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feldern von Weizen. Gerste, Hülsenfrüchten und Flachs einen ausgedehnten
Raum übrig. An einem 3500' hohen Berge bei Tetuan reichten
die MaquiSj nach aufwärts in ein einförmigeres Ginstergestrüpp übergehend,
bis zum Niveau von 3000'; der felsige Gipfel war unersteiglich.
aber oberhalb der Gesträuche wurden eigenthümliche Stauden bemerkt
(z. B. Hemicrambe). Die reiche Ausbeute dieser Reise wird ohne
Zweifel viele neue Arten ergeben.
S t e p p e n f l o r a . — Die für die Gebirge Persiens charakteristische
Primulaceengattung Dionysia wurde von v, Bunge monographisch bearbeitet
¡Mélanges tirés du Bullet, de TAcad. de St.-Pétersbourg, 1871,
T. 8, p. 193, und Sitzungsberichte der Dorpater Naturforscher-Gesellschaft
für 1871 ^ S. 247), Polsterförmige Rasen bildend, die den Aretien
der Alpen gleichen, ist sie ein ausgezeichnetes Beispiel von der geographischen
Beschränkung auf eigenthümliche, selten vorkommende
Vegetationsbedingungen. Indem sie der Benetzung durch fliessendcs
Wasser oder atmosphärische Niederschläge, aber auch des Schutzes
sowohl gegen feuchte Luft als gegen Insolation und zum Substreit eines
mà
felsigen Bodens bedarf, findet sie sich nur an vereinzelten unzugänglichen
Standorten über dem Niveau von 4000', besonders an überhängenden
Klippen, die nach Norden exponirt sind. Ihr Wachsthum in
ausgebreiteten, der Felswand angeschmiegten Rasen ist so langsam,
dass der Jahrestrieb oft kaum eine Linie beträgt und ein solches Polster
wohl Jahrhunderte alt sein mag. Die Bedingungen ihres Vorkommens
sind so selten vereinigt, dass von den 12 bekannt gewordenen Arten
die meisten (10) nur ein einziges Meil, zum Theil an weit von einander
entlegenen Standorten, beobachtet und von ihren dichogamischen
Blüthen nur bei Einer Art beide Formen gesammelt wurden. Die Exemplare
in den Sammlungen scheinen in den meisten P'ällen nur von einem
(Einzigen Rasen abzustammen, den spätere Reisende nicht wieder aufgefunden
haben. Da sämmtliche Arten ohne eine Spur von Übergängen
durch zahlreiche scharfe Charaktere ihrer Organisation von
einander geschieden sind, so leitet e/. Bunge aus diesen Dionysien gewichtige
Bedenken gegen ihren genetischen Zusammenhang ab. Er
fordert, ehe solchen Hypothesen eine allgemeinere Bedeutung eingeräumt
werden könne, fortgesetzte geographische Beobachtungen gerade
über die Verbreitung solcher an einzelne Stellen der Erdoberfläche geknüpfter
Pflanzen und meint, dass man hier die Ecksteine zur Theorie
von der Entstehungsweise der Organismen zu suchen habe und nicht
unter den vielformigen Rubusarten, Rosen und ähnlichen Gewächsen,
die in ihrer Lebensfähigkeit sich den widernatürlichsten Verhältnissen
anbequemen,
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IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN. 423
Die neuen Forschungen Hayzvareis und Shaw's über die Kulturbedingungen
im ehemals chinesischen Ost-Turkestan (Journ. geogr.
soc. 1871 und Proceedings, Vol. 15; vergl. Mittheilungen
für 1871, S. 251) dienen denen zur Bestätigung, die ich bereits benutzen
konnte (Veget. I, S. 437). Die Regenlosigkeit des Klimas hat
Shazv auf ähnliche Weise erklärt, wie dies auch von mir geschehen war,
und die von Haytvard ausgeführten Niveaubestimmungen (4 — 5000')
dieses an den Flussufern so reich angebauten Landes, die so viel höher
ausgefallen sind, als Hitmboldt nach Maassgabe der Kulturpflanzen angenommen
hatte, stimmen mit den früheren Johnson's überein.
Die Armuth der tibetanischen Flora bestätigt sich aufs neue durch
die Ergebnisse von Stewart's Reise in Ladak, wo er im Jahre 1868
mehrere Monate zwischen den Niveaux von 10,000 und 20,000' zubrachte
und daselbst kaum 360 Gefässpflanzen aufzufinden vermochte
(Notes of a botanical tour in Ladak, Transactions of the Edinburgh botanical
soc. 10, p. 207). — In Lahul beginnt das dürre tibetanische
Klima nach Aitchison im Niveau von 11,000 engl. Fuss (Journ. of Linnean
soc. Botany, 10, p. 85). Der untere TheiJ dieses Himalaja-Thales
(8500—II,000'hoch gelegen) enthält Wälder von Juniperus excelsa,
einem Baume, der als Strauch bis 14,000' beobachtet wurde. Zwischen
11,000 und 15,000' bildeten nur etwa je 50 Arten die Vegetation eines
bestimmten Niveaus. Über der Höhe von 16,000' {-¿XiA Aitchison mir
noch acht Arten, unter denen Rheum Moorcroftianum vorzugsweise
charakteristisch erschien. Die in der baumlosen Region vorkommenden
Sträucher sind ausser jener Juniperus-Art zwei Ericeen (Cassiope
fastigiata und Rhododendron lepidotum).
C h i n e s i s c h - j a p a n i s c h e Flora. — Über die Insel Sachalin
(vergi. vorigen Bericht, S.385) erschienen fernere Berichte von
Begleitern Glehn (Beiträge zur Kunde des russischen Reiches, Bd. 25)
und Lopatin [Peternianiis Mittheilungen 1870, S. 386),, von denen der
Letztere im Jahre 1867 eine neue Reise dahin unternommen hatte. Es
ergiebt sich aus diesen Mittheilungen, dass die japanischen Formen der
Flora nur an der Südwestspitze der Insel auftreten und die ganze Osthälfte
einen nordischen Charakter trägt. Hier waren bis zur Südküste
die Berge bis zum Gipfel von Lärchen- und Birkenwald bedeckt, auch
fehlten hier die Dickichte von Arundinarien, durch welche die Erforschung
der westlichen Gebirge erschwert worden war.
Ilance gab Nachrichten über die Seide, welche ein durch Eichenlaub
ernährtes Insekt im nördlichen China und in der Mandschurei erzeugt
(On the silkworm-oaks of Northern China, Journ. of Linnean soc.
Botany, 10, p. 482). Die dieser Industrie dienenden Eichenarten sind
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