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290 ÜBER DIE GRAMINEEN HOCHASIENS.
pressionsgebiets hin ausdrücken, wie sich aus folgender Übersicht ihrer
Verbreitung ergiebt, der ich noch hinzuRigen kann, dass drei derselben
auch aus dem Künlün vorliegen, einem Gebirge, welches die Verbindung
mit den Fundorten in der Songarei und dem Altai vermittelt:
Elymus dasystachys (Kirghisensteppe — Baikal) , Leucopoa sibirica
(Altai — Daurien), Atropis tenuiflora (Künlün — Ostsibirien) , Schismus
minutus Arabien und kaspische Steppe — Songarei), Avena pilosa
(Algerien, Syrien, kaspische Steppe), Piptatherum holciforme (Krim
und Anatolien — Songarei), Lasiagrostis splendens (Ural und kaspische
Steppe —Daurien), Stipa orientalis (Anatolien — Altai), St. Szovitsiana
(Arabien, kaspische Steppe). Wie wenig diese Steppengräser durch
die vom Niveau bedingten klimatischen Werthe in ihrer geographischen
Verbreitung bestimmt werden, zeigt sich darin, dass T/tomso7i Elymus
dasystachys bis 15,000', Lasiagrostis splendens bis 16,000'Höhe in
Tibet beobachtete, während beide zugleich am kaspischen Meere vorkommen,
ohne in ihrer Gestaltung geändert zu sein. Die Schlagiiitwcitsc\\^
Sammlung enthält dann noch drei neue und also bis jetzt
endemische Gramineen aus Tibet, die sich an diese Reihe anschhessen:
Koeleria argentea, Stipa breviflora und St. purpurea.
Nach der vertikalen Verbreitung geordnet reichen die voriiegenden
Angaben über die Höhengrenzen der Gramineen nicht ganz bis zum
Niveau der Schneelinie. Diese wird am Südabhang des Himalaya von
H, V. Schlaginhvcit auf 16,200, an der tibetanischen Seite der Kette
auf 18,600, an dem Karakorum auf 19,100 und am Künlün auf 15,800
(Südabhang) und 15,100 (Nordabhang) englische Fuss gesetzt. Zu den
höchsten Fundorten von Gräsern in Tibet gehören folgende: Elymus
nutans — 17,600', Brachypodium longearistatum — 17,600', Festuca
ovina var. alpina Gaud. — 18,000', Poa attenuata — 17,600', P. arct
i c a— 17,000', P. altaica— 18,000', P. alpina — 17,600', P. annua
— 17,600', Avena subspicata — 17,600', Calamagrostis pulchella —
17,600'. Nach ihrer geographischen Verbreitung besteht diese Reihe
von alpinen Formen aus einigen endemischen und übrigens aus solchen
Arten, die in anderen Hochgebirgen Asiens und Europas wiederkehren
und zum Theil auch die arktischen Gegenden bewohnen. Aber mit
den Alpen haben die höchsten Regionen Tibets doch nur solche Arten
gemein, die zugleich arktisch sind und auch im Altai vorkommen.
Keine der alpinen Seslerien ist hier wiedergefunden und die Mannigfaltigkeit
der Formen von Festuca und Avena zeigt sich sehr vermindert.
Der Reichthum der Alpen wird weder durch die endemischen noch
durch die asiatischen Formen ersetzt, wie es in anderen Familien so
häufig der Fall ist. Das trockene Klima Centraiasiens konnte ungeachtet
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der reichlichen Bewässerung aus thauenden Schneefeldern die hochgelegenen
Weidegründe nicht so ergiebig ausstatten, wie in den Alpen.
Nicht so leicht aber ist es ohne Anschauung der örtlichen Verhältnisse
zu erklären, dass auch am indischen Abhänge des Himalaya die Ausbeute
an alpinen Gramineen gering ist, wo doch in der gemässigten
Region auch abgesehen von tropischen Bestandtheilen die Fülle eigenthümlicher
Formen z. B. an Holzgewächsen alle anderen Hochgebirge
der alten Welt übertrifft und wo der Monsun durch seine Niederschläge
sowohl wie durch das Schmelzen gewaltiger Schneemassen eine so
starke Befeuchtung des Bodens, die günstigste Lebensbedingung für
die Gräser, entwickelt. Sollte man muthmassen dürfen, dass, da unter
diesen Einflüssen die Wälder bis zu dem ausserordentlich hohen Niveau
von 12,000' in den westhchen, von 13,000' in den östlichen Theilen
der Kette nach Hooker''s und Thomson's Angaben hinaufsteigen, der
atmosphärische Wasserdampf in der alpinen Region wegen ihres hohen
Niveaus doch auch hier zu sehr vermindert ist? müsste man nicht vielmehr
annehmen, dass der Nachtheil trockener Luft durch das Wasser,
welches den Boden unaufhörlich tränkt, reichlich ausgeglichen würde?
Man darf gewiss den indischen Himalaya als eines der Schöpfungscentren
betrachten, wo die Natur, den günstigsten und zugleich mit
dem Niveau wechselnden Bedingungen des Pflanzenlebens entsprechend,
die höchste Mannigfaltigkeit der Formen geschaffen hat. Den europäischen
Gattungen ist hier gewöhnHch eine grössere Reihe endemischer
Arten, tropischen wenigstens einzelnes Eigenthümliche hinzugefügt und
dazu wird die Einwanderung von aussen durch die Lage, durch die
Ausdehnung und Verknüpfung des Gebirges mit anderen Gebieten auf
das Mannigfachste befördert. Dagegen lässt sich, wiewohl gewisse
endemische Gattungen bekannt sind, kaum behaupten, dass der Himalaya
etwa in höherem Masse, als die Alpen, durch den abweichenden
Bau der endemischen Gewächse bevorzugt sei. Bei den Gramineen
zeigt sich die Eigenthümlichkeit, dass die Agrostideen (mit Einschluss
der Gattung Calamagrostis) viel stärker als in anderen Gebirgen vertreten
und dass die Bromeen und Aveneen erheblich vermindert sind.
In wiefern übrigens durch die einzelnen Gruppen der Charakter dieser
Gramineenflora sich ausdrückt, ergiebt sich aus folgender nach den
Florengebieten , die sie bewohnen , geordneten Zusammenstellung des
gesammten Materials. Im Himalaya bis zum Künlün wurden gesammelt:
66 Gramineen der ostindischen Tropenflora (5 Bambuseen, 7 Bromeen,
4 Agrostideen, i Stipacee, i Phalaridee, 6 Chlorideen, 21 Paniceen,
21 Andropogineen) ;
51 endemische Gramineen (2Triticeen, 4 Bromeen, 2 Anthoxantheen,
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