XI. KAPITEL.
Die beiden Flüsse. — Eintritt in Bagbirmi.
[Dienstag, lßten März.] Es war 10 Uhr Morgens, als ich
Karnak Lögone verliess, um in unbekannte, von einem Europäischen
Fuss noch nie betretene Regionen vorzudringen, und
bald darauf sass ich im Boote, während unsere Pferde, das
Kameel und der Lastochse durch den Fluss theils schwammen,
theils wateten. Das Wasser war meistens seicht, obgleich
an einigen Stellen gegen Fuss tief; die Strömung
betrug gegen 3 Meilen in der Stunde. Das Land hatte um
diese Zeit ein ganz anderes Aussehen, als bei meiner Rückkehr
aus Baghirmi. Die niedrigen Gründe, welche in späterer
Jahreszeit gänzlich überschwemmt werden, sahen jetzt
sumpfig und trübselig aus, und ich beschleunigte meine Schritte,
um dieser ungesunden, von den Strahlen der Mittagssonne
glühenden Gegend zu enteilen.
Nur dann und wann kam eine kleine Stelle Baumwollenfeld
im hohen Gestrüppe, zum Vorschein. Dicht am Flusse befin-'
det sich kaum ein einziger Baum, aber weiterhin, wo das
Land mehr angebaut ist, erschienen hie und da vereinzelte
Karäge-Bäume nebst zerstreuten Gruppen von Hütten. Da ich
während der letztverflossenen Tage der Mittagssonne nicht
ausgesetzt gewesen und die Hitze sehr gross war, so sah ich
mich nach einer Stelle um, wo ich während der heissesten
Stunden Halt machen könnte, und stieg, sehr gegen den
Wunsch meiner nach einem gutep Mittagsessen begierigen
Gefährten, im kühlen Schatten eines schönen breiten Feigenbaumes
— „ngabore” , hei den Lögonern „sörra” genannt —
ab, nicht weit von einer nach Norden zu gelegenen Dorfschaft
Namens Ssö-sso, während sich zu unserer Rechten ein
Rinnsal durch eine sanfte Einsenkung im grünen Wiesengrund
ohne irgend ein wahrnehmbares Gefälle hindurchwand. Diese
seichten Rinnsale sind, wie ich bereits bei meiner Reise nach
Müssgu zu bemerken Gelegenheit nahm, eine der bezeichnendsten
Eigenthümlichkeiten dieses Theiles von Inner-Afrika,
das man früher für ein dürres, wüstes Hochland hielt. Nackte
Buben plätscherten und spielten im Wasser umher, in Gesellschaft
und im besten Einvernehmen mit einer Anzahl Wildschweine,
welches Thier ich nirgend im Sudan in solcher
Menge gesehn habe, als in der Nähe des Schäri. Kälber und
Ziegen weideten im Felde mit Wildschweinen in ihrèr Mitte,
Als wir um 2 Uhr Nachmittags unseren Marsch fortsetzten,
bemerkte ich mit Vergnügen zahlreiche schöne Pferdeheerden
bei den Schüa-Dorfgruppen, welche das Rinnsal, begrenzte
, wobei grosse, reich belaubte Bäume die Anmuth der
Landschaft erhöhten. Es fand sich hier viel Zwiebelbau. Zur
Rechten unseres Pfades erstreckten sich weite Felder von
einem eigenthümlichen Winterkorn, von den Lögonern „ssaf-
farä” und von den Kanöri „köriräm” genannt. Diese Felder
gehören dem Landesherrn; ausserdem wird aber in diesem
Theile von Lögone sehr wenig Getreide gebaut, da man sich
vor den Baghirmiem fürchtet, welche zu ernten pflegen, was
jene armen Leute gesäet haben. Man bemerkt jedoch mitunter
kleine Baumwollenpflanzungen.
Nach einem Marsche von 9 Meilen erreichten wir Bâta,
einen halb verlassenen Ort mit sehr zerfallener Lehmmauer;
die wenigen verbliebenen Hütten, so einfach und unansehnlich
sie auch waren, deuteten jedoch einigen Gewerhfleiss und Reinlichkeit
an, von Gastlichkeit aber erhielten wir keinen Beweis.
Die Autorität des Miarä Y'ssuf schien durchaus unbeachtet