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parallel und fallen mit jenen Vegetationslinien nahe zusammen. Freilich
ist die Richtung der letzteren nicht in gleichem Grade übereinstimmendj
wie dies bei den Polargrenzen südlicher Pflanzen der Fall war.
Allein die Abweichungen finden beiderseits in dem Sinne statt, dass
ihre mittlere Richtung der Küste als parallel angesehen werden kann.
Von der Mündung der Seine bis zur Eider'verläuft die Küstenhnie fast
genau nordöstlich (N45^0) und würde rückwärts verlängert die Nordwestecke
Spaniens schneiden. Eine der merkwürdigsten Vegetationslinien
unseres Gebiets, wo eine beträchtliche Anzahl östlicher Pflanzen
ihre nordwestliche Grenze findet, folgt derselben Richtung aus der
Gegend von Magdeburg einerseits nach Pommern, andererseits zum
mittlem Rheinthal. Diese Hauptrichtung (N 45° O) finden wir in den
ausgewählten Beispielen östlicher Pflanzen approximativ bei Gypsophila
fastigiata, Dictamnus albus, Globularia vulgaris u. a. ; Abweichungen
nach beiden Seiten z. B. bei Aldrovanda (N 50" O) , Oxytropis
pilosa (N5o"0), Adonis vernalis (N 40" O) , ThaHctrum angustifolium
( N 3 0 ^ 0 ) u . s . w .
Solche Vegetationslinien also drücken den Einfluss aus und
spiegeln ihn in bestimmten Pflanzen ab, welchen das Meer auf die Vertheilung
der Wärme über die Jahreszeiten äussert, eine Grösse, die
durch den Abstand von der Küstenlinie gemessen wird, bis sie in weiteren
Entfernungen nach und nach verschwindet und dem reinen Charakter
des continentalen Klimas Raum giebt. Zunächst liegt nun die
Aufgabe vor, diesen allgemeinen Begriff in seine einzelnen kUmatischen
Werthe zu zerlegen, um den Zusammenhang derselben mit den Vegetationsgrenzen
bestimmter einzusehen.
Für das Pflanzenleben liegen in der allmähhchen Abstufung des
litoralen zum continentalen Klima zwei verschiedene Momente, von
denen das eine dieser, das andere jener Pflanze die Areale umgrenzen
kann : einmal die Verkürzung der Vegetationszeit in Folge der stärkern
Krümmung der Jahreskurve, zweitens die Zunahme der Temperaturextreme,
beide Factoren mit der Entfernung von der Küste, jedoch
nicht gleichmässig, wachsend. Eine beschleunigte Wärmezunahme
würde diejenigen Pflanzen ausschliessen, deren Natur eine langsamere
Entwickelung der Organe und also eine allmählichere Steigerung der
Frühhngsordinaten fordert: umgekehrt würden andere Gewächse, deren
bildende Thätigkeit rasche Phasen durchläuft, nur in einem bestimmten
Abstände von der Küste gedeihen. Sodann können wieder
andere Gewächse in den Continent nicht eindringen, weil ihre Temperatursphäre
zur Zeit des Winterschlafs enger ist und ihre Organisation
die höheren Kälteextreme nicht erträgt: endlich bleiben diejenigen
D E S N O R D W E S T T J C H E N D E U T S C H L A N D S , 149
Arten von der Nachbarschaft des Meers fern, die zu einzelnen Ent-
Wickelungsphasen, wie zur Entfaltung der Blüthen , zur Zeitigung der
Früchte, höhere Wärmegrade bedürfen, als ihnen das Küstenkhma gewährt.
Sind aber alle diese physiologisch denkbaren Einwirkungen
auch wirldiche und nachweisbare? da je zwei zusammengehörende nicht
immer in gleichem Sinne wachsen und abnehmen, so wird diese Frage
durch die Lage der Vegetationslinien zu entscheiden sein, wobei wir
zuerst deren normale Richtung zu Grunde legen.
In der ganzen mitteleuropäischen Flora erwacht bei einer und derselben
Ordinate^) der Jahreskurve die Pflanzenwelt und hört bei deren
Wiederkehr im Herbste wieder auf zu vegetiren. Bei stärker gekrümmter
Kurve , bei grösseren Temperaturextremen, aber gleicher solaren
Wärme rücken daher ihre Entwickelungsphasen zusammen. Die Dauer
der Vegetationszeit, demnach abhängig von dem Zeitpunkt, in dem
gewisse Ordinaten eintreten, hat die Bedeutung eines qualitativen Lebensreizes,
das heisst, sie zeichnet ebensowohl östlichen als westhchen
Pflanzen ihre Grenze vor, vorausgesetzt, dass sie an einen bestimmten
Zeitabstand der Entwickelungsphasen gebunden sind. Anders verhält
es sich mit den beiden Temperaturextremen, als quantitativen Werthen,
die nur durch Änderung im negativen Sinne das vegetabilische
Dasdn gefährden. Es leuchtet zwar von selbst ein, dass durch Minderung
der Sommerwärme und Steigerung der Winterkälte die Pflanzen
auf eine völlig ungleichmässige Art afficirt werden. Aber das Minimum
der Wärme während des Winterschlafs setzt ihrer Ausbreitung auf dem
Erdboden, sofern sie nicht ausgerüstet sind, solche Kälte zu tragen,
keineswegs nothwendigere Schranken, als eine entsprechende Verminderung
des Temperaturmaximums während der Vegetationszeit. Phyi
Durch die sehr vennehrten Beobachtungen der vegetabilischen Entwicklungsphasen,
welche wir der verdienstvollen Thätigkeit Queteleis verdanken, ist jener, früher
von mir nach spärlichen Daten aufgestellte Satz bestätigt worden, .wie sich namentlich
aus folgenden Angaben ergiebt, die Q. nach dem Mittel von vier Beobachtungsjahren
( 1 8 4 1 — 4 4 ) in Brüssel erhalten hat (a. a. O. tabl. 9 u. 1 2 ) :
Belaubung. Entlaubung.
Betulaalba — — 5-April — — 3. Novemb.
Tilia grandifolia — 5- April — — 28. Oktob.
Ulmus campestris — 9- Ap^^ü ~ ~ 3- Novemb.
Diesen Entwickelungsphasen entsprechend war die Temperatur zu Brüssel :
^ 1 8 4 5 = 9 " , 1 8 C. (das. p. 7 8 ; .
in der ersten Decade des April 9^^ M. j ^^^^ _ ^^ ^ , ^^ g^^^
In der letzten Decade des Octob.
1 8 4 4 = 9 ^ o 7 C . (
In der ersten Decade des Novbr.
1 8 4 5 = 9 " , 2 9 C . i
p. 76).
p. 8 1 ) .
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