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122 ÜBER DIE BILDUNG DES TORES.
liehen Producten wird nicht blos der Ertrag des Grundeigenthums auf
die geringste Stufe des Werthes herabgedrückt, sondern es erwachsen
daraus auch moralische Nachtheile flir die, welche auf solchen Erwerb
beschränkt sind. Nur in gewissen Zeiten des Frühlings und Herbstes
werden ihre Kräfte in Anspruch genommen, und die Erfahrung hat
nicht gelehrt, dass die langwährende Müsse sie zu anderweitigen Industriezweigen
angereizt hätte, wozu ihnen Kapital oder Geschick zu
fehlen scheint. Oder vielleicht ist ihre Trägheit auch physisch bedingt
durch so einförmige und von Stärkemehl strotzende Nahrungsmittel,
auf welche ihr Ackerbau sie verweist. Allein die übelste und nothwendigste
Folge desselben liegt tiefer. Jede höhere Verwerthung des Bodens
ist unmöglich, jeder landwirtschaftliche Fortschritt der Brandkultur abgeschnitten
: denn ein durch Mühe und Fleiss erworbenes Kapital kann
nur da in der Ackerkrume angelegt werden, wo Erzeugung von Dünger
und von Kulturgewächsen zusammenwirkt. Wo die Viehzucht, wie
hier, aus Mangel an Futter und Weideland nicht bestehen kann, da ist
der Ackerbauer nur dem Glücke und der Witterung hingegeben und
mittellos, aus eigener Kraft zum Wohlstande seines Hauses .zu streben
und der Zukunft Sorge abzuwenden.
Allein diese traurigen Verhältnisse, die an der reinen Brandkultur
der Moore haften , gehören nur der Vergangenheit an , oder sie haben
nie in grösserem Umfange bestanden, indem die Moorbauern älterer
Zeit in der Geest sesshaft waren und die Brandkultur, wie auch jetzt
vieler Orten geschieht, nebenbei betrieben. Es erschien nothwendig,
die F'olgen einer so unvollkommenen Kulturmethode von anderweitigen
Hülfsquellen abgesondert zu betrachten, um den Segen in vollem Maasse
würdigen zu können, den die Stiftung der Kolonate über das Bourtanger
Moor verbreitet hat. Auch sie beruhen zwar bis jetzt noch grossentheils
auf der Brandkultur, aber neben dieser hat der Staat ihnen einen Boden
geschaffen, auf dem sie wenigstens theilweise so mannigfache Übel abzuwehren
im Stande sind. Inzwischen hat mit der durch die neuen Anstalten
gewachsenen Bevölkerung der Buchweizenbau an Ausbreitung
noch zugenommen, und so giebt es nur wenige Strecken, wo das Urmoor
unberühit läge. Hierbei ist nun auch, ehe wir zu den wirtschaftlichen
Verhältnissen der Kolonate uns wenden, ein viel beklagter Nachtheil
zu erwähnen, den die ausgedehnte.Brandkultur nicht allein für die
Bewohner der Moore selbst herbeifülirt, sondern für alle umliegenden
Landschaften, ja über das ganze nordwestliche Deutschland ausbreitet.
Die Brandkultur ist, wie durch F i n k e ' s gründliche Untersuchung dargethan
ward, die Mutter des Moor- oder Höhenrauchs, der in der besten
Jahreszeit unseres ohnehin nebelreichen Klimas oftmals die befruchtende
IN DEN EMSMOOREN.
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Sonne verhüllt und allen Reiz der Frühlingsnatur in den nachbarlichen
Landschaften zerstört. Mag nun die vom Höhenrauch verdunkelte Atmosphäre
auch keinen anderen Schaden stiften, als dass sie den frohen
Blick in die heiteren Lüfte raubt und, wie das Auge, so das Geniuth
umdüstert, oder mag es begründet sein, wie es wahrscheinhch ist, dass
sie die EntWickelung der Vegetation hemme und die Ernte der Culturo
ewächse verzögere: gewiss giebt es nur ein einziges Hei^lmittel gegen
diesen traurigen Nebel, der erst seit anderthalb Jahrhunderten alljährlich
in unserem Vaterlande wiederkehrt: ein Heilmittel, welches eben
jetzt die Aufgabe ist darzustellen, die Entwickelung der Moorkolonien
durch Anlage von Kapital. _
Bei der Stiftung der Bourtanger Kolonien ging man von der Erfahrung
aus, dass die Torfsubstanz der Hochmoore, mit thierischem
Dünc^er gemischt, zum Getreidebau geschickt wird. Man hess sich
nieder an den Moortangen,, worunter die Geestinseln und Landzungen
verstanden werden, welche an einigen Orten aus dem Torfsumpf hervortreten
oder nur durch flache Humuslagen verdeckt sind. Hier fand
man Weideplätze, freilich von geringem Umfange, auf welchen dei
erste Stamm einer Heerde gehalten werden konnte. Denn wo der Torf
mit sandiger Erdkrume sich mischt oder wo diese Mischung, wie hier
mit leichter Mühe geschieht, künstlich bewerkstelligt ist, entsteht eine
Vegetation von Gräsern. Mit dem gewonnenen Dünger konnte das anliegende
Moor befruchtet, und, soweit die durch den Umfang des Graslandes
beschränkte Düngererzeugung reichte, mit Halmfrüchten bestellt
werden. Unter den Getreidearten ist es vorzüglich der Roggen , clei
unter solchen Bedingungen auf das Üppigste gedeiht. Die mechanische
Bearbeitung des Bodens ist von der bei der Brandkultur nicht wesentlich
verschieden. Jedes Jahr aufs Neue gedüngt, das heisst mit mineralischen
Nahrungsmitteln versehen, kann Roggen ohne Fruchtwechsel
unbestimmte Zeit ununterbrochen gebaut werden. Auch würde die
Wechselwirtschaft hier ihrer natürlichen Grundlage entbehren, wo ohne
Ausfuhr nach auswärts durch die Ernten vom Dünger so gut wie nich s
verloren geht, sondern die verbrauchte Erdkrume in anderer P orm vollständig
in den Boden zurückkehrt. Denn der Torfboden an sich besitzt
wie der Getreidebau auf ungedüngten, nur gebrannten Ackern zeigt,
nicht die zur Ernährung der Cerealien erforderliche Mengx von mmeralischen
Bestandtheilen. Auch der Buchweizen erschöpft den Boden
in wenigen Jahren vollständig. Es leuchtet daher ein, dass die Aschenbestandtheile
des Roggens in demselben Grade, als dessen Ertrag den
der Brandkultur übertrifft, vom Dünger abhängig smd. Der Dungei
aber stammt wieder von der vorjährigen Heu- und Getreide-Ernte. Es
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