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ÜBER
DIE BILDUNG DES TORFS IN DEN EMSMOOREN
AUS DEREN UNVERÄNDERTER PFLANZENDECKE.
NEBST BEMERKUNGEN
ÜBER DI E KUL TURFÄI I IGKE I T DE S BOUR TANGE R HOCHMOORS .
Terra cibos et rigentia septentrione
viscera sua iirunt.
Plin. Nat. Hist. XVI, i.
Ein gemeinsam trauriges Gepräge ist der Natur in jenen weiten
Niederungen aufgedrückt ^ welche längs der Nord- und Ostsee die baltische
Ebene begreift. Kieferwälder, Haiden und Torfmoore erfüllen
das langgestreckte Tiefland ; diese Vegetationsbildungen (Formationen)
sind aber nicht gleichmässig darüber ausgespannt. In den Flussgebieten
der unteren Weser und Ems lässt sich namentlich eine westliche Ghederung
des Landes nachweisen, wodurch zwei Gebiete von ungleicher
Höhe über dem Meeresspiegel und von entgegengesetzter^ durch den
Charakter des Erdreichs bestimmter Production abgesondert werden.
Schon de Luc ^ kannte die dadurch hervorgerufenen Gegensätze in den
Erwerbmitteln der Hannoveraner; er bezeichnete Lüneburg als das
Extrem des trockenen, Bremen des feuchten Bodens. Die Emsgegenden
zumal sind sowohl durch den physiognomischen Ausdruck der
Pflanzendecke, als durch ihre natürhchen, zum grossen Theil zukünftiger
Betriebsamkeit aufbewahrten Hülfsquellen von dem zwischen Aller und
Elbe gelegenen Haidegebiet wesenthch unterschieden.
Die Tertiärformation (Geest) der Provinz Lüneburg erhebt sich
unweit Soltau am Haidhügel von Wilsede zu einer Meereshöhe von
527 Pariser Fuss^. Dieses Niveau des Haidrückens ist kaum um die
Hälfte niedriger, als die mittlere Höhe der Flötzmassen, von denen der
1 De Luc, Lettres physiques et morales sur l'histoire de la terre et l'homme. L a
Haye i779- V. 3, p. 106.
Nach den trigonometrischen Bestimmungen der hannoverschen Landesvermes sung.
Der Falkenberg bei Bergen ist 464 ' , der Holperberg unweit Uelzen 401 ' hoch.
ÜBER DIE BILDUNG DES TORFS IN DEN EMSMOOREN. 53
ixebiraio-e Charakter der südlichen Provinzen Hannovers abhängt. Allein
der reglilmässige Wechsel von waldigen Bergketten und kornreichen
Thälern, der ihre Fluren so freundlich gestaltet und schmückt, ist Lüneburgs
Haiden fremd. Von jenem hohen Rücken dachen sich diese allmählich
in weitläufig gedehnten, ohne Symmetrie geordneten Wölbungen
und Mulden gegen die Elbe und Aller ab. Ihre Schichten
scheinen jeder Hebung und Senkung des Flötzgesteins zu folgen, über
dem sie als ein hochmächtiger, durch Thonlager gebundener Schutt
von losem Wüstensande ausgegossen sind. Ihre flachen Hügelkämme
tragen Haide oder Kieferwald, in weiten Umkreisen umgrenzen sie
Torfmoore oder bewässerte Wiesengründe. Hier ist die Kultur noch
weit entfernt, die ursprüngliche Vegetation des Landes zu bemeistern.
Der Ackerbau muss die Thonlager aufsuchen und auf allmähhche Verbesserung
der sandigen Erdkrume ausgehen. An solchen Fortschritten
hat ihn vielmehr die Vertheilung des Eigenthums als die Ungunst des
Bodens gehindert, und, seitdem die aus gemeinschaftlichem Grundbesitz
entspringenden Hemmnisse beseitigt sind, geht die Provinz der
Entwicklung ihres natürhchen Reichthums entgegen.
Ganz verschieden verhalten sich die grossen Niederungen im Flussgebiete
der Ems, welche auf vielen Quadratmeilen eine fast vollkommene
Horizontalität der Bodenfläche bewahren. Es ist dieselbe durch vorweltliche
Säugethierreste bezeichnete Tertiärformation. Wie dort wird
sie umschlossen von stets wachsenden Alluvionen, den längs der Küsten
und Ströme abgelagerten Marschen , welche in Ostfriesland eine Tiefe
von 40 — 50'! mit kalkhaltiger Erdkrume ausgedämmt haben. Allem
da die Flötzgesteine, auf denen sie ruht, westwärts von der Weser sich
allmähUch verflachen und von der Oberfläche verlieren, so sinkt auch
die Geest in ein niedriges Niveau herab und würde bei fortschreitender
Senkung rasch vollständig bis zu den doch kaum 200' hohen Sanddünen
des Huimling in die Nordsee eintauchen. Die Schichten, welche
in der Lüneburger Geest unter den horizontalen Alluvionen eine geneigte
Lage besitzend Hegen wagerecht im Herzogthum Arenberg
Auf einer so tiefen und ebenen Oberfläche ist der Wasserabfluss gehemmt.
Ein Kranz zusammengewehter Dünen hat einen grossen Theil
1 Arends, Ostfriesland und Jever. Emden 1818. Bd. I, S. 22.
2 Volarer, dissertatio de agri Luneburgici constitutione geognos t ica. Gotting. 1845,
p 40- „probe sunt discernenda ab his (formatione tertiaria) stratis ubique circa vallem
Luneburgicam inclinatis ea strata arenosa, quae obtegunt irregulariter capita stratomm
exstantia (et) velaminis instar propagantur per totam terram depressiorem Germaniae s eptentrionalis".
3 Westfälisches Archiv. 1825, S. 262.
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