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156 ÜBER DTE VEGETATIONSLINIEN
bei Clematis Vitalba. Aber auffallend bleibt es , dass diese nordöstliche
Vegetationslinie, namentlich in Deutschland bei mehreren Gewächsen
grosse Lücken zeigt, welche zum Theil von der Erhebung des
Binnenlandes über das Meer, aber vorzüglich von der Unregelmässigkeit
in der Vertheilung der Winterkälte über das östliche Deutschland
abhängig sein dürften. Indessen reichen auch hier die vorhandenen
klimatologischen Daten bei Weitem nicht aus^ überall diese Lücken zu
erklären. Durch sie wird der Gegensatz der Verbreitungsweisen beider
Klassen von westlichen Pflanzen weniger augenfällig: beide gehen allmählich
in einander über. Lidem z.B. Hex vom Rhein bis Österreich
dem Zuge der Alpen folgt, dagegen von den Hochflächen Baierns und
Böhmens ausgeschlossen ist^ wäre es zweifelhaft, ob man diesem
Strauch eine nordöstliche unterbrochene oder südöstliche und im Süden
ostwärts gebogene VegetationsHnie zuschreiben sollte, wenn nicht
die fehlende Verbreitung in Hessen und Thüringen für die letztere Annahme
spräche. Am Rhein wird die Vegetationslinie von Hex zur
Meridianlinie: dies ist eine weitere Übergangsstufe zwischen beiden
Klassen. So scheint auch Erica Tetralix in Süddeutschland der einen,
in der baltischen Ebene der andern Klasse anzugehören.
Beide Formen, unter denen uns die südliche Gebietserweiterung
westlicher Pflanzen, die eine allmählicher, die andere schroffer entgegentritt
, vereinigen sich in der Tendenz, unter gewissen Meridianen die
klimatischen Nordgrenzen aufzuheben und nach höheren Breiten zu
verrücken. Einer klimatischen Südgrenze entbehren die westhchen
Pflanzen auf dem europäischen Continent durchgehends: denn von
sämmtlichen Temperaturverhältnissen, wodurch Pflanzenareale begrenzt
werden, ist es wohl nur die Vertheilung der Wärme über eine längere
Vegetationszeit, welche ihrer Ausbreitung nach Süden im Wege stände.
Doch selbst dieser Unterschied ist geringfügig nnd erst in weiten Entfernungen
erkennbar, da längs der atlantischen Küste die Dauer des
Sommers nur langsam zunimmt.
Ist nun hierdurch die enge Verwandtschaft westlicher und südlicher
Pflanzen festgestellt, so erhebt sich die natüriiche Frage, ob ein
ähnliches Verhältniss auch zwischen den n ö r d l i c h e n und östlichen
Pflanzen Europas stattfinde. Denn so wie Westen und Süden durch
milde Winter übereinstimmen, so Nord und Ost durch kurze Vegetationszeiten
, die einen eigenthümlichen ^ zu rascher Entfaltung der
Organe geeigneten Bau der östlichen und nördlichen Pflanzen zu bedingen
scheinen. Areale, die ausschliesslich unter diesem Einflüsse
ständen, müssten südwestlich begrenzt sein. In unserm Gebiet dürfen
wir Vegetationslinien dieser Art nicht erwarten, weil für ihre Sphäre
DES NORDWESTLICHEN DEUTSCHLANDS. 157
uns die Nordsee zu nahe ist. Indessen besitzen wir einige nördliche
Pflanzen, die bei uns ihre Südgrenze erreichen, während sie im östlichen
Europa sich jener Vorstellung gemäss weiter nach Süden verbreiten
und daher dort an einer Südwestgrenze aufhören. Stellaria crassifolia
Ehrh. wächst bei uns südwärts bis 52° n. 'ßr. , in Russland, indem sie
nach Fenzl mit St. elodes MB. identisch ist, bis Kiew und Podolien
(48" n. Br.) ; BuUiarda aquatica DC. in Westphalen bis 53", im östlichen
Deutschland bis Böhmen; Gentiana Amarella L. bis Münster,
im Osten bis Böhmen, sodann bis Ungarn und zum Kaukasus; Salix
rosmarinifolia bis zur Senne bei Bielefeld (52"), in Österreich bis
Wien (48"). Ebenso ist eine östliche Pflanze, Myosotis sparsiflora Mik.,
die in unserm Gebiete ihre westlichsten Fundorte erreicht, neuerlich
auf einem abgesonderten Areal in Lappland entdeckt worden.
Dies wäre also eine zweite Reihe östlicher Pflanzenformen, welche
nicht von der Sommerwärme, sondern von der Kürze des Sommers
abhängig gedacht werden müssten. In dieselbe Kategorie scheint die
merkwürdige und wenig beachtete Erscheinung zu gehören, dass die
Wälder des ebenen Russlands schon in mittleren Breiten eine nicht unbeträchtliche
Anzahl subarktischer und eben deshalb auch subalpiner
Gewächse besitzen, welche in der Westhälfte des Continents ausserhalb
der Gebirge nicht gefunden werden. So wachsen: in Kursk nach
Hofft Aconitum septentrionale ; in Volhynien nach Besser Ranunculus
montanus, Anemone narcissiflora, Dianthus barbatus, Cineraria pratensis
und alpestris, Salvia glutinosa, Pedicularis comosa und foliosa
(letztere auch nach Eichwald \m Bialoweschaer Walde in Lithauen und
in PodoHen).
Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung über die klimatischen
Ursachen mitteleuropäischer Vegetationslinien lassen sich in folgenden
Sätzen zusammenstellen:
1) Nördliche Vegetationslinien sind durch Minderung der solaren
Wärme bedingt.
2) Südliche Vegetationslinien hängen von der Verkürzung der
Tageslänge ab.
SüdöstHche, östUche und nordöstliche Vegetationslinien sind
die Wirkungen zunehmender Winterkälte. Die verschiedene
Lage der Linien hängt mit der unregelmässigen Vertheilung
dieses klimatischen Werthes zusammen. Man kann sie darnach
eintheilen:
a) in südöstliche Vegetationslinien mit südlicher Kurve ;
b) in nordöstliche Vegetationslinien.
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