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582 DIE WIRKSAMKEIT HUMBOLDT'S
Hülfe Bonplantfs nur auf sich selbst angewiesen war. Endlich ist noch
in Betracht zu ziehen, dass im Anfang der Reise vieles^ was mit Mühe
gesammelt war, durch das feuchte Klima von Venezuela beschädigt
und eingebüsst wurde.
Himiboldt selbst verdankt man die genauen Angaben über die geographische
Verbreitung der gesammelten Pflanzen, die systematische
Bearbeitung wurde Andern übertragen. Nachdem der Versuch, Willdcnozv
in Berlin zu diesen umfassenden Untersuchungen zu bestimmen,
mislungen war, sollte Bonpland in Paris dieselben übernehmen und hat
auch mit Hülfe der dortigen Botaniker in der That vier Bände vollendet.
^ Allein er zeigte sich einer Aufgabe nicht gewachsen, welcher die
höchste Vollendung botanischer Analyse gegeben werden sollte. Eine
Äusserung R. Brozviis, dass in dem dieMelastomen darstellenden Bande
von Bonpland's zweitem Kupferwerk (1816) keine einzige wirklich dieser
indischen Gattung angehörende Art enthalten sei, die in Amerika
überhaupt gar nicht vorkommt, soll Humboldts Vertrauen erschüttert
haben, dass Bonpland die Fähigkeit besitze, den fortschreitenden Ansprüchen
seiner Zeit zu genügen. Inzwischen hatte er in Kunth eine
jüngere Kraft gewonnen, die völlig geeignet war, das grosse Unternehmen
erfolgreich durchzuführen. Dieser Botaniker, der alle Hülfsmittel,
die Paris bietet, zu benutzen wusste, hat das Werk in elf Jahren grösstentheils
zum Abschluss gebracht. Etwa 4000 von ihm untersuchte
Arten wurden zuletzt, nach den Floren geordnet, übersichtlich zusammengestellt
; am grössten war die Ausbeute in Neugranada und Mexico
gewesen, jedes dieser Länder hatte gegen 1000 Formen geUefert. Die
sieben starken Bände in welchen die meisten Familien methodisch
abgehandelt sind, haben durch die sorgfältige Ausführlichkeit der Beschreibungen
und durch das tiefe Verständniss des natürlichen Pflanzensystems,
welches dadurch wesentlich weiter ausgebildet wurde, KtmtKs
Ruhm in der Geschichte der Botanik für alle Zeiten begründet. Abgesondert
erschienen ein Kupferwerk über Leguminosen ^ und zehn Jahre
später seine Monographie der Gramineendie in zwei Foliobänden
durch die künstlerisch vollendeten Zeichnungen von Madame Delile
einen besondern Schmuck erhielt. William Hooker hatte schon früher
die Bearbeitung der Zellenpflanzen übernommen und darüber eine besondere
Schrift herausgegeben.^
1 Plantes equinoxiales(2 Bde., 1805—18); Monographie des Melastomacfe, (2 Bde.,
1816—23) . 22 NI Mon ^yrao gr rei :ni neö rVao ec itf species plantarum, (I 7n BT )d_e . , 181 5—2. 5. .). .
3 Mimeses et autres plantes Légumineuses (1819). 4 Distribution méthodique
de la famille des Graminées, (2 Bde., 1835).
collegerunt Humboldt et Bonpland (1816).
5 Plantae cryptogamicae, quas
IM GEBIETE DER PFLANZENGEOGRAPHIE UND BOTANIK.
Wie haben wir es nun zu beurtheilen^ Htmiboldt^ dessen wissenschaftliche
Thätigkeit doch mit Schriften aus dem Gebiete der systematischen
und physiologischen Botanik begann, sich späterhin Beschäftigungen
dieser Art wie entfremdet zeigt, die Freude an der Untersuchung
der Schätze, die er mit so viel Anstrengung und Liebe gesammelt, Andern
überlässt und nur dafür sorgt, dass der volle Gewinn aus ihnen
gezogen wird? Unstreitig haben ihn die theils^universalen theils praktischen
Richtungen, welche durch seine amerikanische Reise geweckt
wurden, von der Untersuchung einzelner Naturkörper abgezogen. Ihm
hatte schon damals die Natur die Gestalt des Kosmos angenommen,
einer Mechanik, deren Plan ihn mehr anzog als das Studium der einzelnen
Glieder, als die Organe, die sie in Gang erhalten, die aber auch
durch andere ersetzt werden können. In seiner individuellen Entwickelung
bewährt sich auch hier der Umschwung, der in der Bearbeitung
der Naturgeschichte eingetreten war. Vorüber war die Zeit, die Linne
beherrscht hatte, wo jede neue Pflanzen- oder Thierform durch die besondere
Einrichtung ihres Baues allgemeines Interesse erregte, wo ein
Museum, als eine Sammlung von Naturmerkwürdigkeiten, das einzige
Arbeitsfeld naturgeschichtlicher Forschung war. Jetzt wollte man bei
der Vergleichung der Organismen die Ideen in sich aufnehmen ^ die
man bei ihrer Schöpfung voraussetzte, um das Recht ihres Daseins zu
begreifen. Der Schauplatz der Erscheinungen lag nun nicht mehr blos
in ihren Formen, sondern in ihrer natürlichen Anordnung. Die Landschaft
mit dem Ausdruck, zu dem Klima, Relief und Vegetation zusammenwirken,
erhielt die Bedeutung eines Kunstwerks, weiches den
reisenden Naturforscher in die Ferne zieht. Wie nach der alten Überlieferung
der Geist Gottes auf dem Wasser schwebt und alles Irdische
gestaltet, so ist auch im Menschen der Trieb lebendig, in seinem Mikrokosmos
die schöpferischen Gedanken abzuspiegeln, welche der sinnlichen
Welt Maass und Ziel setzten. Wer, möchte unterscheiden, was
Humboldt in diesem Streben seinen Zeitgenossen verdankt und wie er
selbst dasselbe erst hervorrief. Aber eigenthümlich ist ihm die künstlerische
Anlage, durch das malerische Gefüge seiner Sprache die Eindrücke
wiederzugeben, die er vom Naturleben empfangen hatte; und
mit der Ausübung dieses Talents musste die Neigung wachsen, von der
zergliedernden zu der zusammenfassenden Darstellung überzugehen.
Seine Ansichten hat er nicht allein durch seine schriftlichen Werke
verbreitet, 'sondern auch im persönlichen Verkehr, nach den verschiedensten
Seiten wirkend. War er doch der erste Naturforscher, der in
Deutschland durch Vorträge in allgemein verständlicher Form die Kreise
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