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248 DIE GEOGRAPHISCFLE VERBREITUNG
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Früchte von den Antillen dahin eingeführt worden sind. Es ist aus den
Untersuchungen über die Flora der Galapagos, sowie auch von den
canarischen Inseln und anderen Archipelen bekannt, dass ihre nicht
endemischen Bestandtheile von den benachbarten Continenten entlehnt
sind, während eine Wanderung in entgegengesetzter Richtung nicht
stattgefunden und eben deshalb der Charakter abgesonderter und durch
zahlreiche, eigenthümliche Producte ausgezeichneter Schöpfungscentren
sich erhalten hat. Diese Erscheinung wiederholt sich in einem noch
weit grösseren Verhältniss auch in Westindien, wiewohl hier, wie sogleich
gezeigt werden wird, auch Fälle der Verbreitung von den Inseln
zum Continent vorkommen. Man kann die Ursache des überwiegenden
Continentaleinflusses, wie es von J. Hooke^^ für die Gallapagos geschehen
ist, auch hier in der Richtung der Meeresströmungen erblicken.
Denn der Guiana bespülende Theil des grossen Äquatorialstroms geht
von dort längs der Nordküste Südamerikas nach dem Isthmus und Yucatan
und trifft auf seinem Wege gleich Anfangs die karaibischen Inseln.
Auch werden die schwimmenden Früchte vonManicaria, einer in Guiana
einheimischen Palme, häufig an der Küste von Barbadoes nicht allein,
sondern nach auch in Jamaika angetrieben. Demnach muss jene
Strömung, wiewohl sie im Allgemeinen der Ostküste des Continents
folgt und Guba erst als Golfstrom erreicht, nachdem sie den mexicanischen
Meerbusen umkreist hat, doch auch die Südküste Jamaikas berühren.
Indessen giebt es noch eine andere, allgemeinere Beziehung,
welche den entschiedenen und dauernden Endemismus von Inseln, sow
i e die erleichterte Aufnahme von continentalen Gewächsen erklärlich
macht. Sowie die Masse der erzeugten Samen eine der Veranstaltungen
ist, um die Wanderungsfähigkeit einer Pflanze zu erhöhen, so muss
auch die grössere Anzahl schon vorhandener, ihre Samen ausstreuender
Individuen ihre weitere, gleichsam geometrisch wachsende Ausbreitung
auf dem Erdboden befördern. Unter übrigens gleichen Verhältnissen
wird also ein Baum, der in Wäldern auftritt, weil unzählige Keime desselben
in jedem Jahre erzeugt werden, leichter in neue Gebiete vordringen,
als ein anderer, von dem, wie von der Dracaena Orotavas, überhaupt
nur wenige Individuen vorhanden sind: weil der terrestrische
Raum, der seinen Schöpfungspunkt umgab, von Anfang an insular
begrenzt war. Oder weil die Wanderung auf dem Festlande so viel
leichter stattfinden kann, als über das Meer, so konnte eine kräftige,
continentale Art sich eines grossen Raums bemächtigen und hierdurch
auch die Chance, die Schranke des Meers zu überschreiten, sich erhöhen,
während das endemische Erzeugniss einer Insel um so weniger
sich vervielfältigte, je kleiner das Areal dieser Insel war. So ist also der
DER PFLANZEN WESTINDIENS. 249
Flächeninhalt der Archipele ein bedeutendes Moment, die organischen
Erzeugnisse zurückzuhalten. Ebenso erklärt sich sowohl aus diesem
Verhältnisse, wie aus dem Charakter der Meeresströmungen die Vertheilung
der Pflanzen Guianas auf den verschiedenen Inselgruppen
Westindiens, ihre allmähhche Abnahme in nördhcher Richtung bei wachsendem
, geographischen Abstände. Je kleiner die Inseln sind , desto
weniger endemische Pflanzen besitzen sie. Auf den grossen Antillen
wachsen verhältnissmässig weniger südamerikanische Gewächse, theils
weil der Meeresweg länger ist, theils weil die Anzahl der Autochthonen
ungleich grösser, die mit ihrer Individuenzahl zunehmende Kraft, ihren
Boden gegen fremde Einwanderung zu behaupten, hier einen grösseren
Widerstand leisten konnte. In dem nachfolgenden Verzeichnisse sind
die Polargrenzen der Guiana-Pflanzen, soweit sie bis jetzt bekannt sind,
angegeben.
Auf der anderen Seite lässt sich indessen aus den Arealen und aus
den Affinitäten der nicht endemischen Pflanzen Westindiens folgern,
dass eine gewisse Anzahl derselben nicht von dem Continent, sondern
von den Inseln ursprünglich ausgegangen und also in umgekehrter
Richtung gewandert ist. Wenn eine grössere Gattung oder innig verbundene
Artenreihe nur westindische Formen enthält bis auf eine einzelne
Art, welche den Inseln und dem Continent gemeinsam ist: so
- bildet die letztere hier ein fremdartiges, dort ein dem Typus der Erzeugnisse
entsprechendes Ghed, und, da die nahe hegenden Schöpfungscentren
eines Archipels durch Analogie ihrer organischen Bildungen
verbunden sind, so ist in solchen Fällen die Wanderung von den Inseln
zum Continent um so sicherer anzunehmen, je weiter die endemischen
Typen des Continents von jener Art durch ihren Bau abweichen. Tupa
ist eine Lobeliaceengattung, von der bereits 12 durch einen besonderen
Bau bezeichnete, westindische Arten beschrieben sind, während die
übrigen Peru und Chile bewohnen: T. persicifoha ist nun die einzige
Art der ersten Reihe, welche auch in Guatemala gefunden wird und
stimmt in ihrem Baue mit den übrigen westindischen Arten überein.
Ähnlich verhält es sich mit der Rubiaceengattung Rondeletia, von welcher
mir 32 westindische Arten vorgekommen sind und nur R. odorata
sich von Cuba nach Mexico verbreitet haben soll.
Eine besondere Reihe nicht endemischer Pflanzen Westindiens ist
bis jetzt nur an der Nordküste Südamerikas, in Venezuela und Neu-
Granada oder bis zum Isthmus von Panama beobachtet. Für diese Gewächse
gelten dieselben Bemerkungen, wie für die aus Guiana eingewanderten,
und, da ihre abgesonderte Zusammenstellung jetzt noch zu
vielen Zweifeln über die wirklichen Südgrenzen der einzelnen Arten
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