Diese Thäler sind natürlich, da sich daselbst die einzigen
Wasserplätze befinden, wegen der reissenden Thiere, namentlich
der hier sehr zahlreichen Löwen, hei Nacht sehr gefährlich.
— Unsere Gefährten empfingen hier vom Scheich Rhet,
dem jungen Häuptlinge der Ueläd Slimän, eine Botschaft.
[Dienstag, 30sten September.] Wir blieben hier nicht nur
den Vormittag, sondern auch die heisse Tageszeit hindurch gelagert.
Während ich im kühlen Schatten einer Mimose ruhte,
erhielt ich einige werthvolle Angaben über die verschiedenen
Stämme, welche gegenwärtig das Land Känem bewohnen, und
über ihre Ansiedelungen; ich übergehe'jedoch dieselben hier,,
da es geeigneter sein dürfte, alle von mir zu verschiedenen
Zeiten in dieser Beziehung gesammelten Nachrichten in einem
allgemeinen Berichte zusammenzustellen, welcher im Anhang
gegeben werden soll.
Am Nachmittage liess man die Kameele und den schwereren
Theil des Zuges vorwärts ziehen und die Reiter folgten
ungefähr eine halbe Stunde später, nachdem sie die Pferde
zur Tränke gebracht hatten; anstatt aber in einer Wildniss,
wo kein regelmässiger Pfad gezogen war, die Spuren des
voraufgezogenen Trosses sorgfältig zu verfolgen, ritten sie
sorglos voran und fanden bald, dass sie jede Spur verloren
hatten. Nun wurde in grösser Verwirrung nach allen Richtungen
hin gejagt. Dies ermüdete mich ungemein; denn
nichts ist für einen Menschen von geschwächter Gesundheit
so verdriesslich, als hin und her zu wandern, ohne zu wissen,
wo er den so ersehnten Ruheplatz zu erwarten hat. Nachdem
wir einen Kundschafter nach dem anderen ausgesandt,
fanden wir endlich die Spur und erreichten unsere Leute
nach Sonnenuntergang.
[Mittwoch, l sten Oktober.\ Frühzeitig aufgebrochen, trafen
wir nach zweistündigem Ritt einen Reiter, welcher vom Lager
der Ueläd Slimän kam und uns in ihrer Wildniss willkommen
hiess. Kaum hatte er seinen Gruss bestellt, als in
Ankunft im Lager der Uelad Sliman. 55
fast ununterbrochener Reihenfolge aus dem Dickicht zur
Rechten und Linken Araber hervorstürzten, ihre Flinten abfeuerten
und uns mit ihrem gewöhnlichen Feldgeschrei: „yä,
riäb, yä riäb!” begrüssten. Wir rückten auf diese Weise
eine halbe Stunde lang vorwärts und machten dann Halt,
um in feierlicherer Form die Begrüssungen einer zahlreicheren
von einem Mann von Bedeutung geführten Reiterschaar in
Empfang zu nehmen.
Nachdem der von den Pferdehufen aufgewehte Staub sich
etwas gelegt hatte, erblickten wir nun hier, wo die Waldung
etwas mehr gelichtet war, die gesammte Reiterei der Ueläd
Slimän im besten Aufzuge in einer Linie vor uns aufgestellt,
ihren Häuptling Rhet, Sohn des Ssef e1 Nasr ben Rhet,
und dessen Oheim 'Omar, Sohn Rhet’s und Bruder'Abd el
Djelll’s, in ihrer Mitte. Dieser, von mir und Herrn Dr. Overweg
nicht erwartete feierliche Empfang machte einen grossen
Eindruck auf uns; man gestattete uns jedoch nicht lange,
passive Zuschauer zu bleiben, indem die Araber, die mit
uns aus Kükaua gekommen waren, uns aufforderten, der
Reihe voraus zu galopiren, um den Häuptlingen unsere
Ehrerbietung zu bezeigen. Wir eilten daher unseren neuen
Freunden gerade entgegen und begrüssten sie mit unseren
Pistolen. Sie erwiderten unsere Komplimente und Messen
uns willkommen, worauf sich der junge Rhet mit blankem
Schwerte an die Spitze seiner Schwadronen stellte, die uns
unter dem fortwährenden Rufe: „yariäb, yariäb!” nachdem
Lager geleiteten, wo man uns unseren Zeltplatz anwies.