
44 ÜBER DEN VEGETATIONSCHARAKTER VON HARDANGER IN BERGENS STIFT. 45
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fjelde, die Schneelinie ist daselbst um 700' elevirt, es ist die grösste
zusammenhängende Hochfläche der Seitenterrasse, nur ihrem die Mittelhöhe
der Langfjelde übertreffenden Niveau sind die grossen Firnmassen,
die sie trägt, zuzuschreiben. Die Jisbraeer erreichen eine Höhe von
6400'. Hiemit ist also das Phänomen, von dem wir ausgingen, so weit
es auf Messungen der Schneegrenze beruht, nur auf den Folgefonden
in Hardanger eingeschränkt.
Unter den Messungen der Schneelinie am Folgefonden habe ich
auch die Angabe von L. von Bttch^ weil sie häufig angeführt wird, nicht
übergehen wollen, allein da sie nur auf einer irrigen Schätzung Herzbcrg's
zu beruhen scheint, ist kein Gewicht auf dieselbe zu legen. Aus
dem Mittel der beiden andern Messungen ergiebt sich für die Ostseite
des Folgefonden eine lokale Depression der Schneehnie um 470', für
die Westseite um 790'. Diese Depression ist daher geringer, als die
Elevation auf den Langfjelden. An der Ostseite doppelt so gering, als
sie früher gehalten worden ist, erklärt sie sich aus den örtlichen Verhältnissen
der Lage des Folgefonden.
Dieser Berg ist durch die ihn umschhessenden Fjorde von den
nahen Langfjelden vollständig abgesondert, er nimmt daher an der Erwärmung
des Plateaus keinen Antheil. Nach allen Seiten schroff ab-'
fallend, bildet er oben eine kuppenförmige Plattform, welche im südlichen
Theile sich ganz allmählich bis zu 5240' [Naitm.] also mehr als
500' über die normale Schneelinie hebt. Ein grosser Theil derselben
trägt daher seiner Polhöhe gemäss ewigen Schnee. Überall hangen von
dem Firne in seinen flachen Seitenschluchten Gletscher herab, zuweilen
bis in die Nähe des Meers, wie der von Bondhuus-Dalen, der erst im
Niveau von 1000' endigt. Hiedurch werden die Abhänge des Berges
erkältet. Das ringsfliessende Meer häuft viel Nebel an, die auf den Firn
sich niederschlagen und ihn vermehren. Aber die Nebel sind an der
Westseite über dem Samlenfjord viel häufiger, als da, wo der trockne
Ostwind von den Langfjelden herüberkommt: deshalb liegt der Firn
dort mehr als 300' tiefer. Was aber am entschiedensten die rein örtlichen
Wirkungen des einmal gebildeten Firns und Eises zeigt, ist der
Umstand, dass die nördliche Fortsetzung des Folgefonden gegen Utne
bei ganz gleicher Lage und Berggestalt grösstentheils schneefrei ist:
denn hier ist der Berg nach mehreren Messungen von Herzberg und
Naumann nur noch 4500' hoch^ also freilich höher als die nunmehrige
^ Die Messungen Smitlis scheinen sich auf den mittleren Theil des "Berges zu beziehen.
Mit Naumann stimmt Herzberg beinahe überein, der dem Folgefonden eine Höhe
von 5300' zuschreibt.
Firnreaion, aber nicht mehr deren Einflüsse ausgesetzt. Die Lage des
Hardan<^erfjelds über Ullensvang verhält sich, so nahe dieser dem Folgefonden
liegt, gerade umgekehrt: er hängt in der ganzen Breite rückwärts
mit den Langfjelden zusammen und wird gegen den Seewind
durch den Folgefonden geschützt. . • - U T
So muss ich denn in Bezug auf den Folgefonden der Ansicht L.
V BucUs beitreten, wiewohl diese in Norwegen keinen Beifall gefunden
hat Aber auch nur in Bezug auf den Folgefonden halte ich sie für
richtig, wo auch die-Baumgrenze so viel tiefer liegt, als an irgend einer
andern Fjordwand. Denn die allgemeine Depression der Vegetationsgrenzen
gegen die Küste erklärt sich einfach aus der Abnahme der
Sommerwärme.
Aber eine ganz andere Gestalt gewinnt diese Untersuchung, wenn
Herzber£s Meinung von einer historischen Abnahme der Waldungen, von
einer vermehrten Anhäufung des Schnees gegründet ist. Ich habe oben
zu einem andern Zwecke die Vermuthung geäussert, dass die verminderte
Menge der Bäume wohl von dem Verluste des urbaren Bodens
an den Fjordwänden abhängen könne. Allein diese Ansicht erklart die
Thatsachen nicht vollständig. Die wichtigste Beobachtung unter denen,
die eine wirkliche Änderung der Baumgrenze beweisen, besteht dann,
dass auf dem Rücken des Plateaus in den Morästen allgemein Uberreste
von Bäumen vorkommen. Diese sind zu häufig , als dass sie durch
Menschenhand sollten dahin gebracht sein können. Ich habe oben auf
dem Plateau des Folgefonden über Aga selbst.Holzstämme, die wohl
erhalten sind, aus dem Torf herausschaffen lassen. Ich habe sie mikroskopisch
untersucht und gefunden, dass sie von Pinus sylvestris, also
nicht einmal von der Birke waren. Auf den Schweizer Alpen hört
die Kiefer ^600' unterhalb der Schneelinie auf, die Rothtanne 2300'
[Wahlcnb.]. In Norwegen, wo die Kiefer etwas höher ansteigt als die
Tanne, halten sich diese Bäume gegenwärtig genau in demselben Abstände
vom Firn, wie dort.
Coniferengrenze.
2750' [Naum.)
2700' ( - )
2900' [Blytt)
i g o o ' [Sc/i02(w)
Sclineelinie.
5050'
5250'
5200'
4220'
Abstaiïd.
2300'.
2550'.
2300'.
2320'.
Dovrefjeld (Pin. sylv.) . . •
Filefjeld bei Steppen (Pin. Abies.
Gaustafjeld (Pin. Abies.) . .
Folgefonden, Ostseite (Pin. sylv.)
Norwegen besitzt daher in seinen Gebirgen Coniferenwälder, soweit
deren Vegetation überhaupt möglich ist. Die Wurzeln und Stamme
der Fichte, die auf dem Folgefonden noch bei 4000', also nur 200
unter der wirklichen, oder etwa 700' unter der berechneten Schneehnie
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