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360 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
sich nur im gemässigten Klima der südlichsten Breiten, eine Art im
Südwesten, die beiden anderen auf den Gebirgen von Victoria. Der
grösste Baum Westaustraliens ist der Kaori (Eucalyptus colossea), von
dem ein in dem Thale des Warren gemessenes Individuum eine Höhe
von etwa 400' erreichen soll. Die Messungen von den grössten Individuen
der übrigens auch in Neu-Südwales und Tasmanien einheimischen
Eucalyptus amygdalina ergaben in abgelegenen Gebirgsschluchten von
Victoria folgende erstaunhche Werthe: bei Dandenong 420^ ein anderer
abgebrochener Stamm bis zur Bruchstelle, wo die Dicke noch 3' beti'T
ig) 365', ein dritter hatte 3' über dem Boden 53' Stammumfang; bei
Berwick 4' über dem Boden : i' Stammumfang: den höchsten Bäumen
dieser Art im Quellgebiet des Yarra und Latrobe wird eine Höhe von
500', der Fagus Cunninghami von 200' zugeschrieben. Sind die
äussersten Angaben über Eucalyptus amygdalina zuverlässig, so würde
dieser Baum die höchsten Wellingtonien etwa um 50' an Höhe übertreffen
und, wie Müller bemerkt, den Strassburger Münster und die
Pyramide des Cheops zu beschatten vermögen. Hierbei ist indessen zu
bemerken ^ dass die grossen Eucalypten nur vereinzelte, in feuchten
Bergschluchten gewachsene Individuen sind, zu vergleichen mit den
hie und da auch bei uns beobachteten Tannen von 150' Höhe^ dass dagegen
die Mittelgrösse der Dimensionen bei den Wellingtonien viel bedeutender
zu sein scheint. Dies geht aus den neueren Nachrichten über
die Wellingtonien-Wälder Californiens hervor, die Brewer mitgetheilt
hat (Journ. Linn, Soc. VIII, p. 274), wonach grosse Bestände am westliclien
Abhang der Sierra Nevada aufgefunden sind, wo sie in der Region
von 5—7000' (36—37^ N. Br.) in grosser Zahl dem Walde beigemischt
vorkommen. An diesem neuen Standorte, wo man Hunderte
vonBäumen zu gleicherZeit erblicken konnte, hatte der stärkste Stamm,
der jedoch nur 276' hoch war, 4' über dem Boden einen Umfang von
106', war also dicker als die stärkste gemessene Mandel-Eucalypte in
Victoria. Müller ist der Meinung, dass die Grösse der australischen
Bäume selbst auf trockenem Boden eine Folge raschen Wachsthums
sei. Die Beobachtungen, die er hierüber im botanischen Garten zu
Melbourne machte, beziehen sich jedoch nur auf wenige Bäume (zwei
Eucalyptus- und zwei Acacia-Arten) und im Allgemeinen ist es wenig
wahrscheinlich, dass in einem KHma, wo die Niederschläge so selten
sind, die Holzgewächse rascher als anderswo wachsen sollten. In dieser
Beziehung äussert Af^/Z/^r etwas sanguinische Ansichten, er meint, dass
mit Hülfe australischer Bäume nicht blos in Australien, sondern auch
in anderen Erdtheilen die Wüsten bewaldet und in Folge der dadurch
bewirkten klimatischen und Bodenänderungen bewohnbar gemacht
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IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN. 361
werden könnten; er macht ferner die treffende Bemerkung, dass die
Wälder nicht blos auf die Feuchtigkeit des Klimas günstig einwirken,
sondern dass sie auch den Boden befruchten, indem ihre Wurzeln aus
tieferen Erdschichten die mineralischen Nahrungsstoffe beziehen, und
dass; diese dann durch den Laubabfall an der Oberfläche abgelagert
werden. Wenn es aber möglich wäre, Gegenden zu bewaldenj. deren
trockenes Klima auf den allgemeinen Strömungen der Atmosphäre beruht,
wie kommt es dann, muss man einwenden, dass die Natur die
Baumarten Australiens so ungleich über den Continent vertheilt und
den grössten Theil desselben nur spärlich mit hchten Gehölzen ausgestattet
hat? Gerade die australischen Wälder zeigen sich mehr als
irgendwo sonst dem Wechsel des Klimas angepasst, ohne dasselbe auf
weiten Räumen ändern zu können, obgleich ihre Wanderungsfähigkeit
zum Theil sehr erheblich ist. Müller führt an, dass man jetzt bereits
gegen 100 Baumarten im tropischen Austrahen zähle, die von indischen
nicht zu unterscheiden sind, also einem Austausch mit Timor und
anderen Inseln des indischen Meeres ihre Ausbreitung verdanken, eine
Thatsache, die um so bemerkenswerther ist, als man in Neu-Seeland
noch keinen einzigen Baum der australischen Flora wild wachsend angetroffen
hat.
N o r d a m e r i k a n i s c h e Floren. — Die Ansiedelung der europäischen
Haide (Calluna) in Neu-England hat seiner Zeit viel Aufmerksamkeit
erregt, weil die ganze Abtheilung der Familie der Ericeen, der
sie angehört, dem amerikanischen Continent übrigens fremd ist. Jetzt
hat Seemann die Beobachtung gemacht, dass die in Newfoundland vorkommende
Calluna einige Eigenthümhchkeiten zeigt, so dass er sie als
C. atlantica unterscheiden will (Seemam-is Journ. of Bot. IV, p. 305),
die Unterschiede sind indessen so geringfügig, dass sie nur als klimatische
Varietät betrachtet werden dürfte.
Die ungemein hohen Baumgrenzen der Rocky Mountains haben
ein besonderes geobotanisches Interesse. Engelmann hat eine Anzahl
neuer, von Parry angestellter Messungen aus dem Colorado-Territorium
berechnet (Transact. Acad. St. Louis, II, vergl. Petermanris „Geogr.
Mittheil." 1866, S. 445)j welche die früheren Angaben bestätigen und
von denen die extremen Werthe (in Pariser Fuss) folgende sind:
Baumgrenze am Pikes Peak (Nordabhang 11,300'; am Longs Peak
(Nordwestabhang) 10,130'.
F l o r a von Mexico. — M, Wagner hat ausführliche Nachrichten
über den Vegetationscharakter der von ihm bereisten Anden
vonVeragua, Chiriqui, Costa Rica und Guatemala mitgetheilt (Sitzungsberichte
der bayerischen Akad. 1866. I, S. 151). Seine reichhaltigen
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