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350 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
Tc/iz/iatc/ieff bemerkte J dass bei Constantinopel sich die Belaubung
der Ulme bis zu Ende April ^ die des Feigenbaumes bis zum März verspäte
(Le Bosphore et Constantinople, p. 216). Ähnliche Fälle, die
zum Theil aus klimatischen Ursachen gar nicht zu erklären sind, waren
schon früher, namentlich von Vatipell in seiner Schrift über die Winterflora
von Nizza, erwähnt, sind aber noch niemals physiologisch sicher
gedeutet worden.
Unger wwA Kotschy veröffentlichten die Ergebnisse ihrer botanischen
Reise nach Cypern (Die Insel Cypern ihrer physischen und organischen
Natur nach). Der Vegetationscharakter der gegen frühere Zeiten verödeten
und zum Theil entwaldeten Insel beruht auf den gewöhnlichen
Pflanzen-Formationen des Mediterrangebietes, unter denen die immergrünen
Maquis hier jedoch gegen den in seiner Bekleidung den spanischen
Tomillares entsprechenden Steppenboden zurücktreten. Im
Gegensatz gegen die von Laubwäldern geschmückte Küste des nahen
Syriens bestehen die einförmigen Waldungen Cyperns fast nur aus zwei
Nadelhölzern, von denen die östliche Seestrands-Fichte (Pinus maritima
Lamb.) die untere (o — 4000'), die Schwarzföhre (Pinus Laricio) die
obere Region des Troados (oder Olymps) bezeichnet (4000 bis fast
6000'). Der insulare Charakter der Flora spricht sich darin aus, dass
viele allgemein verbreitete Mediterrangewächse fehlen, was sich namenthch
in der einförmigen Bildung der Maquis zeigt, die oft nur aus Pistacia
Lentiscus und Juniperus phoenicea zusammengesetzt sind. Wie bei
Constantinopel ist die Steppenvegetation Cyperns durch das allgemein
verbreitete Poterium spinosum überkleidet, einen niedrigen Dornstrauch,
der hier Stoebe genannt und als Heizmaterial benutzt wird. Diese
übrigens durch einjährige Gräser, Stauden, Zwiebel- und Knollengewächse
sowie durch eine 6 — 1 2 ' hohe Doldenpflanze (Ferula communis)
charakterisirte Formation wird als dürres Land (Trachiotis) von
den Bewohnern unterschieden; noch bezeichnender dafür ist der in
Griechenland gebräuchliche Name Xerovuni oder trockenes Hügelland.
Die wiewohl im Frühling mit zahlreichen und mannigfaltigen Blumen
geschmückte, doch nach diesen Darstellungen wenig einladende Physiognomie
der Insel wird etwas lebhafter an den Flussufern durch Oleandergebüsche
und Tamariskengesträuch, sowie an den höher gelegenen
Gehängen, wo die Mannigfaltigkeit der immergrünen Sträucher zunimmt,
unter denen eine eigenthümliche Eiche (Quercus alnifolia) und
die schöne Arbutus Andrachne hervorragen. Zu den geobotanisch
merkwürdigsten Erscheinungen gehört das schon oben erwähnte Auftreten
der Juniperus foetidissima, eines niedrigen Baumes, der einen
schmalen Saum an der oberen Grenze der Laricio - Region, auf der
IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN.
höchsten, fast 6000' erreichenden Spitze des Olymp bekleidet. — Als
Schöpfungscentrum betrachtet steht Cypern an eigenthümlichen Erzeugnissen
des Pflanzenreichs entschieden gegen Creta zurück, obgleich
es diese Insel an Grösse übertreffen soll (Cypern hat nach Unger 173^),
Creta nach Behm 155 geogr. Q.-Mln.) . Kotschy zählt zwar auf Cypern
gegen 42 endemische Arten (unter etwa 1000 überhaupt daselbst beobachteten
Phanerogamen), aber diese Zahl muss sehr erheblich reducirt
werden, weil ihre Selbstständigkeit oder auch ihre Beschränkung auf
die Insel nicht hinlänglich gewährleistet sind. Dies ist bis jetzt in dem
ersten Bande von Boissiers Flora orientalis für sechs von jenen 42 Arten
geleistet und hier finde ich, dass nur zwei von ihnen anerkannt sind,
die noch dazu in neuerer Zeit nicht wieder gefunden wurden; zwei sind
auf weit verbreitete Arten zurückgeführt, eine ist als unzweifelhaft, die
sechste gar nicht erwähnt. Bei der Vergleichung von Kotschy's endemischen
Pflanzen Cyperns mit den so zahlreichen Eigenthümlichkeiten
Cretas fällt es besonders auf, dass sie grossentheils zu Gattungen gehören,
in denen der Artbegrifif mehr oder weniger schwankend ist,
während dre Flora von Creta durch Arten und selbst durch Gattungen
in Erstaunen setzt, die von den Typen der übrigen Inseln des Archipels
und Griechenlands sich in ihrem Bau entfernen. Diese ungleiche Ergiebigkeit
von zwei so ähnlichen Inseln wird dadurch, dass in Cypern
der Austausch mit den näher, gelegenen Küsten in höherem Grade erleichtert
war als in Creta, doch nicht genügend aufgeklärt. Abgesehen
von den Pflanzen, welche Kotschy als neue Entdeckungen beschrieben
hat und über die mir die eigene Anschauung fehlt, zähle ich nur etwa
zehn entschieden sichergestellte Arten, die als Cypern eigenthümlich
zu betrachten sind. Unter diesen ist wohl die bemerkenswertheste die
schon erwähnte immergrüne Eiche (Quercus alnifolia), welche die hier
fehlende Steineiche in den Maquis vertritt und wohl am bestimmtesten
auf die Selbstständigkeit eines cyprischen Schöpfungscentrums schliessen
lässt. Die Verbindung der cyprischen Flora mit den Nachbargebieten
ist durch den geographischen Abstand von ihnen geregelt. Merkwürdiger
sind die Spuren einer näheren Verknüpfung mit Creta, indem
Kotschy zehn Gewächse aufzählt, die nur diesen beiden Inseln gemeinsam
angehören, wobei die Entdeckung der Plañera crética, eines den Ulmen
verwandten Baumes, den man nur in Creta gefunden hatte, an der
gebirgigen Nordküste von Cypern zu den wichtigsten Ergebnissen dieser.
Reise gehört.
1 Nach Anderen soll Cypern indessen nur 149 geogr. Q.-Mln. gross sein (vgl.
Gothaischen Hofkalender für 1868, S. 921).
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