
464 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
von Peking- aus in die Mongolei und nach Centraiasien erfolgreich ausführte,
liegen kurze, aus dem Russischen übersetzte Berichte vor, in
denen auch auf die Vegetation von früher nie durch Naturforscher bereisten
Landschaften besondere Rücksicht genommen wird (Geogr.
Mittheilungen, 1873, S. 84, 270, und '1874, S.41). Im ersten Jahre
wurden die an der nördlichen Biegung des Hoangho sich hoch erhebenden
Randgebirge der Gobi, des Inschan und die langgestreckte Kette
des Aläschan, untersucht und nachgewiesen, dass dieselben reichlich
bewässert sind und Waldregionen besitzen, die in den übrigen Gebirgen
der südöstlichen Mongolei nicht gefunden werden. Am Inschan (42*^
n. Br.), dessen höchster Gipfel zu 7400' geschätzt wurde, ist wegen
des steilen Absturzes zum Hoangho der nördliche, der Gobi zugewendete
Abhang sogar stärker bewaldet als der südliche. Aber der Wald,
fast nur aus Laubhölzern bestehend, ist ohne üppiges Wachsthum, die
Bäume sind nicht hoch, ihre Stämme dünn und die Sträucher niedrig
und krummwüchsig. Die untere Grenze der Waldregion am Nordabhange,
von der sie abwärts in Gesträuche überging, wurde zu 5300'
geschätzt: nach aufwärts wird der Wald dichter, die obere Baumgrenze
ist nicht angegeben, aber darüber folgte eine alpine Region von Alpenmatten
, „ein von den mannigfaltigsten Blumen buntfarbiger Grasteppich".
Herrschende Bäume der Waldregion am Inschan: Betula,
Populus tremula, Salix; eingemischt Alnus, Populussp., Ulmus,
Acer, Sorbus, Prunus armeniaca, von Nadelhölzern:
Pinus, Juniperus (selten) und am Südabhang angeblich eine
Thuja. Das dichte Unterholz besteht grösstentheils aus einem
Corylus: von anderen Sträuchern werden genannt: Rubus
idaeus, Ribes rubrum, Spiraea, Rosa, Persica.
Jenseit des Hoangho, dessen Thalniveau nach dem Siedepunkte
an zwei Punkten zu 3320 und 3458' bestimmt wurde, bildet das von
dem Bogen des Stromes umflossene Gebiet der Ordos Anfangs ein dem
Ackerbau zugängliches Wiesenland, aber in einiger Entfernung folgen
öde Dünen von Flugsand mit einzelnen Oasen, die mit einem Leguminosenstrauch
bewachsen sind, und weiter südwärts bis an den Fluss
reichende Salzsteppen. In den bei den Ordos verlebten drei Sommermonaten
brachte der zu dieser Zeit herrschende Südostwind starke und
zahlreiche Regengüsse; die meisten Regentage (i8) fielen auf den Juli,
während die Wärme einen hohen Grad erreichte (Maximum 37^0.);
von Mitte August an begann ein klares Herbstwetter, welches bis zum
November dauerte, nachdem der Reisende die westlich vom Hoangho
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IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN.
gelegene alpine Kette des Aläschan und die jenseitige, mit demselben
Namen oder auch als Trans-Ordosland bezeichnete Wüste der Ölöt-
Mongolen erreicht hatte.
Die höchste Erhebung des Aläschan wurde nach dem Siedepunkt
10,650' hoch gefunden und erhob sich 5800' über seine Grundfläche.
Über dem mit Gras bewachsenen Fusse des Gebirges beginnt der Waldgürtel
an der Westseite im Niveau von 7800' und besteht hier fast
ausschliesslich aus Fichten (Pinus Abies), die nur späriich mit Espen
(Populus tremulä) untermischt sind. An der dem Strom zugewendeten
Ostseite reicht der Wald wahrscheinlich tiefer hinab und besteht hier
aus Laubholz, hauptsächhch aus niedrigen Espen, mit vereinzelten
Kiefern (Pinus sylvestris) und Wachholder. Am Aläschan wurde auch
die obere Grenze der Waldregion bestimmt und 10,000' hoch gefunden.
Auf den alpinen Matten weideten Yak-Heerden. Die jenseitige Wüste
der Ölöt besteht grossentheils aus Flugsand ohne alle Vegetation. Nur
in den Salz-und Lehmsteppen, die damit abwechseln, wachsen drei
oder vier succulente Dornsträucher und einige Gräser,, von denen der
Unterhalt der Nomaden und ihrer Kameelheerden abhängt. Das wichtigste,
noch unbestimmte Futtergewächs ist der auf lehmigem Sandboden
allgemein verbreitete Sak, ein Holzgewächs von doppelter Mannshöhe,
dessen blattlose hängende Zweige ungemein saftreich sind. Die
einzige Nahrungspflanze.der Ölöt-Mongolen ist eine auf nacktem Sande
wachsende stechende Graminee (Szulchir), deren Körner eine schmackhafte
Speise geben, aber ihr Gedeihen hängt davon ab, ob der Sommer
hinreichenden Regen bringt.
In den beiden folgenden Jahren drang Prshewalski zum Salzsee
Kukunoor vor, dessen Niveau er etwa 10,000' hoch fand, und zu den
Gebirgsketten, die ihn umgeben und in denen der Hoangho entspringt.
Auf den nordöstlich von der Stadt Sining gelegenen Bergen wuchs die
vor Kurzem von Bâillon zum ersten Male beschriebene, durch den aus
dem Boden hervorragenden Stamm ausgezeichnete, ächte Rhabarberstaude
(Rheum officinale), (vergl. vorigen Bericht, S. 424). Die Hochsteppen
am Kukunoor zeigten sich äusserst fruchtbar und boten ein
reiches Thierleben, zahllos weideten die Herden der mongohschen
Nomaden auf der Grasfläche. Nachdem das hohe Gebirge am südhchen
Ufer des Sees überstiegen war, gelangte man in die etwa 1000' tiefer
gelegene sumpfige und salzhaltige Ebene des Tsaidamflusses, die sich
weithin nach Westen bis zum Lob-Noor ununterbrochen ausdehnen
soll. Die Mongolen erzählten, dass dort wilde Kameele in Freiheit
leben; wo der russische Reisende das Gebiet des Tsaidam berührte,
erschien es als die mit Schilf bewachsene wagerechte Fläche eines ehe-
A. G r i s e b a c h , Gesammelte Schriften. 30
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