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322 DER GEGENWÄRTIGE STANDPUNKT
ist eine grosse Savanenflora, aber die Wälder, welche hier die fliessenden
Gewässer umsäumen, werden selbst durch ihre mächtige Verdunstung
zu einer Quelle von Niederschlägen, die ihr Fortbestehen sichern,
und da der Fluss sie nicht bloss in der trockenen Jahreszeit befeuchtet,
sondern ihnen auch aus der Ferne stetig erneuerte mineralische Nährstoffe
zuführt, so werden sie eine Uferformation von sogar unvergänglicher
Dauer bilden. Hat die Savane hingegen auch in ihrem Inneren
jene lichten Gehölze erzeugt, welche in der trockenen Zeit ihr Laub
verlieren, so werden zwar auch hier die Bäume eine stärkere Cirkulation
des Wassers durch die Atmosphäre hervorrufen und dadurch ihre Existenz
im Kampf mit dem Klima befestigen, aber es wird eine Zeit eintreten
, wo sie die Nahrungsstoffe des Bodens verbraucht und in ihren
dauernden Geweben abgelagert haben, und so ist ihr Untergang vorbereitet
und ein säkularer Wechsel mit niederen Pflanzen anderen Baues
wird nothwendig. So sind denn auch in den Tropenländern die Formationen
an den Boden, die grösseren geographischen Gliederungen der
Vegetation an die Gesetze, welche den Luftkreis beherrschen, geknüpft
worden.
Eine besondere Aufgabe der klimatologischen Geobotanik ergiebt
sich aus der vertikalen Anordnung der Gebirgsregionen oder, allgemeiner
gesagt, aus dem directen Einflüsse der Elevation auf die Vejetationsgrenzen.
Denn nicht bloss die Berggehänge haben ihre Stufenfolge
von Regionen, sondern jede Form der plastischen Gestaltung, die
Hochebene wie der geneigte Boden zeigen im Gegensatz zu den flachen
Landschaften klimatische Eigenthümlichkeiten, die in der Vegetation
ihren entsprechenden Ausdruck finden. Dieser Theil der Klimatologie
ist namentlich in Bezug auf die Schneelinie von denPhysiko-Geographen
besonders sorgfältig ausgearbeitet worden und deren Ergebnisse sind
im Allgemeinen auch für die Vegetationsgrenzen maassgebend. Denn
wie die Schneelinie in höheren Breiten nicht von der Mitteltemperatur
des Jahres, sondern hauptsächlich von der Wärme und Heiterkeit des
Sommers abhängt, so sind es ja dieselben Werthe nach der Vegetationszeit
gemessen, welche die geographische Anordnung des Pflanzenlebens
beherrschen. Dieselben Ursachen also, welche die Schneelinie im Plateauklima
eleviren und in nebelreichen Küstengebirgen herabdrücken,
bestimmen auch die obere Grenze der Pflanzenregionen in vielen Fällen,'
aber in anderen nicht allein. Die Abweichungen von dieser Symmetrie
lassen sich am deutlichsten an der vertikalen Ausdehnung der zwischen
den Wäldern und dem ewigen Schnee eingeschlossenen alpinen Region
erkennen, weil die Baumgrenze auf den meisten Hochgebirgen der
Erde hinlänglich genau bekannt ist. Die Depression derselben an der
DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN. 323
Westküste Norwegens, ihre Elevation durch die wie ein Plateau wirkende
centrale Anschwellung der Alpen im oberen Innthale sind Beispiele für
die Regel und werden von entsprechenden Verrückungen der Schneelinie
begleitet. In Centrai-Asien ist dieselbe stärker elevirt als die
Waldgrenze, weil die Trockenheit des Klimas den Schnee mindert und
die Vegetation der Bäume zurückhält; so ist es auch das grosse Feuchtigkeitsbedürfniss
derselben, welches ihre obere Grenze in Süd-Europa
herabdrückt und bei abnehmender Polhöhe auf etwa 6000 F. stationär
erhält, der nämliche Einfluss, der, da die Wälder selbst zu der Befeuchtung
ihres Bodens beitragen, nach ihrer Zerstörung im Gebirge die
Bäume nicht wieder aufkommen lässt. Entgegengesetzt wirkend und
im umgekehrten Sinne den Raum der alpinen Region verengend eleviren
die schmelzenden, den Boden tränkenden Schneemassen der
Rocky Mountains die Waldgrenze in der Breite des südlichen Europas
bis zum Niveau von 11.000 F. Noch complicirter sind die Verbreitungsgesetze
der Gebirgswälder in der tropischen Zone, wo die Mitteltemperaturen
des Jahres zwar auf die Baum- und Schneegrenze im gleichem
Sinne wirken , aber oberhalb der Wolkenregion die Waldentwickelung
an das Vorhandensein zureichender terrestrischer Feuchtigkeitsquellen
aus schmelzenden Schneefeldern gebunden ist und daher auf den süd-
Hchen Gehängen des Himalaya in der Nähe des Wendekreises weit
höher hinaufreicht als auf den äquatorialen Vulkanen Javas, wo alpine
Gewächse fast -ganz fehlen und mit der Grenze des Waldes die des
Pflanzenlebens überhaupt beinahe zusammenfällt. Das äusserste Extrem
der Anomahen endhch hat Philippi in der Cordillere von Valdivia beobachtet,
wo die meisten Bäume der Ebene so ziemlich bis zum ewigen
Schnee hinaufreichen, weil der geringe Gegensatz der Jahreszeiten und
die ungemein grosse Feuchtigkeit des Klimas zusammenwirken, die
Schneegrenze herab- und die Baumgrenze hinaufzurücken.
Wichtige Aufgaben der klimatologischen Botanik bleiben namentlich
in Austrahen und im tropischen Afrika zu lösen übrig. Die eigenthümlichen
Formationen des ersteren Continents, seine Hebten Wälder,
seine Skrubdickichte lassen auf klimatische Einwirkungen schHessen,
die noch nicht genügend verstanden sind und von denen wir nur wissen,
dass sie, der geographischen Verbreitung dieser Fojmationen entsprechend,
ganz Australien gleichartig beherrschen. Die Vegetation in
den beiden grossen regenlosen Wendekreiswüsten Afrikas lässt sich auf
die nächtliche Thaubildung zurückführen, deren Feuchtigkeit, wie die
Artesischen Brunnen jenseit des Atlas lehren, sich unterirdisch sammelt,
um die Depressionen der Sahara-Oasen zu befruchten, während sie in
der Kalahari des Südens eine grössere Gleichmässigkeit der Pflanzeni
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