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578 DIE WIRKSAMKEIT HUMBOLDT'S
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3. Parallelkreis nördlicher Breite hinaus in das Aequatorialklima eingetreten
war, hatte er nur selten Gelegenheitj die Sonne oder Sterne zu
beobachten. ^ Denn der Himmel ist beständig bedeckt und es regnet
fast das ganze Jahr. Zu Atures, unter dem 6. Breitengrade, entwirft
Hicinboldt Schilderung des V e g e t a t i o n s c h a r a k t e r s . 2 Die vorherrschenden
Bäume gehören zur Mimosen- und Lorbeerform (Mimoseen,
Laurineen, Feigenbäume), zwischen ihnen erscheinen Gruppen von
Palmen, von Bambusen und das breite, glänzende Laub der Musaceen
(Heliconia). Die alten Bäume sind mit epiphytischen Orchideen, Piperaceen
und Aroideen bekleidet und geschmückt mit den Blüten der
Lianen, der Malpighiaceen und Bignoniaceen, die an ihnen emporranken
; ein einzelner Stamm trägt bis zu den Moosen herab mehr verschiedene
Pflanzenformen als in der gemässigten Zone auf einem grossen
Raum zerstreut wachsen. Unter allen Bildungen der Vegetation aber
werden die hochstämmigen Palmen als diejenigen vorangestellt, deren
Schönheit den mächtigsten Eindruck mache. Die Wälder am Casiquia;
re (i*^ nördl. Br.) unterscheidet Humboldt dadurch, dass näher am Aequator
die Lorberform ausser durch Laurineen auch durch Guttiferen
und Sapoteen stärker vertreten wird.^"^
Die Anordnung der Vegetation auf den Anden schildert Himboldt
nicht blos nach ihren Höhengrenzen, sondern er weist zugleich nach,
wie sehr sie von der plastischen Bildung des Reliefs abhängig sei. Die
Unterbrechung der Hebungslinien im Isthmus von Panama, welche die
Gebirgspflanzen nicht überschreiten, bewirkt, dass die Flora Mexicos
von den südamerikanischen Anden völhg ausgeschlossen bleibt. Grösser
ist die Übereinstimmung, welche zwischen Neugranada und der Küstenkette
von Venezuela besteht, weil dieselbe als eine vom Gebirgsknoten
an den Magdalenaquellen ausgehende Verzweigung der Anden mit
diesen in orographischer Verbindung steht. ^ Im Hochlande Mexicos,
der gegen 6000 Fuss hohen Gebirgsebene Anahuac, treten die Eichenund
Tannenwälder auf, welche der Physiognomie der Landschaft einen
Charakter verleihen, der der gemässigten Zone anzugehören scheint und
in gleicher Berghöhe innerhalb der Wendekreise nirgends wiederkehrt.^
Hier wachsen hohe Bäume an feuchten Bergabhängen noch in einem
Niveau (12000 Fuss), welches unter dem Aequator nur Stämme von
kaum 15 Fuss hervorzubringen vermag. ^ Ein Theil der mexicanischen
Hochfläche ist indessen baumlos und pflanzenarm, vermöge des Man-
2 Ebene!., II, 315.
5 Ideen, S. 4, 5
3 Ebencl., II,
6 Natur-
IM GEBIETE DER PFLANZENGEOGRAPHIE UND BOTANIK. 57g
I
gels an Bewässerung erinnert derselbe an die öden, unfruchtbaren Ebenen
Castihens 1 und, wo die Flüsse versiegen, entstehen Salzsteppen wie in
Tibet. In Mexico wie in Peru verbreitet die Annäherung der Gebirge
an die Küste, deren Wasserdampf sie niederschlagen, Dürre über die
benachbarten Ebenen, denen sie voriiegen. Aber während dort sich
das Hochland fast ununterbrochen vom mexicanischen Meerbusen bis
zum stillen Ocean erstreckt hat keine der hochgelegenen Flächen,
die in den Anden Südamerikas von Neugranada bis Peru vorkommen,
eine Grösse von mehr als 15 Quadratmeilen; durch tiefe und grosse
Thäler getrennt, treten hier die Regionen der Vegetation zwischen den
inselförmig hervorragenden Bergkuppen in weit schroffem Gegensätzen
zusammen. Ihnen ist die Vegetation der Paramos ^ eigen, auf denen
im Niveau von 10000—13000 Fuss ein rauhes, nebelreiches Klima
herrscht, dessen Schlössen und Schneegestöber wohlthätig die Pflanzen
tränken, während doch der Dampfgehalt der Atmosphäre zu gering
isty um höhern Baumwuchs zuzulassen.
Die Entdeckung des kalten, von hohen Breiten aus die Küsten
von Chile und Peru bespülenden Meeresstroms, welcher nach Humboldt
benannt worden ist, gab ihm Aufschluss über die wüste Beschaffenheit
der Umgegend von Lima, wo die Wirkung der Sonnenstrahlen durch
Nebelbildungen gehemmt wird^ und übrigens keine Niederschläge
oder Verdichtungen des Wasserdampfs stattfinden. Mit den Meeresströmungen
im atlantischen Meere steht ferner die Lage der beiden
grossen Fucusbänke der Sargassosee in Beziehung, deren Bildung Humboldt
beschrieben und deren Umfang er genauer bestimmt hat. ^
Sehen wir in allen der Pflanzengeographie gewidmeten Untersuchungen,
von denen in dem Bisherigen ein Abriss zu geben versucht
wurde, Humboldt als selbständigen Forscher, der seinen Beobachtungen
das Gepräge seines das ganze Naturieben überschauenden Geistes zu
^eben wusste, so hat er auf andern Gebieten der Botanik weniger unmittelbar,
aber doch ebenfalls bedeutend auf seine Zeit eingewirkt.
Als ein Kenner der systematischen und physiologischen Pflanzenkunde
war er schon frühzeitig und vor seiner amerikanischen Reise literarisch
hervorgetreten. 6 Indessen hat die Schrift über die Flora von Freiberg,
1 Essai politique, a. a. G., II, 60—64. ^ Ebend., Il, 42—44.
3 Prolegomena, S. 104; Ansichten der Natur, I, 131. 4 Ansichten der Natur,
^55- 5 Relation historique, I, 202 ; Ansichten der Natur, I, 83.
^ Florae Fribergensis specimen, 1793.
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