
f: ^
-I
UBER DIE BILDUNG DES TORFS
Senkung zurückblicken. Wo das Festland, ohne durch Abspülung oder
Anschwemmung verändert zu sein, tiefer liegt als das Meer, nur da ist
eine Senkung des Bodens nothwendig anzunehmen. In dieser Einschränkung
bezieht sich das Problem auf die von Deichen umzirkten
und dadurch von der Thätigkeit des Meeres abgesonderten Marschen
Hollands und Westfrieslands, in so weit sie nicht künstlich trocken gelegt
worden sind. Um es zu lösen, hat man mit allem Anschein der
Wahrheit auch hier in der älteren Litteratur nur auf örtliche Verhältnisse
Rücksicht genommen und diese Vorgänge niemals als eine allgemeine,
von tieferen, aus dem Erdinnern wirkenden Ursachen abhängige
Erscheinung aufgefasst. Sind jene Ansichten begründet, so
können sie, auf die Marschniederungen eingeschränkt, für die Entstehung
der Hochmoore ohne Interesse sein. Nur wenn die Nordseeküste
des Continents ein Senkungsfeld im Darwm'schen Sinne ist,
werden neben den Marschen auch die Flächen der Geest von derselben
Kraft getroffen, das heisst Gegenden, deren Abstand vom Meere unmittelbare
Vergleichungen des Niveaus zu verschiedenen Zeiten erschwert
oder ganz unmöglich macht.
LEpie 1 und alle ihm nachfolgenden niederländischen Schriftsteller
sind geneigt, die Senkung der Marschen von einer Veränderung herzuleiten
, welche deren Erdkrume in historischen Zeiten getroffen hat.
Gleich den Torfmooren, behaupten sie, sinke jedes Alluvium durch
Entwässerung in sich zusammen. Vom Meer und von den Flüssen, die
sie einst tränkten, wurden die Marschen durch die Deiche abgeschnitten.
Wenn sie ehemals gleichförmig von den Binnengewässern benetzt und
durchdrungen waren, hat seitdem ein vollendetes Entwässerungssystem
überall dazu beigetragen, das Feste vom Flüssigen abzusondern. Unzählige
Kanäle durchschneiden das Land und befördern die Austrocknung
jeder Feldbreite zu geeigneten Jahreszeiten. Weite Flächen, die
einst von Seen und Sümpfen bedeckt waren, sind durch Schöpfmühlen
in Acker- und Wiesenboden verwandelt worden. Das getrocknete Land
ist eingesunken. Aber die Wirkungen müssen je nach der Lage und
Beschaffenheit des Bodens verschieden sich gestalten, und so ist auch
der Grad, bis zu welchem die Flächen sich gesenkt haben, in den einzelnen
Marschen ungleich.
Wollte man daran zweifeln, dass der Schlick, aus dem Flüsse und
Meer die Marschen gebildet haben, durch Abwässerung wirklich so bedeutend
zusammensinke, so liegt noch eine andere, höchst wichtige
Thatsache vor, wodurch die von Kanälen abhängigen Senkungen des
^ VEpie a. a. O., p. 67.
IN DEN EMSMOOREN. 109
Torfbodens weit bestimmter mit denen Hollands unter denselben Gesichtspunkt
treten. Von Schleswig ^ bis zur Scheide liegen allgemein
unter den See-Alluvien Torflager. Sie führen in Ostfriesland den
Namen Dargschichten und sind von Arends genau beschrieben worden
(als Marschmoore oder Untermoore). Sie hegen hier 4—10 und mehr
Fuss unter dem Marschboden2; zu Campen, unweit Emden, ist man
erst unter 44 Kleiboden (See-Alluvium) auf Darg gestossen^, das heisst
ebenso tief unter dem Niveau des Meeres, als die höchsten Theile der
heutigen Geest in den Küstenprovinzen sich über dasselbe erheben
In den Warfen daselbst fand man z. B. folgende Schichtenreihe von
oben nach unten: Klei 10—14 ; Knick, das heisst eine feste, von Eisenoxyd
gebundene Abart des Thons mit freier Säure, an der Luft in Pulver
zerfallend, 2—3'; Klei oder Eschergrund, d. h. kalkhaltiger Lehm,
15—18'; Darg 6—15' ; Sand oder Lehm 2—12'. Dann erst folgte die
Sandunterlage der Geest Die Stärke der Dargschichten schwankt in
Ostfriesland zwischen i und 15', im Mittel beträgt sie 2—4'. In Holstein
kommen sie bei Brockdorf bis zu 20' Dicke vor^. Der Darg ertheilt
dem Substrat eine schwärzliche Farbe, er besitzt sein Sohlband, so vollkommen
gleich ist er den Torfmooren der Gegenwart.
Besonders wichtig sind die Wechselablagerungen des Dargs mit
Alluvialschichten, die eine periodische Überfluthung des Meeres ausdrücken.
Bohrungen in Ostfriesland und Holstein, wie auch in Holland,
haben sie ausser Zweifel gestellt. Eine Bohrung zwei Stunden westlich
von Emden traf auf folgende Schichten : Alluvium 13'; Darg 4'; Sohlband
1'; Alluvium i' ; Darg 2'; Sohlband i' ; Alluvium i ' ; Darg i';
Alluvium 2'; Darg 3'; Sohlband aus Sand i' = 30"^.
LEpie leitet die Senkung Hollands namenthch von der fortschreitenden
Verwesung der Untermoore ab, eine Vorstellung, die nach den
in den Torfmooren nachgewiesenen Verhältnissen, sowie wegen der erhaltenen
Textur des Dargs selbst zu verwerfen ist. Allein der Einfluss
der so sehr vermehrten Entwässerungsmittel auf diese unterirdischen
1 Tetens Reisen in die Marschländer an der Nordsee, Bd. i, S. 172. Leipzig 1778.
2 Arends, phys. Gesch., Bd. i, S. 84.
3 Ebenda, S. 231.
4 Ostfrieslands Geest erhebt sich 40^/4' über den Dollart im Neupfalzdorfer Moor bei
Aurich (ebenda S. 25), die Provinz Drenthe 50' über die Zuydersee (Tegenw. St. van
Drenthe, p. 150).
Arends^ Ostfriesland und Jever. Bd. i, S. 22.
6 Kziss, Naturbeschreibung der Herzogthümer Schleswig und Holstein. Altona 1817,
S. 36.
Arends, phys. Gesch., Bd. i, S. i49-
;.,.' ii
vi