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i 6 ÜBER DEN ETNFLUSS DES KLIMAS
erwähnt wurde, einen ebenso lehrreichen Beweis von dem Nichteinflusse
der Differenzen in seinen Feuchtigkeitsverhältnissen dar.
Da wir also in den periodischen Regenzeiten einen strengen klimatischen
Charakter des grössten Theils der tropischen Floren im Gegensatz
zu den extratropischen finden, so haben wir endlich noch zu untersuchen,
in wie weit natürliche Florengrenzen mit den Polargrenzen der
Passate zusammenfallen. Diese Betrachtung bezieht sich auch auf die
von den VVärmeverhältnissen abhängige Differenz beider Zonen, die in
klimatischer Hinsicht zu ziemlich analogen Grenzbestimmungen führt.
Im Allgemeinen fällt die Polargrenze der Passate auf der nördlichen
Halbinsel mit dem Wendekreise zusammen ^ In Amerika entspricht
dieser Grenze der Gegensatz zwischen den Floren von Cuba und Florida,
zwischen Vera Cruz und Texas (nach den Sammlungen Driimmond's:
vgl. Hooker's Journal of Bot. vol. L), zwischen Acapulco (nach Hwnboldts
Verzeichniss) und Californien (nach den daher neuerlich in England
beschriebenen, zahlreichen Arten, unter denen sich keine tropischen
Formen finden). In Afrika bildet die Sahara eine breite Scheidewand
zwischen den Floren der Nordküste und den durch Regenzeiten periodischen
Floren von Senegambien und Abyssinien. Aus Asien haben
die von Dccaisnc beschriebenen ^ und die während der Euphratexpedition
gesammelten Pflanzen^ im Gegensatze zu ForskaVs Flora einen
Charakter, der sich nicht wesentlich von dem der südeuropäischen Flora
entfernt; wahrscheinlich verläuft von da eine Florengrenze durch den
südlichen Theil von Persien und an der Südgrenze von Afghanistan und
Lahore; weiter nach Osten werden die tropischen Floren vom Himalajah
ebenso begrenzt, wie die Monsoons sich an diesen Höhen brechen; die
Gegend von Canton gehört endlich nach Meycris Beobachtungen zu den
Floren, deren Winterschlaf von unterbrochener P^euchtigkeit abliängt.
Man erkennt hieraus, dass auf der nördlichen Hemisphäre nirgends eine
Flora aus den passatlosen Ländern in die tropischen übergreife, aber
man muss in einer Wissenschaft, deren Wesen es ist, die Verhältnisse
allgemein aufzufassen, nicht eine Genauigkeit der Angaben fordern, die
weder der extensiven Grösse unserer botanischen und khmatologischen
1 Nach Do-ve (Poggend. Ann. XXV, pag. 193) reichen die Passate im atlantischen
Meere im September bis zum 24" L. B., im stillen Meere durchschnittlich für das ganze
Jahr bis zum Wendekreise. Es kann uns hier nur die äussere Grenze während der nördlichen
Verschiebung angehen, da davon die Absonderung einer Regenzeit abhängt.
2 In den Annales des sciences 1834 etc.
3 Diese Sammlung wurde von Herrn Lindley dem königl. ITerbarium in Berlin mitgetheilt,
und durch die grosse Liberalität, mit der dessen Benutzung gestattet wird, hatte
ich Gelegenheit, jene Pflanzen kennen zu lernen.
AUF DIE BEGRENZUNG DER NATÜRLICHEN FLOREN. 1 7
Kenntnisse entsprechen, noch dem Grade einer physikalischen Forschung
zukommen würde, in der zu viele und zu wenig in ihrem relativen
Einflüsse gekannte Faktoren in Betracht gezogen werden müssen.
Auf der südlichen Halbkugel würde eine Linie, die die tropischen von
den extratropischen scheidet, erst gezogen werden können, wenn die
Floren von Südamerika und dem tropischen Australien genauer bekannt
sein werden: in den Sammlungen von Sello zeigt sich der erwähnte
Gegensatz des botanischen Charakters zwischen den Pflanzen aus Brasilien
und aus Montevideo; Chile steht durchaus unter dem Einflüsse
periodischer Niederschläge, ebenso nach den Beobachtungen von Drege
die Südspitze von Afrika, so dass in der südHchen Hemisphäre die tropischen
Floren unstreitig in weit höhere Breiten reichen, wie in der
nördUchen. Die Anwesenheit tropischer Formen und solcher Familien,
die entschieden extratropischen Ländern fehlen, ist indessen ein trügerisches
Kriterium für einen Begriff', der nur von klimatischer Seite bestimmt
ist; es wird noch nicht behauptet, dass alle Passatfloren einige
gemeinschaftHche botanische Merkmale haben, sondern nur, dass die
äussere Polargrenze der Passatwinde überall mit irgend einer Florengrenze
zusammenfalle. Ferner müsste sich nachweisen lassen, dass die
Zone der Calmen oder des perennirenden Courant ascendant ihre eigenthümlichen
Ploren habe, aber die Grenzen derselben sind zu wenig bekannt.
Die Bewegungen der Atmosphäre, die nur einen mittelbaren
Einfluss auf das Leben der Pflanze äussern können, haben in den
bisherigen Erörterungen schon eine nähere Betrachtung veranlasst; der
andere Theil ihrer Wirksamkeit, ihre, wenngleich früherhin überschätzte,
Bedeutung für die Temperatur, kann uns gleichfalls nur in ihren Wirkungen
interessiren. Wenden wir uns nun zu den imponderabeln Bestandtheilen
der Atmosphäre.
Dieselbe Schlussfolge, die früher gegen den Einfluss des Luftdrucks
auf die Florengrenzen geltend gemacht wurde, findet auch seine Anwendung
gegen die L i c h t e r s ch e i n u n g e n, von deren Intensität man
die Eigenthümlichkeiten alpiner Floren hat ableiten wollen, indem man
insbesondere, nach Wahlcnberg s einen Unterschied zwischen
den arktischen und alpinen Pflanzen in ihren habituellen Charakteren
darzustellen sich bemühte, wie sie mit einer eindringlichen Beobachtungsgabe
von Schouw ' für die Alpenflora waren aufgefasst worden.
Wie wenig diese Unterscheidung in der Natur gegründet sei, zeigt eine
unbefangene Vergleichung des Einzelnen: dasselbe Vorherrschen der
1 Pflanzengeogr. pag. 460.
A. G r i s e b a c h , Gesammelte Schriften.
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