiter auf der Reise nach Yola, in die Stadt Märte, um
den Markt zu besuchen. Dieser wird jeden Freitag abgehalten,
auf einem von mehreren Brunnen umgebenen freien
Platze, welcher sich vor dem westlichen Thore der Stadt
ausbreitet; aber er war heute, wenigstens um diese Tageszeit,
durchaus unbedeutend. Er ist ganz ohne Buden und
Negerhirse — „argüm möro” —, Butter und Trinkschalen
waren fast die einzigen zum Verkauf ausgebotenen Gegenstände;
ebenso war auch die Zahl der Verkäufer und Käufer
nur gering. Ich ritt dann um die ganze Stadt herum, die
ungefähr 4000 Einwohner hat und gut ummauert ist. Auf der
Südseite ist die wohlerhaltene Mauer von Untergebüsch umgeben,
während sich auf der Ostseite, wo die meisten und
wasserreichsten Brunnen sind, einiger Anbau befindet, der
jedoch dies Jahr von geringer Ausdehnung war. Besonders
interessant ist eine kleine, aus grossen Rohrhütten bestehende
Vorstadt auf der Nordseite, wo neben Kanöri-Volk
mehrere Fulbe- oder Felläta-Familien wohnen. Die ziemlich
genau orientirte Stadt hat auf jeder Seite ein Thor, nach
der Marktseite aber zwei; ihr Inneres besteht meist aus
Thonwohnungen und engen Strassen. Vom gewöhnlichen
Treiben in derselben konnte man natürlich bei der Anwesenheit
einer solchen Heerestruppe nichts sehn; aber es war
mir interessant, dass Billama’s Mutter auf dem sehr kleinen
Marktplatz innerhalb der Stadt eine Bude hatte. — Märte,
sowie Alä gehören Malay Ibräm, dem ich am folgenden
Tage, wo wir hier noch liegen blieben, einen Besuch abstattete.