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442 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
dadurch an Beweiskraft, dass aus ihnen hervorgeht, wie sehr eine wirklich
erfolgte Einwanderung oft von ganz besonderen und nicht ncäher
zu ermittelnden Umständen bedingt worden war. Einen solchen Fall
Kerner erörtert (Österreich. Bot. Zeitschrift, 1871, Nr. 12), indem
er nachwies, dass Rudbeckia laciniata, wiewohl bereits vor 250 Jahren
in die europäischen Gärten eingeRihrt, erst seit der Mitte unseres Jahrhunderts
aus denselben ausgewandert ist. Seitdem aber hat sich diese
bekannte nordamerikanische Zierpflanze an Flussufern im centralen Europa
vollständig eingebürgert und sich ein bestimmtes Wohngebiet geschaffen,
welches von Hamburg bis Siebenbürgen und bis zur Schweiz
reicht. Warum dies, wie bei den Oenotheren und einigen nordamerikanischen
Astern, nicht schon früher geschehen ist, bleibt vöUioräthselhaft.
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Die Frage, ob gewisse Pflanzen der gegenwärtigen Erdperiode
schon in der Tertiärzeit vorhanden waren, wurde in Bezug auf die heutige
und damalige Kastanie Europas von z;. FJtingshamen nach einem
reichen Material aus der Braunkohlenformation von Leoben verneinend
entschieden (Sitzungsberichte der .Wiener Akademie, Abtheilung 1,
Bd. 15, 1872, Februar). Nach einer sehr sorgfältigen Vergleiclumg
der Modifikationen in der Form und im Adernetz der Blätter erwies
sich die Unmöglichkeit, Castanea atavia, die mit tropischen Familien
zusammen lebte, von C. vesca nach der Belaubung zu unterscheiden.
Da sie aber unveränderliche Kennzeichen in der Frucht darbietet, so
sind beide Bäume als Arten streng geschieden und bieten ein Idirreiches
Beispiel, wie misslich die Annahme der Identität heutiger und
vorweltlicher Pflanzen ist, wenn von den letzteren nur Blattabdrücke
erhalten sind.
A r k t i s c h e Flora. — Eine wichtige Beobachtung im Norden
von Grönland wurde auf HaWs arktischer Reise gemacht (Geogr. Mittheilungen,
1873, S. 307, 401). Dieselbe scheint noch nicht nach ihrer
Bedeutung gewürdigt zu sein, wiewohl die Polarfahrt selbst durch ihre
geographischen Erfolge und die Schicksale, welche sie trafen, doch das
grosste Aufsehen erregt hat. Jenseit des Smith-Sundes kam man an
der Küste von Grinnell-Land über den 82. Breitengrad hinaus (82^^ 16')
und meinte das Festland daselbst .bis 84" n. Br. sich erstrecken zu sehen.
Gegen die Annahme einer Verbindung des atlantischen Polarmeeres
mit dem Smith-Sund galt es als ein Hauptargument, dass das asiatische
1 reibholz Spitzbergens und Ostgrönlands an den Küsten im Norden
von Amerika und an der Westseite Grönlands nicht angetroffen wird
Als nun aber Hall auf der grönländischen Küste an der Polaris-Bai
IN DER GEOGRAPILLE DER PFLANZEN. 443
in der Nähe des 82. Parallelkreises (81"38') das Winterquartier von
1871 — 1 8 7 2 bezogen hatte, traf man hier und an der benachbarten
Newman-Bai auf Treibholz, v/elches gesammelt wurde (S. 315), keine
grossen Stämme, aber doch Holzstücke, welche viel grösser w^aren als
die dort vorkommenden Weiden., und ohne Spuren von Bearbeitung.
Man meinte, in diesen Hölzern Wallnussbäume, Eschen und Rothtannen
zu erkermen. „Das Wallnussholz war gut erhalten, beim Einschneiden
Hess es den demselben eigenthümHchen Geruch erkennen."
Das geographische Interesse dieser Entdeckung besteht darin, dass an
den Strömen Sibiriens, die in das Eismeer sich ergiessen, keine Wallnussbäume
wachsen und daher auch niemals unter dem asiatischen
Treibholz des spitzbergischen Meeres vorkommen. Auf der andern
Seite ist, bis die so wünschenswerthe mikroskopische Untersuchung
des//irzZ/'schen Treibholzes bewerkstelligt wird, hervorzuheben, dass,
wie ungewiss auch solche botanische Bestimmungen an Ort und Stelle
übrigens erscheinen müssen, amerikanische Seefahrer sich in Bezug auf
Wallnussholz nicht wohl täuschen konnten, da die Juglandeen zu den
häufigsten und eillgemein technisch verwendeten Bäumen der Wälder
in den Vereinigten Staaten gehören und das ihnen eigenthümliche ätherische
Ol, auf welches der Bericht ausdrücklich hinweist, wegen seines
Geruchs mit keinem andern verwechselt werden kann. Das Hickoryholz
ist dortjedermann bekannt und die flüchtigen Öle der Nadelhölzer
haben mit denen der Juglandeen keine Ähnlichkeit, ebenso wenig die
der Birken, Pappeln und anderer Laubhölzer. Die in den Berichten
ausgesprochene Meinung, als sei der Fund an der Polaris-Bai seinem
Ursprünge nach dem Treibholz gleichartig, welches die sibirischen
Ströme in das Eismeer führen, ist demnach zu verwerfen. Nach der
geographischen Verbreitung der Juglandeen kann HalVs Treibholz nur
von den Küstenländern des stillen Meeres abstammen, denn käme es
aus den atlantischen Staaten Nordamerikas, so würde es den südlicher
gelegenen Küsten Grönlands an der Baffins-Bai und am Smith-Sund
nicht durchaus fehlen können. Im Bereiche des stillen Meeres wächst
ein Wallnussbaum (Juglans mandchourica) am Amur, zwei andere Juglandeen
(Platycarya) sind japeuiisch. Es ist daher, um die Herkunft des
Juglandeentreibholzes zu erklären, wohl keine andere Annahme möglich,
als dass eine polwärts gerichtete Abzweigung des japanischen
Meeresstromes existirt, welche wenigstens periodisch Plölzer durch die
Bering-Strasse in das nördlich von den Parry-Inseln gelegene Meer
führen kann. Dieser Strom würde an der Nordseite von Grinnellland
vorübergehend zuletzt nach Süden gegen den Smith-Sund umbiegen
und in der That wurde in den Meeresarmen zwischen Grinnellland und
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