
n
ii
.IN
276 DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG
Darwinismus haben oft geäussert, dass die Entstehung der Arten ohne
Generation ein Wunder oder ein unmittelbarer Eingriff des Schöpfers
in die Gesetze der Natur sein würde: aber Wege, die wir nicht kennen,
sind deshalb nicht wunderbarer als die, von denen wir Kunde haben.
C h a r a k t e r der endemischen Pflanzen Westindiens.
Die phanerogamischen Gewächse Westindiens vertheilen sich in 152
Familien, indem ausser den in der Flora der britischen Inseln verzeichneten
in Cuba auch die Berberideen, Podostemeen, Halorageen und
Valerianeen vertreten sind. Endemische Formen finden sich indessen
nur in 118 Familien, und die übrigen enthalten meist nur einzelne oder
wenige Arten.
Wie überall gehört die grössere Hälfte der Vegetation nur zu etwa
12 Familien und nach deren Artenreichthum lässt sich schon eine allgemeine
Charakteristik Westindiens und zum Theil auch der klimatischen
Gliederungen innerhalb des Gebiets gewinnen. Es fragt sich, ob man
zurVergleichung die Listen sämmtlicher oder nurder endemischen Arten
benutzen soll: doch ist dies von geringerer Bedeutung, als es scheinen
könnte, da die hieraus sich ergebenden Unterschiede in der Reihenfolge
der artenreichsten Familien nicht sehr erheblich sind und auf die verschiedene
Wanderungsfähigkeit derselben sich beziehen. Dies zeigt sich
am deuthchsten bei den Farnen, die ich deshalb, wie bisher, unberücksichtigt
lasse : diese Familie ist nämlich in Westindien die artenreichste
von allen, sie enthält gegen 8 Procent aller Gefässpflanzen, aber an
endemischen Bestandtheilen ist sie so arm , dass sie in der Reihe der
Familien, wenn man nur deren endemische Arten berücksichtigt, erst
den dreizehnten Platz mit etwa 2 Procent einnehmen würde.
Im Allgemeinen ergiebt die Vergleichung der in den verschiedenen
tropischen Floren vorherrschenden Familien einen hohen Grad der Übereinstimmung
der sich wohl verringern würde, wenn man die in allen
Continenten sich wiederholenden Gegensätze der Wald- und Savanen-
Gebiete oder die Gebirgsregionen abgesondert zusammenstellen könnte.
Die bedeutendsten Verschiedenheiten, in denen der amerikanische Charakter
Westindiens ausgedrückt erscheint, bestehen den beiden tropischen
Continenten der alten Welt gegenüber in der Zunahme der
Melastomaceen und der Solaneen, abgesehen davon, dass die Cacteen
und Bromeliaceen, wenn auch minder zahlreich, doch eigenthümlich
amerikanisch sind. Auch ist die Mannigfaltigkeit der Palmen, von
1 y, Hooker^ Fl. of Tasmania. Introd. p. XL.
DER PFLANZEN WESTINDIENS. 277
denen in Westindien bereits 43 Arten nachgewiesen sind, eine bekannte
Eigenthümlichkeit Amerikas und Asiens im Gegensatze zu Afrika.
Zur Vergleichung Westindiens mit den continentalen Gebieten des
tropischen Amerikas benutze ich das reichhaltige Verzeichniss von
Guiana-Pflanzen bei Rieh. Schoniburgk^^ welches etwa 3250 Phanerogamen
aufzählt. Hieraus ergiebt sich als charakteristisch für Westindien
die Zunahme der Synanthereen, Euphorbiaceen und Urticeen in der
Richtung vom Äquator gegen den nördlichen Wendekreis , während die
Rubiaceen und Leguminosen abzunehmen scheinen. Auf dieses letztere
Verhältniss möchte ich indessen kein besonderes Gewicht legen, da die
Leguminosen auch in Westindien die grösste phanerogamische Familie
bilden und die Rubiaceen in der Reihe der endemischen Gewächse den
ersten Platz behaupten.
Um die klimatischen Ghederungen Westindiens, so weit dieses
ausführbar erschien, zu berücksichtigen, habe ich zuerst die endemischen
Pflanzen Cubas mit denen des ganzen Gebiets verglichen, wobei sich
für diese Insel eine Zunahme der Euphorbiaceen und Acanthaceen.
eine Abnahme der Orchideen, Urticeen und Gesneriaceen herausstellte.
Sodann wurde die Flora der Karaiben benutzt, wie sie in meiner früheren
Arbeit zusammengestellt ist, und ohne die endemischen Bestandtheile
abzusondern, ergab sich bei der Vergleichung mit dem Gesammtkatalog
der westindischen Pflanzen für die kleinen Antillen eine Abnahme der
Orchideen, Euphorbiaceen und Rubiaceen, eine Zunahme der Convolvulaceen,
Boragineen und Verbenaceen. Endlich zeigte die Reihe derjenigen
Pflanzen, welche Trinidad vor den übrigen Inseln voraushat,
die entschiedensten Eigenthümlichkeiten und unterstützte aufs Neue die
Ansicht, dass diese Insel als ein Übergangsglied zur Flora des Continents
zu betrachten ist. Die Analogie mit Guiana ergiebt sich aus der
vermehrten Anzahl von Leguminosen und Malpighiaceen, wird ferner
unter den kleineren Familien durch die Dilleniaceen und Chrysobalaneen
bestätigt, besonders aber durch eine sehr entschiedene Abnahme der
Synanthereen und Euphorbiaceen, welche beide in Cuba ihr Maximum
erreichen. Ausser diesen Verhältnissen ist Trinidad auch dadurch ausgezeichnet
, dass hier die verhältnissmässig grösste Anzahl von Melastomaceen
vorkommt, was nicht mit dem Charakter von Guiana, aber
vielleicht mit dem von Venezuela zusammenstimmt. Dass die Insel auch
die grösste Menge von Orchideen geliefert hat, ist muthmaasslich nur
eine Folge der Sorgfalt, welche Dr. Bradford der Beobachtung dieser
Gewächse gewidmet hatte, die auf den übrigen Inseln nicht so reichlich
gesammelt sind.
i Rieh. Sc/iomdurgk, Reisen in briüsch Guiana. Th. 3.
iii:
m
I V H -
lillffii
II
Si'
H
I - 1 '
Ii •
I
IJ!|