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BERICHTE ÜBER DIE FORTSCIIKITTE
1871). Das Thal des Wilui liegt grossentheils in einem Berg- und
Hügellande, aber die Erhebungen und auch jene kulminirenden Wasserscheiden
im Tunguskagebirge erreichen die Schneegrenze nicht und
bleiben unter dem Niveau von 2000' zurück. Die nach Nordwesten exponirten
Gehänge lassen, von rauhen Polarwinden getroffen, nur zwergartige,
verkrüppelte Holzgewächse aufkommen und sind fast von jedei-
Vegetation entblösst, wogegen die Südostseite des Gebirges durchgehends
von hochstämmigem geschlossenen Lärchenwalde bedeckt ist.
Die Uferlandschaft am mittleren und unteren Stromlaufe des Wilui ist
ebenfalls waldig, aber es kommen zugleich schöne Wiesen vor und
auch an Torfmooren fehlt es dem von zahllosen Seen erfüllten Tieflande
nicht. Das excessiv continentale Klima ist dem von Jakutsk ganz
ähnlich, die Mitteltemperatur wurde auf—9" R., die des Sommers auf
+ 11^, des Winters auf —31^ geschätzt (S. 26), Der Boden thaut im
Sommer bis zu einer Tiefe von drei bis vier Fuss auf, von Schnee ist
die Oberfläche kaum 3^/2 Monate befreit und die rasch entwickelte
Vegetation wird, während sie frisch und kräftig im schönsten Grün
prangt, noch vor Beginn des Herbstes von den neuen Schneefällen begraben.
Zuweilen leidet sie auch von Dürre, welche zu Anfang des
Sommers in gewissen Jahren eintritt. Uber die Vegetationsperiode
werden einige genauere Angaben mitgetheilt, die vermuthlich auf den
alten Stil zu beziehen sind; danach dauerte die schneefreie Zeit vom
15. Mai bis zum i. September (S. 29), die Birke begann gleichzeitig
mit der Sprossentfaltung der Lärche am 10. Mai sich zu belauben
(S. 56.). Mit dem Kornbau hat man bei Wiluisk seit einigen Jahren
Versuche gemacht, die Gerste gab das zehnte Korn, der Roggen ging
am Temperaturwechsel zu Grunde. — Aus dem ganzen Gebiete, dessen
Umfang auf 10,000 geographische Quadratmeilen geschätzt wurde, sind
450 Gefässpflanzen bekannt geworden, von denen Maack den grössten
Theil gesammelt hat; Neues hat sich in dem bis dahin unerforscht gebliebenen
Lande fast gar nicht ergeben. Es ist ziemlich dieselbe Flora
wie am Baikal; nach den ausführlichen Vergleichungen, welche der
Verfasser zusammenstellt, wachsen von den im Wiluigebiete beobachteten
Arten daselbst über 400 (407), aber mehr als die Hälfte (237)
auch noch in Deutschland, fast ebensoviele (224) sind in Skandinavien
einheimisch. Das Interesse, welches ein so grosser Umfang der Wohngebiete
darbietet, liegt namentlich darin, dass so viele Gewächse unseres
europäischen Seeklimas die härtesten Winter der Erde zu ertrao-en
vermögen. Diess erklärt sich indessen daraus, dass sie durch die
Schneedecke gegen die Kälte geschützt werden und dass also ihre Wanderung
nach Sibirien nur durch die Kürze der Vegetationsperiode und
IN DER GEOGRAPHIE DER P.FLANZEN.
dadurch beengt wird, dass die Wurzeln in den gefrorenen Boden nur
wenig eindringen können. Hierdurch werden die meisten nordeuropäischen
Bäume zurückgewiesen, es bleiben im Wiluigebiete von ihnen
nur noch acht Arten übrig und davon sind nur drei zu grösseren Beständen
vereinigt. Li dem Bereich der dortigen Nadelwälder treten die
Kiefer (Pinus sylvestris) und die Fichte (P. Abies var. obovata) gegen
die Lärche (P. Larix var. daurica) zurück, die Arve erscheint nur in
ihrer ostsibirischen Strauchform (P. Cembra var. pumila). Von Laubhölzern
sind Birken, Pappeln und Weiden vorhanden, sie scheinen
hauptsächlich die Ufer der Flüsse zu begleiten.
M e d i t e r r a n f lora. — Kein Hochgebirge der Erde erregt durch
seine geographische Lage ein grösseres geobotanisches Interesse als
der marokkanische Atlas, aber ungeachtet seiner leichten Zugänglichkeit
schien derselbe wegen der politischen Verhältnisse des Landes
europäischer Forschung unnahbar zu sein. Was indessen Balansa vor
wenigen Jahren vergeblich versuchte (vergl. vorigen Bericht, oben
S. 381), ist Hooker gelungen, im Frühjahr 1871 auszuführen und
den wichtigsten, bis dahin auch geographisch unbekannt gebhebenen,
westlichen Theil der Kette zwischen dem Meridian der Hauptstadt
und der atlantischen Küste erfolgreich zu untersuchen. Bis jetzt
liegen über diese denkwürdige Reise nur die unterwegs geschriebenen
Briefe vor, denen hoffentlich bald eine ausführlichere Berichterstattung
folgen wird (Ascent of the Great Atlas, described in two letters to Sir
R, Mttrchison by y. D. Hooker^ Proceed, of R. geogr. soc. for 1871,
und Foreign correspondence in Gardener's Chronicle for 1871). Die
beiden ersten Briefe enthalten die Nachrichten über die während des
Mai besuchten Theile des Atlas, die letzteren beziehen sich auf die
Reisen im April nach Tetuan und von Mogador bis Marokko.
Höhen (in englischem i^ussmass) wurden von Ball^ dem Begleiter
Hooker's^ mit dem Aneroid-Barometer bestimmt. Der unmittelbar aus
der Ebene Marokkos aufsteigende Kamm, der durch das grosse Längsthal
Sous von dem der Sahara zugewendeten „Anti-Atlas" getrennt
wird, wurde im Süden der Hauptstadt 12,000 und an einem westhcher
gelegenen Punkte 11,500' hoch gefunden. Die höchsten Gipfel schienen
zu etwa 13,000' sich zu erheben. Lange Schneestreifen reichen überall
in den Furchen des Abhanges noch Ende Mai bis zum Niveau von
7600 oder 8000' herab. Der höchste Theil der Kette äber war nirgends
von ewigem Schnee bedeckt, wie diess nach Rohlfs an weiter ostwärts
gelegenen Gipfeln der Fall ist, und ebenso wenig wurden Gletscherbildungen
bemerkt. Während der Reise traten freilich in der alpinen
Region so starke Schneefälle ein, dass die Reraira-Kette N. Br.)
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