
UBER DIE VEGETATIONSIJNIEN
Obere Terrasse. Untere Terrasse,
Pyrola media Sw. Meissner!, liuy : Sc/i. Boitzenburg: Langrn,
Polemonium coeruleum L. I-Larz: lip.! Pommern: Sclini.
Salix bicolor Ehrh. Brocken: I/p. ! Pommern : ScJwi,
Betula nana L. Oberharz! Russische Ostseeprovinzen;
Fleisch.
Corallorrhiza innata Br. Oberharz: M. ! Vormals Neustrelitz: Langm. !
Elm nach Chemnitz. (Mittelmark: Dir.)
Peristylus albidus Lindl. Ith! Holstein: Nt,
P. viridis Lindl. Ith! Jütland: Fr.
Liliuni biilbiferum L. Harz: M. Dänemark : Fr.
DES NORDWESTLICHEN DEUTSCHLANDS
Die obere Terrasse des Gebiets ist überall von Höhenzügen anstehenden
Gesteins erfüllt, wodurch, je nachdem Kalk oder Kieselerde
mit thonigem Bindemittel in der Gebirgsart vorherrschen, der wesentliche
Charakter der Bodenmischung bestimmt wird. Das ebene Land
jenseits der Berge hingegen, die Geest in der Sprache des Volks, deren
Geschiebe den einstigen Meeresboden ankündigen, ist mit losen Erdkrumen,
meist sandiger Beschaffenheit, oft bis zu unermessenen Tiefen
überschüttet, und gewährt da, wo die Neigung des Bodens verschwindet
oder sich den Wasseradern nicht fügt, den ausgedehntesten Torflagern
Raum. Diese Gegensätze sind die augenscheinliche Bedingung
der verschiedenartigen Vegetation auf beiden Terrassen. Sie würden
noch bei Weitem einflussreicher erscheinen, wenn nicht durch örtliche
Ausnahmen vom allgemeinen Charakter des Tieflandes Anlass zu sporadischen
Fundorten fremdartiger Pflanzenformen geboten würde.
Wenn wir den Mangel des Kalkgehalts in der Erdkrume jener Ebenen
als die vorzüglichste Ursache ansehen müssen, wodurch die Gewächse
der oberen Terrasse von ihnen ausgeschlossen werden, so ist begreiflich,
dass da, wo die höchsten Gipfel der verschütteten Jura- oder
Kreidebildungen aus dem losen Meeresboden hügelförmig hervorragen,
auch wieder Kalkpflanzen auftreten. Solche Spuren von Kalkvegetation
finden sich nicht blos am südHchen Rande der Ebene, sondern auch an
mehreren Punkten der Lüneburger Haide bis zur Altmark. Ferner gehören
Mergellager im Bereich der sandigen Tertiärbildungen und Alluvien
zu den häufigen Erscheinungen und geben, wo sie die Oberfläche
berühren, zu ähnlichen Erscheinungen Anlass. So wachsen, ohne dass
Kalkgestein anstände, zwischen Brome und Gifhorn (unweit Ehra) in
einem unbedeutenden Eichengebüsch Genista germanica und tinctoria,
Trifolium alpestre, Euphorbia Cyparissias, Geranium sangumeum,
Hypochoeris maculata, Convallaria Polygonatum u. a.: Pflanzen, die
man nicht leicht in jener öden Haide erwartet und anderswo m der
Gegend nicht antrifft.
Solchen örtlich immer nur eng begrenzten Eigenthumhchkeiten
ae^enüber giebt es zwei allgemeinere Verhältnisse, die dazu beitragen,
die Bodenverschiedenheit beider Terrassen zu vermindern, wovon das
eine eben so bekannt als das andere minder beachtet ist. Die Geest
wird nämlich nicht blos an der Küste und den Flussufern von den kalkhaltenden
Marschniederungen eingefasst, sondern auch der der obern
Terrasse zugewendete Rand weicht in seiner Bodenmischung von den
Haiden und Mooren wesenthch ab.
Die Marschen, die, als fortschreitende Bildungen gegenwärtiger
Zeit ihren Kalkgehalt theils dem Meere verdanken, theils von fernliegenden
Bergzügen durch den Lauf des fliessenden Wassers stetig erneuern,
haben ungeachtet des angemessenen Bodens kaum Spuren von
der Vegetation der obern Terrasse entlehnt, was als em Beispiel unvollendeter
Pflanzenwanderung gelten kann. So lange eine Kultur
währt, wo jede Spanne des dargebotenen Ackers von Saat und Wiese
arünt, werden sie niemals dem vollen Schmuck der freiwillig zeugen- o '
den Natur entgegenreifen.
Anders verhält es sich mit jenem schmalen Streifen fruchtbaren
Landes, welcher, den letzten zusammenhängenden Höhenzügen entlang
von Osnabrück über Hannover und Braunschweig nach Neuhaldensleben
und durch die Magdeburger Börde bis Barby, endlich von
hier in das östliche Deutschland weit hinübergreifend, den plötzlichen
Übergang von der obern zur untern Terrasse mildert und seiner Lage
am Rande des Tieflandes gemäss mit den Marschen zu vergleichen
wäre. Ebene Oberfläche und Seltenheit anstehender Gesteine reihen
diesen Landstrich dem alten Meeresboden der Geest an, mit deren Geschieben
er gleichfalls bedeckt i ist: aber die durchgehends lehmige,
kalkhaltige Erdkrume ruft hier eine höchst abweichende Vegetation
hervor, welche uns nöthigt, bei der botanischen GUederung des Gebiets
dieses Vorland der Flötzterrasse selbst beizuzählen, von welcher
im Laufe so vieler Jahrhunderte die meisten charakteristischen Gewächse
sich hier unten angesiedelt und erhalten haben. Die Ver-
• gleichung mit den Marschen ist demnach für die natürHche Verbreitung
1 Einige grosse, erratische Blöcke liegen z. B. noch jetzt unmittelbar am Fusse der
Kruxburg bei Lichtenberg, also genau am Grenzpunkte beider Terrassen, oder am ehemaligen
Gestade des Diluvialmeeres.
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