Das Lager ward bei den zerstreuten Weilern von Dele oder
Delhe bezogen, einer schon von Denham auf seinem unglücklichen
Mändara - Zuge berührten, aber wie die ganze Strasse
viel zu weit südlich verlegten Örtlichkeit.
Die Hütten in diesen Schüa-Weilern haben insgesammt ein
hohes, zuckerhutartig abgerundetes Dach mit unregelmässig
aufgelegtem und von Stricken festgehaltenem Rohrwerk, wie
ich das schon anderswo beschrieben habe ; hier aber ist dieses
Dach gewöhnlieh sehr freundlich mit den Ranken der
„ssagade” oder „kubéwa” geziert. Diese gekocht überaus
wohlschmeckende Kürhisart ist der Cucurbita Melojpepo eng
verwandt, wenn nicht mit ihr identisch, und auch in Timbuktu,
wo sie das Hauptgemüse bildet, überaus häufig.
Die lange Regenzeit erfordert hier, wie in Adamäua, Stallungen
für das Vieh, und dies sind umfangreichere Hütten von
ähnlicher Bauart wie die vorerwähnten, nur dass die unteren
Theile der Wände nicht aus Thon bestehen, sondern einen halb
offenen Verhack aus Baumstämmen bilden. Die hier sowohl
wie im benachbarten, nach dem Hadj Ämaka benannten, Weiler
angesessenen Schüa heissen Bulgöa oder Auissla, und ich
erfuhr hier manches Neue üher die verschiedenen Stammabtheilungen
dieser interessanten Arabischen Kolonisten im
Negerlande, werde jedoch Alles bei einer anderen Gelegenheit
zusammenstellen. Unser Lagerplatz war so dicht mit
Untergebüsch bewachsen, dass das Aufschlagen des Zeltes geraume
Zeit erforderte.
Die Verschiedenheit der Temperatur zwischen der Mittagshitze,
wo wir um 2 Uhr Nachmittags im gelüfteten Zelte
stets 34° bis 36° Celsius hatten, und der Nacht, wo das Thermometer
oft auf 10° bis 12° sank, war so gross, dass ich
mir eine bedeutende Erkältung zuzog, und es war mir aus
diesem Grunde sehr lieb, dass wir den folgenden Tag hier
liegen blieben. Der Vezier war so aufmerksam, als ich am
Ahend aus seiner Soirée wegblieb, mir einen Sklaven mit
einem Räucherbecken zu schicken; jedoch war der herrische
Bube sehr unzufrieden mit mir, da ich es nicht so machen
wollte, wie er es mir vorschrieb. Es ist nämlich Sitte bei
ihnen, wenn sie sich erkältet haben, nicht nur den Kopf
über ein Räucherbecken zu halten, was ich für genug hielt,.
sondern auch, das Becken unter ihre weite Tobe setzend, mit
derselben alle Luft abzuschliessen und die ganze Rauchmasse,
indem sie die Halsöffnung am Kopfe zusammenziehen, mit
dem Gesichte aufzufangen. Wirksam ist dies gewiss, aber es
war mir etwas zu viel.
\Mittwoch, lOten Dezember.'] Als wir unseren diesmal nur
kurzen Marsch fortsetzten, um das Lager nach dem nahen
Diggera zu verlegen, wechselten Wildniss — „karäga” — und
Ackerland — „külo” — mit einander ab. Bei ausserordentlich
empfindlicher Kälte, „so dass wir um 10 Uhr Vormittags
nicht mehr als 22° C. im Zelte hatten” — ein Ausdruck
Afrikanischer, nicht Nord-Europäischer Empfindung «-,•:
blieben wir in Diggera die folgenden 5 Tage Regen, und
glücklicherweise war unser Lagerplatz behaglicher, als bei
Dele.
Während dieser Rasttage unterhielt ich mich, wenn ich
nicht besondere Nachrichten zu sammeln Gelegenheit hatte
oder mit meinem Kanöri-Wörterbuch beschäftigt war, überaus
gern mit der Lektüre allgemeiner Lehrbücher, um nicht bei
der Anschauung dieser speziellen Verhältnisse das Allgemeine
zu vergessen. Leider hatten wir überhaupt nicht alle die
Bücher mit, die wir auf unserer Reise hätten brauchen können;
denn bei der gegenwärtigen Unternehmung konnte ich
auf meine einzige Kameellast nur sehr wenige mitnehmen. Ich
fing hier auch mit Hilfe zweier Mändara-Sklaven mein Wörterbuch
der Mändara-Sprache oder vielmehr der „ära Wän-
dala” an, das ich später zu vervollständigen Gelegenheit hatte.
Unser Lagerplatz selbst . hatte übrigens ein beträchtHches
Interesse, da er das erste vollkommene Beispiel jener flachen