
130 ÜBER DIE BIT .DUNG DES TORFS
Maass einzutreten beginnt, wenn dessen nächste Umgebungen bis auf
den Untergrund entblösst und in Wiesen verwandelt sind: so ist die
Rechnung auf diese späteren Entwickelungsstufen und nicht auf den
unmittelbaren E^rfolg zu gründen, der den Kanal nicht bezahlen würde.
Da aber der höhere Aufschwung einer Kolonie durch den Kanal nur
frei gegeben wird, übrigens aber von der Industrie der Kolonisten abhängt,
so ist fremdes Kapital, welches eigentlich nur auf deren persönlichen
Kredit dargehehen werden müsste und sich ohnedies während
einer langen Zeit nicht verzinsen würde, für den Kanalbau in der That
nicht herbeizuschaffen. Ebenso wenig besitzen die Bourtanger Moorbauern
selbst zu so grossen und weit aussehenden Unternehmungen
die Mittel, auch wenn sie sich alle vereinigten. Dies sind die Gründe,
weshalb weder Kanäle entstanden sind noch, so weit die Hülfsquellen
des Moors reichen, durch Privatkräfte jemals entstehen können.
Eine andere, unseres Wissens noch nicht gründhch erörterte Frage
ist, ob der Staat nicht das zu diesem Unternehmen erforderliche Kapital
vortheilhafter anzulegen vermag, als dem Privatmanne möglich ist.
Wenn diesen nur die Triebfeder leitet, seine Kapitalien vortheilhaft zu
nutzen und zu vermehren, so hat der Staat ein eigenes Interesse daran,
dass die unentwickelten Hülfsquellen seines Bodens aufgeschlossen und
seine Wüsteneien und Öden bevölkert und angebaut werden. Der
Staat kann die Zinsen, die er leicht entbehrt, unberücksichtigt lassen:
denn einst ersetzt ihm der Zuwachs der Moorbevölkerung und deren
Wohlstand reichlich die Auslagen. Es sind Einrichtungen denkbar,
wodurch jeder Kolonist im Verhältniss seines Gewinns mit einem Antheil
an dem eingeschossenen Kapital als Schuldner belastet wird, und,
ist sein Erwerb gewachsen, so hat der Staat die Mittel, ihn zur Rückzahlung
seiner Schuld anzuhalten.
Wenden wir uns indessen zu den besonderen Bedürfnissen' des
Bourtanger Moors, als einer der grössten Öden des Königreichs Hannover,
untersuchen wir, wie und mit welchen Mitteln der Kanal zweckmässig
zu bauen sei: so wird es erklärhch, weshalb der Staat nicht
schon längst eingeschritten sein möge, und die Aussicht auf seine rasche
Hülfe vermindert sich. In einem Lande von weniger als zwei MiUionen
Bewohnern ist die Schwierigkeit gross und vielleicht unüberwindlich,
auf Unternehmungen dieser Art einzugehen, wenn sie einen massigen
Aufwand weit überschreiten und allzu spät an den Staat zurückzahlen.
Es fehlen zwar die vom Techniker auszumittelnden Thatsachen, an die
ein gründlicher Kostenanschlag sich anlehnen müsste ; allein hier sind
allgemeinere Betrachtungen am Orte, welche darthun, dass ein Kanal-
IN DEN EMSMOOREN
bau voa geeigneter Anlage und nachhaltigem Werthe sehr beträchtliche
Opfer erheischt. ^^ 1 •
Die Rücksicht auf die wenigen, weit entlegenen Kolonien, welche
schon jetzt im hannoverschen Antheile des Bourtanger Moors bestehen,
st o-aii untergeordnet dem Gesichtspunkte, dass über die unbebauten
dir der BraLkultur dienenden Räume die Kornwirtschaft n^ttel
neuer Niederlassungen sich verbreite. Hesepertwist fordert einen Kanal
nirEms, ebenso diePicardie, aber damit wäre für das Ganze wemg
geleistet wie ein Blick auf die Karte, wie die Erfahrung von Ruetenbrock
zeigt, wo der nach dem Sonderinteresse dieser Kolonie herge-
Lllte Kand weder den übrigen nützt noch zu neuen Ansiedelungen
den Trieb geweckt hat. Bei solchen von der Landesgrenze zur Ems
flüu-enden Kanälen bleibt die Sphäre der Wirksamkeit ^^f
zigen Querdurchschnitt des Moors beschränkt. Aber nicht bloss dies,
sondern es lässt sich auch nachweisen, dass sie verhältnissmassig am
kostbarsten sind und zum Torfhandel unzureichend bleiben müssen.
Kostbar werden sie dadurch, dass sie in das Dünenbett der Ems einschneiden
und daher denselben Nachtheilen unterliegen, wie die Correction
und Schiffbarmachung dieses Stroms. Allein auch zur Schifffahrt
genügen sie nicht, weil es ihnen an Wasser fehlen würde. Em
geräumiger Kanal, wie der von Papenburg, muss, um die für Torfschiffe
erforderliche Wassertiefe in jeder Jahreszeit zu bewahren, von einem
höher hegenden Meere, von einem See des Hochmoors gespeist werden
denn hierbei gilt ein grösserer Maassstab, als bei den gewohnlichen
Abzugsgräben. Nun wissen wir, dass das Wasser des Bourtanger
Moors grösstentheils nach den Niederlanden durch verschiedene Radden
abfliesst. Das ganze Moor besitzt nur einen einzigen See von Bedeutuno,
das Zwartemeer, welches auf niederländischem Gebiete hegt jedoch
mit dem kleinern, zu Hannover gehörigen Heblermeer in Verbindung
steht. Dies sind die einzigen Wasserbehälter, die geeignet waren,
einem -rossem schiffbaren Kanal als Ausgangspunkt zu dienen. Ob
die Niveauverhältnisse gestatten würden, denselben von hier aus nach
Norden und Süden durch den Längendurchmesser des Moors zu fuhren,
ob jene Seen für eine so lange Strecke ausreichen würden, steht dahin.
Alle übrigen Kanäle, die nur das durch Entwässerung der unmittelbar
anhegenden Torfschichten gewonnene Wasser empfingen, wurden jedenfalls
der Vortheile entbehren, denen der Papenburger Kanal eben
seine Bedeutung verdankt.
• Ein Bourtanger Kanalsystem muss demzufolge auf ganz verschiedene
Hülfsquellen gegründet sein. Was im Kleinen die bei den Abzugsgräben
hergebrachten Einrichtungen zeigen, sollte es nicht auch
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