
26 ÜBER DEN EINFLUSS DES KLIMAS AUF DIE BEGRENZUNG DER NATÜRLICHEN FLOREN. 27
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Ich mache zuerst auf die vöUige Uebereinstimmung der Phytoisotherme
von Stockhohii, Berhn und London aufmerksam, die theils
wegen des Gegensatzes in der Vegetationsdauer merkwürdig ist, theils
als ein starkes Argument gegen diejenigen gebraucht werden kann, die
eine Flora von Nordeuropa oder eine Flora der europäischen Seeküste
unterscheiden wollen. Im Besondern ergeben sich aus dieser Uebersicht
folgende Punkte:
1) Bei einer Verschiedenheit von 3 Monaten in der Dauer der
Vegetationszeit differiren die mittlem Temperaturen derselben nicht
um anderthalb Grade, eine Differenz, die man, da sie keine stetige Zunahme
mit der Polhöhe zeigt, mit Recht auf die ungenaue Bestimmung
der Endpunkte der Periode beziehen darf.
2) Das Aufliören des Winterschlafs entspricht an den verschiedensten
Orten der mitteleuropäischen Flora einer analogen Ordinate in der
Jahreskurve, so dass man als Thatsache ayssprechen darf, dass der
Frühlingssaft anfängt zu steigen, wenn die Kurve sich über 7",5C. erhebt.
So sehr die Werthe dieser Ordinate sich indessen nähern, so
möchte vielleicht eine weitere Untersuchung dahin führen, dass diese
Temperatur gegen Süden abnimmt: wenigstens würde bei vorausgesetzter
Identität der Phytoisotherme die geringe Zunahme der Temperaturmaxima
dafür sprechen.
3) Die Dauer der Vegetationszeit steht in direktem Verhältnisse
mit der mittlem Jahreswärme; und in indirektem Verhältnisse mit der
Krümmung der Jahreskurve, d. h, ein Seekhma bedingt einen kürzern
Winterschlaf. Hierdurch wird auch vom klimatologischen Gesichtspunkte
die im Anfange dieses Aufsatzes aus botanischen Gründen behauptete
Identität der europäischen Küstenfloren mit der Vegetation
des Continents gerechtfertigt, indem trotz der Verschiedenheit der
^ ahreskurven die Phytoisotherme dieselbe bleibt.
Da diese Sätze der BoussaingattliTheorie zu widersprechen
scheinen, so könnte man einwenden, dass es nicht denkbar sei, dass
eine einzelne Art eine andere Abhängigkeit vom Klima habe, als eine
Flora, die nur ein Aggregat von Arten sei: aber in der That widersprechen
sich beide Theorien nicht, sondern die eben vorgetragene ist
nur ein eingeschränkter Fall, die Temperatursphäre der Floren hat nur
engere Grenzen. Der wesentliche Unterschied zwischen der Lebenssphäre
der einzelnen Art und der einer Flora besteht in dem natürl
i c h e n Zusammenleben der Individuen, in ihrer physiognomisch-charakterisirten
Gruppirung, deren khmatische Bedingung enger begrenzt
sein kann, als die des aus dieser wechselseitigen Beziehung losgerissenen
Individuums, Die Boussaingauli^dSx^ Theorie enthielt gleichfalls
ein Schwanken in der Vegetationsdauer der Art, und wich nur dadurch
ab dass es zugleich die möglichen Schwankungen der Temperatursphäre,
als die möglichen Grenzen der Kultur, bestimmte, während
solche Abweichungen beim natürlichen Vorkommen der Pflanzen zu
verschwinden scheinen.
Dass die Phytoisothermen eine weit genauere Bestimmung der Beziehung
zwischen Vegetation und Temperatur enthalten, als früher dazu
angewendete Werthe, geht aus einer Vergleichung, derselben hervor.
Die Isothermen schwanken im Gebiete der mitteleuropäischen Flora um
go (Kasan = 2^4; Paris io^8), während die Isotherme von Paris
von der von Marseille (=12^3) nur um abweicht. Dagegen schemt
die Phytoisotherme von Südeuropa über 17" zu liegen, also die von
Mitteleuropa um mehr als zu übersteigen. Wäre hingegen die mittlere
Jahreswärme das die Florengrenzen bestimmende klimatische Moment,
so müsste man nack den eben angeführten Daten die willkürliche
Annahme machen, dass 8 Wärmegrade unterhalb 11" einen geringem
Einfluss auf die Vegetation zu äussern bestimmt seien, als 2 Grade über
jenem Punkte. Die Isotheren schwanken in Mitteleuropa um (Edinburg
= 14°, I ; Wien = 20^,3) und diff'eriren von südeuropäischen nur
um 2° (Rom' = 22^7). Es wird eine schöne Bestätigung der Theorie
sein, wenn an einem Grenzorte der südeuropäischen Flora Beobachtungen
über die Perioden des Pflanzenlebens in dem mehrfach erörterten
Sinne angestellt werden und daraus ein entschiedener Gegensatz
gegen nahe gelegene Orte hervortritt, deren Vegetationsverhältnisse
L c h den nordischen Charakter tragen. Da die vorhandenen Zeitbestimmungen,
z. B. die über Nordamerika (Ä/ZwW^ Journal Vol. i.),
zur Untersuchung der Phytoisothermen anderer Floren ungenügend
sind und nicht auf die beiden angenommenen fixen Punkte bezogen
werden können, so würde man eine weitere Anwendung der obigen
Sätze für jetzt nicht zu machen im Stande sein, so wünschenswerth auch
die Beantwortung der Frage ist, ob man auf diesem Wege die Ursache
der Verschiedenheit natüriicher Floren unter gleichen Breiten und Isothermen
finden werde, ob z. B. die Phytoisotherme der Flora von Nordamerika
eine Abweichung von der unsrigen zeige. Geht man von der
Annahme aus, dass der Endpunkt des Winterschlafs, so weit er von
Temperaturdifferenzen abhängt, in der Jahreskurve durch ein schnelleres
Ansteigen der Ordinaten, als dies in irgend einer andern Jahreszeit vorkommt
, bezeichnet werde: so könnte man unmittelbar die Phytoisotherme
aus jeder Jahreskurve ableiten. Ein Kriterium dafür würde die
Uebereinstimmung der Resultate an verschiedenen Orten derselben
Flora sein.
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