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ÜBER
DEN EINFLUSS DES KLIMAS AUF DIE BEGRENZUNG
DER NATÜRLICHEN FLOREN.
E s kann als eine allgemein anerkannte Thatsache angesehen
werden, dass die Erdoberfläche in eine Anzahl von natürlichen Floren
zerfalle. die die Natur sowohl nach der Polhöhe, wie nach Meridianen
begrenzt. Dass an ihren Grenzen verhältnissmässig nur sehr schmale
Mittelgebiete liegen, keineswegs aber, wie Hierr Philippi neulich behauptet
hat i, allmähliche stetige Übergänge , z.B. zwischen der südund
mitteleuropäischen Flora, beobachtet werden, lehrt die Erfahrung
jedes Reisenden, der in den Alpen auf den plötzlichen Vegetationswechsel
an der unteren Rhododendron-Grenze achtet, oder der in der
Gegend von MonteHmart eine solche Naturgrenze in der Ebene aufsucht,
wo ihm nicht blos neue Kulturpflanzen begegnen, von denen
allein Herr P. die Physiognomie Südeuropas ableiten will, sondern wo
neben anderen fremdartigen Eindrücken auch die Wiesen aufhören und
keine Wälder mehr aus einer einzigen, sonstige Vegetation ausschUessenden
Art gebildet werden. Die von den Familienquotienten aber .entlehnten
Gründe für die entgegenstehende Ansicht verschwinden bei
einer verbesserten Berechnungsmethode, und es lässt sich mit Schärfe
nachweisen, dass wenigstens zwei grosse Familien im südlichen Europa
ein wesentlich verschiedenes Verhältniss zur ganzen Vegetation haben:
die Leguminosen und die Cyperoideen.
Zur Charakteristik der natürlichen Floren kann von botanischer
Seite eine zwiefache Methode angewendet werden, deren jede für die
genügend bekannten Floren zu gleichen Resultaten, d. h. zu identischen
Grenzbestimmungen derselben führt; es ist das wichtigste Problem der
Pflanzengeographie, auch für jede natürliche Flora ausschHessHche
klimatologische Charaktere aufzufinden.
1 I n i^r/zV^g-OTöMWi A r c h i v für Naturgeschicht e {1836).
A. G r i s e b a c h , Gesammelte Schriften. '
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