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46 ÜBER DEN VEGETATIONSCHARAKTER
gefunden werden^ können unter den jetzigen klimatischen Bedingungen
dort nicht entstanden sein. Es ist eine nothwendige Folgerung aus dem
allgemeinen Vorkommen dieser vegetabilischen, unversteinerten Überreste
der Vorzeit, dass die Temperatur auf dem Fjeldplateau einst viel
höher gewesen sei. Andere Umstände leiten auf dasselbe Resultat. Es
ist eine allgemeine in Hardanger verbreitete Sage, dass dieFjelde einst
bewaldet und bewohnt gewesen seien. In gewissen Ortsnamen soll die
Erinnerung sich erhalten haben: doch dienen solche Verknüpfungen
nur zum Beweis, dass die Meinung besteht, nicht zu deren Begründung.
So nannte man mir eine Niederung bei der Sennhütte von Oppedal,
welche Finnebue heisst, zum Beleg, dass hier einst Finnen gewohnt
haben, aber Andere sehen in dem Namen nichts weiter, als dass hier
ein Weideplatz gefunden sei. Viel entscheidender für jene Ansicht sind
aber die neuerlich, namentlich auf dem Hardangerfjeld entdeckten
Ruinen menschlicher Wohnungen, welche das Gepräge des höchsten
Alterthums tragen und so viele einzelne Merkwürdigkeiten enthalten,
dass ganz abweichende Sitten der einstigen Fjeldbewohner daraus erkannt
werden. Der Stiftamtmann Christie wollte in der Zeitschrift Urda
ausführliche Nachrichten über diese Denkmale der ältesten Geschichte
des Nordens mittheilen. So nahe es übrigens hegt, die Überreste des
Waldes und der menschhchen Kultur aus einer gleichzeitigen Vernichtung
des Bestehenden hervorgegangen sich vorzustellen, so bleibt diese
Idee doch ganz hypothetisch. Jahrtausende können zwischen der Waldperiode
und den menschlichen Ansiedelungen hegen. Man findet in
jenen steinernen Ruinen grosse Massen von Rennthierknochen, welche
beweisen, dass die Fjeldbewohner von der Jagd lebten. Wilde Rennthiere
giebt es auch jetzt noch genug auf den südlichen Fjelden für den,
welcher es nicht scheuen wollte, neun Monate des Jahrs vergraben im
Schnee zu leben.
Die Bildungsepoche jener Fichtenstämme ist hingegen nach geologischem
Maassstabe in eineunermesslich ferne Vorzeit zurückzustellen,
\Yie jede Erscheinung, welche eine grosse Mimatische Änderung anzunehmen
nöthigt. Das ganze Land besitzt ja noch jetzt ein so warmes
Khma, dass sich nirgends in Europa die Isothermen so weit nach Norden
krümmen wie dort. Wie sollte es nun unter den Bedingungen der
gegenwärtigen Erdperiode noch so viel wärmer gewesen sein, dass es
Wälder in einer Höhe von 4 — 5000' besessen hätte, gleich den Alpen ?
Diesen Betrachtungen aber steht die vollkommene mikroskopische
Gleichheit der Structur zwischen dem damals und jetzt gebildeten
Fichtenholze wiederum entgegen. Auch sind die Fjeldmoräste, von
denen jene Reste eingeschlossen sind, eine Bildung der jetzigen Epoche.
VON HARDANGER IN BERGENS STIFT. 47
Aber ebenso schreitet die Erhebung Norwegens aus dem Meere auch
in der gegenwärtigen Zeit stetig fort. Durch die höchst wichtigen Untersuchungen
Keilhmis ist es festgestellt, dass der plastische Thon, welcher
die verschiedensten Schalthiere der Nordsee einschliesst, bis zu einer
Höhe von 600' angetroffen wird. Als die Fjelde noch 600' niedriger
waren, lagen die versunkenen Coniferen dem Niveau ihrer jetzt vegetirenden
Nachkommen schon um die Hälfte näher.
Es ist also wohl zu denken, dass die bildende Natur, die überall
den Boden mit organischem Leben zu begaben strebt, auch zuletzt die
Fjorde trocken legt, um einen Ersatz für die allzuhoch gewordenen
Fjelde zu bieten. Aber jetzt leben die Menschen dort in einer traurigen
Zeit, wo das Eine längst geschehen und das Andere nicht geleistet ist.
Zu dem Wenigen, was sie an vegetabihschen Gütern auf ihren Fjordabhängen
besitzen, wollen wir jetzt die Fjelde verlassend uns wenden.
• Wirft man im Sommer einen Bhckvom Hardanger-Fjord ringsum
auf das Gestade, so erscheint ein sehr liebliches, freundlich hellgrünes,
vegetationsreiches Bild, das viel mehr verspricht, als es wirkhch inne
hat. Wo von Wald im Norden die Rede ist, denkt man zuerst an
düsteres Nadelholz. Aber in Hardanger sind Laubwaldungen weit
häufiger, entweder reine Birkenbestände oder eine aus der Birke und
Esche gemischte Formation. Aus diesen Gehölzen sondern am Fjordufer
sich überall die Gaarde ab, von Obstbaumpflanzungen umgeben,
von denen Wiesen und Gerstenfelder am Abhang sich hinaufziehen.
Am Söefjord fehlt die Kiefer beinahe ganz, amEifjord ist sie häufip
er Die charakteristischen Bestandtheile des M o ischwaldes, der die
untern Abhänge von Hardanger bekleidet, sind folgende :
F r a x i i i u s excelsior L.
B e t u l a pub es c e n s Ehr h.
A1 n u s i n c a n a W.
Populus tremula L.
Corylus Avellana L.
Sorbus hybrida L.
aucuparia L.
Prunus Padus L.
Rubus fruticosus L.
Rubus idaeus L.
Rosa canina L.
pomífera Herrn.
Oxalis Acetosella L.
Hieracium umbellatum L.
D i g i t a l i s purpurea L.
M e 1 a m p y r u m p r a t e n s e L.
Pteris aquilina L.
Equisetum sylvatïcum I..
Diese Wälder sind hcht. Grosse, mit Lichenen bedeckte Gneissblöcke
hegen in ihnen verstreut. Über der Eschenregion (1200') bildet
die Birke oder die nordische Erle den Bestand allein bis zur Baumgrenze.
Nach oben wird Digitalis immer häufiger, an die Stelle der Wiesen
treten dort steinige Weideplätze, besonders von Nardus stricta L. gebildeti
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