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II
128 ÜBER DIE BILDUNG DES TORFS
seinen Acker- und Viehbestand in enge Räume einschlössen. Je weiter
also das Kanalsystem gediehen ist, desto mehr muss die Brandkultur
verschwinden und dem Korn- und Wiesenbau Platz machen. Auch der
Torfhandel selbst scheint unbegrenzt, wenn man die ungeheuren, für
mehrere Menschenalter ausreichenden Vorräthe in das Auge fasst, die,
bis dahin nur zum Feuer des eigenen Heerdes genutzt, nun allmählich
auf dem Kanale verschifft und verwerthet werden können, so oft die
übrigen Geschäfte der Wirtschaft dem Eigenthümer zu diesem Erwerbszweige
Zeit übrig lassen. So wird eine Schicht Torf nach der anderen
von der Oberfläche des Moors abgetragen, ohne dass der Ackerbau
darunter leidet. Denn die Entwässerungsmittel reichen bis auf den
Grund des Moors selbst und der Boden bietet in jeder Tiefe fast dieselben
Verhältnisse.
Erst wenn die Kultur, durch den Torfabsatz stetig in ein tieferes
Niveau herabgeführt, sich dem unterliegenden Geestboden nähert, erhält
sie einen neuen, noch gewinnreicheren Charakter. Jetzt hört es
auf, kostspiehg zu sein, den organischen Boden, der bis dahin die
Ernten trug, mit unorganischer Erdkrume zu vermischen. Dieselben
günstigen Verhältnisse, welche anfangs nur an den Moortangen gegebenwaren,
finden sich nun auf der ganzen Fläche von selbst ein.
Die Erfahrung lehrt in den Hochmooren allgemein, dass durch eine
Vermischung jenes leichten Sandbodens, auf welchem sie ruhen, mit
Torfsubstanz die Erdkrume eine für alle Zweige des Ackerbaues ungemein
günstige Beschaffenheit erhält. Es ist dies, wie früher erörtert
ward, ein einfacher Erfahrungssatz, dessen theoretischer Zusammenhang
auf dem jetzigen wissenschaftlichen Standpunkte noch nicht genügend
ergründet scheint, insofern in den Haiden Lüneburgs die Verbindung
der Haideerde mit Sand von so auffallenden Wirkungen nicht begleitet
ist. Auf dieser Eigenthümhchkeit des Torfs in den Hochmooren beruht
ihre letzte Entwickelungsstufe. Die Vermischung des Torfbodens mit
Sand ist zu betrachten als eine schwache Düngung mit mineralischen
Nahrungsstoffen, aber als eine Düngung, die verhältnissmässig ungleich
weniger Kosten erfordert, als die Herbeischaffung des Düngers von
auswärts. Hierin besteht ihr Vorzug, wiewohl sie die letztere keineswegs
ersetzt. Zum Kornbau bedarf der sandige Torfboden noch immer
des thierischen Düngers oder des Seeschlammes, aber einer geringeren
Menge von diesen auf Schiffen herbeigeführten Substanzen, als vorher.
Die Kosten der Düngung von auswärts, so sehr sie durch die Lage des
Bourtaneer Moors vermindert sein würden, belaufen s o ich doch viel zu '
hoch, als dass man den Sand von der Geest einführen könnte. Aus
diesem Grunde beschränken sich die Rückfrachten der Torfschiffe auf J:
IN DEN EMSMOOREN.
die beiden genannten, werthvolleren, jedoch zunächst zum Kornbau
geeigneten Düngerarten. Die Verbesserung des Torfbodens durch Sand
beginnt daher erst zu der Zeit, wo man ihn durch Rajolen vom Untergrund
heraufschaffen kann. Erst auf diesem Standpunkte der Wirtschaft
ist es möglich, in grösserem Maassstabe nach der oben dargestellten
Methode neben den Kornfeldern auch künstliche Wiesen zu
schaffen, auf dieser Grundlage die Viehzucht viel weiter auszudehnen
und dadurch die Erzeugung des Düngers innerhalb der eigenen Wirtschaft
auf eine den Bedürfnissen entsprechende Höhe zu erheben. Somit
ist dem lähmenden Aufwände von Geld und Zeit, den die Herbeischaffung
des Düngers in Anspruch nahm, abgeholfen, die letzten
Bedrängnisse des Kolonisten verschwinden und allmählich geht seine
Wirtschaft in einen Zustand über, wo sie, nur noch auf eigene Hülfsquellen
gegründet, ihre Ueberschüsse verwerthet und wo ihr eigenthümlicher
Ursprung sich vöUig verwischt. Die Wiesen, die Kornfelder
und Gärten zu Papenburg, wiewohl auf dem leichten Sandboden unter
dem Hochmoore entstanden , sind durch Verbesserung der Erdkrume,
durch Veredelung der mineralischen Nahrungsstoffe zu einer Kulturstufe
gelangt, auf welcher sie sich in ihrem Ertrage kaum noch von den
reichen Stromniederungen des Reiderlandes unterscheiden. Es ist anerkannt
, dass ein so hoher und nachhaltiger Aufschwung durch eine
stetig und unerschöpflich wirkende Kanalschifffahrt ins Leben gerufen
ist. Das Reiderland selbst, welches, am unteren Emslauf gelegen, von
derFluth des Dollarts bespült wird, ist nach Arends ehemals gleichfalls
von Torf bedeckt gewesen und verdankt seine frühzeitige Entwickelung
dem Strome, den ihm die Natur gegeben, so dass die Erinnerung an
seinen Ursprung fast erloschen ist und der Werth des Bodens dem der
übrigen Marschen gleichkommt. Vielleicht war dieser fruchtbare Landstrich
einst ein Theil des Bourtanger Moors und zeigt, wozu die ode
Fläche sich gestalten kann.
Man sollte erwarten, dass bei so günstigen, in der Natur des Bodens
unwiderleglich gegründeten Aussichten das Kapital zu einem Kanalbau
leicht zu finden wäre. Aber ebenso klar, als die glückliche
Wirkung eintreten muss, zeigt sich, wie spät sie vollendet ist. Eine
lange Reihe von Jahren belebt sich fürs Erste nur der Torfhandel und
Menschenalter hindurch besteht der ganze Gewinn fast nur in Erhöhung
des Betriebskapitals für den Kolonisten. Sollte das Unternehmen sich
aus dem verschifften Torfe verzinsen, so würde der Zweck des Kanals,
die Kolonien in die Höhe zu bringen, nicht erreicht werden und der
Belauf an Zinsen eben so wenig der Kapitalanlage entsprechen. Weil
eben die Wirkung jedes einzelnen Kanals erst dann in vollkommenem
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A. G r i s e b a c h , Gesammelte Schriften.