
! ( •» ii tit '
; • T
it' a
.....) ,I - ; .
li
Ml
\ ou
rii.l'
i
iILhI i: i
IR
' i I •f •
\A
580 DIE WIRKSAMKEIT IIUMBOLDT'S
in welcher die Lichenen und Pilze beschrieben werden, die er daselbst
beobachtet hatte (nur 258 Arten), den Charakter einer Jugendarbeit.
Die neuen Formen, die er in den Gruben des dortigen Bergbaues entdeckt
zu haben glaubte und die ihn hauptsächlich zur Bearbeitung eines
solchen systematischen Werks veranlassten, waren keine selbständigen
Pflanzenarten, sondern nur Hemmungsgebilde von Pilzen, die an unterirdischen
Standorten sich nicht vollständig entwickeln und gleichsam
im Larvenzustande verharren. Immerhin ergiebt sich aus diesen Beobachtungen,
dass die Keime, die von aussen in diese dunkeln Räume
gerathen, bald zu P^'äden auswachsen, welche, einem Mycelium entsprechend,
je nach der Art, von der sie abstammen, verschieden gefärbt
sind (Byssus), bald ihre vegetative Entfaltung vollenden, jedoch ohne
in allen P^ällen selbst wieder P>uctificationsorgane zu erzeugen. So erwies
sich ein Gewächs, welches liuniboldt für eine neue Gattung (Ceratophora)
hielt, nur als ein unfruchtbar gebliebener Boletus.
Zu dieser Zeit beschäftigte sich Humboldt auch mit physiologischen
Forschungen über die Chemie der Ernährung und hat seinem Werke
über die P^eiberger Zellenpflanzen eine Abhandlung ' hinzugefügt,
welche die damals gewonnenen Ansichten über die Erscheinungen der
Organisation nach umfassenden litterarischen Quellen zusammenstellt
und die ihm als Vorarbeit zu seinen Versuchen über die animaHschen
Lebensäusserungen 2 dienen konnte. Eigene Beobachtungen in den
P^reiberger Bergwerken führten Ihtinboldt zu der von anderer Seite bestrittenen
Meinung, dass die vom Lichte abhängige Erzeugung des
grünen P^arbestoffs in den Pflanzen unter gewissen Umständen auch in
dunklen Räumen stattfinden könne. Zum Theil erklären sich die von
ihm angeführten Thatsachen^ daraus, dass die Beleuchtung durch Grubenlampen
zum P>grünen bleicher Organe genügt, wogegen andere
Angaben auch auf dem heutigen Standpunkt der Forschung sich nicht
wohl erklären lassen und, wenn sie nicht noch eine unerwartete Bestätigung
finden sollten, als irrthümlich gelten müssen.
Konnte Humboldt auf diesen Gebieten, die so rasch durch andere
Naturforscher umgestaltet wurden, sich nur wenig befriedigt fühlen, so
verliess ihn doch seine Neigung zur systematischen Botanik nicht und
als Sammler entwickelte er auf seiner amerikanischen Reise eine unermüdliche
Thätigkeit. Hierdurch wuchsen die zu späterer Untersuchung
aufbewahrten Documente zu einem Umfange, wie von keinem Reisen-
^ Aphorismi ex doctrina physiologiae chemicae plantarum, 1793. ^ Versuche
über die gereizte Muskel-und Nervenfaser, nebst Vermuthungen über den chemischen
Process des Lebens, 1797. Aphorismi, S. 179—182.
IM GEBIETE DER PFLANZENGEOGRAPIIIE UND BOTANIK. 581
den vor ihm jemals erreicht worden war. Es lässt sich nun zwar nicht
unterscheiden, wie viel von den Erfolgen seinem Begleiter Bonpland
oder ihm selbst zuzuschreiben ist, aber beide arbeiteten stets gemeinsam
und es darf angenommen werden, dass in ihrer vereinten Betriebsamkeit,
Pflanzen einzusammeln, keiner dem andern nachstand.
Der wissenschaftliche Erwerb eines botanischen Reisenden beruht
auf der Sachkenntniss, mit welcher ausgerüstet er das Bedeutende und
Neue von den unwichtigen und schon bekannten Erzeugnissen eines
Landes zu unterscheiden weiss, dann aber in noch höherm Grade auf
der in der Stille der Museen nach der Heimkehr vorzunehmenden Untersuchung
und Bearbeitung der gesammelten Materiahen. Diese Aufgabe
in ihrem vollen Umfange würdigend, hat Htimboldt es erreicht,
dass der Wissenschaft von seinen so mannigfaltigen Entdeckungen
und Beobachtungen nichts verloren ging, sondern, indem er mit seltener
Energie und Umsicht die bedeutenden Schwierigkeiten zu beseitigen
verstand, die sich ihm anfangs entgegenstellten, sind die grossen
und reichlich mit trefflichen Kupfertafeln ausgestatteten Pflanzenwerke,
welche er in Paris herausgab, das einzige Beispiel in der botanischen
Litteratur geblieben, dass eine Ausbeute von solchem Umfange vollständig
und in einem Guss zur Bereicherung der Systematik gedient
hat. Dieser Erfolg ist um so mehr anzuerkennen, als ein gewisser Unstern
über den natarhistorischen Sammlungen und ihrer Bearbeitung
zu walten schien. Ein beträchtlicher Theil, der indessen nur Duplikate
enthielt, ging gleich anfangs zur See verloren. Nach der Heimkehr
wurde nicht zum Vortheil ihrer Benutzung die botanische Sammlung
in drei Herbarien zerlegt, von denen das eine Bonpland zufiel, der in
der Folge mit seinem Antheil nach Amerika zurückging. Die beiden
andern übergab Humboldt dem Pariser Museum und dem Botaniker
Ktmth. Noch gegenwärtig ist, was aus des Letztern Nachlass in den
Besitz des preussischen Staats überging, das werthvollste Denkmal von
jenen Leistungen.
Den Umfang seiner botanischen Sammlungen aus dem tropischen
Amerika schätzte Humboldt auf 6000 Arten, von denen mehr als die
Hälfte damals noch unbeschrieben war. Man kann die Bedeutung dieser
lintdeckungen ermessen, wenn man sich erinnert, dass in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts überhaupt kaum 8000 Gewächse bekannt
waren. Erst nach Humboldts Reise sind einigemal in Brasilien und im
Capland Sammlungen von noch etwas grösserm Umfang als die seinigen
zusammengebracht worden, aber durch Botaniker von Fach, die keine
andern Zwecke verfolgten, während seine Thätigkeit alle Zweige der
Naturwissenschaft und Geographie umfasste und er doch ausser der
/
i^il!«/
ip: •
ss;;:;:
I . ;
II