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514 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
Rclwud besprach eine Pflanzensammlung- aus Cyrenaica (Bullet,
de la SOG. botan. de France, 21) und suchte Vivianis Ansicht, dass
dessen Thapsia Silphium das Silphium der Alten sei, von Neuem aufrecht
zu erhalten, ohne sie erweisen zu können.
Auf den dem schwarzen Meere zugewendeten Abhängen des pontischen
Gebirges von Lasistan hat Balansa die Höhengrenzen der Holzgewächse
bestimmt (Bullet, de la Soc. botan. de France, 20. 21) : die
Baumgrenze liegt nach ihm 6700' hoch, gegen 1000' höher als K, Koch
sie daselbst angegeben; Rhododendron caucasicum steigt bis 8300'
(nach Koch bis 8000). — Eine grosse Anzahl von Vegetationsgrenzen
wurden auch in einer russischen Schrift von Sredinsky aus dem Rionbecken
vom Südwestabhang des Kaukasus mitgetheilt, die mir nur
nach Batalhis Referat (b. Jiist a. a. O. 2, S. 1146) vorliegen, aus dem
ich einige Angaben entnehme. Die bewaldeten Regionen werden nach
den herrschenden Bäumen in vier Gürtel eingetheilt: Carpinus Betulus
— 3500' (4500') ; Buche (mitunter fehlend) oder den Coniferen untergeordnet;
Pinus orientalis und Nordmanniana; Birke, nicht so scharf,
wie die bei 7000' verschwendenden Nadelhölzer, von der alpinen Region
geschieden.
Höhengrenzen im Gebiet des Rion :
Laurus nobilis 700' Juglans (kultivirt) . . . . 4645'
Ficus carica 2000' Maiskultur 4700'
Vitis vinifera 3200' Tilia grandifolia . . . . 5500'
Morus nigra 34oo' Roggen und Kartoffel . . . 6000'
Castanea vesca 3600' Hafer und Gerste . . . . 7200'
(lokal bis 4000'] Pinus orientalis ^
Prunus Laurocerasus I ^ Nordmanniana \ ' '
Hex Aquifolium f ' ' Betula alba 8000'
(lokal bis 6500') Rhododendron caucasicum . 9500'
S t e p p e n - F l o r a . Meine Darstellung der russischen Steppen
wurde, wie nicht anders zu erwarten war, von russischer Seite mehrfach
angegriffen [Wojcikof, die atmosphärische Circulation in Pctcr-
Ergänzungsheften, Nr. 38. S. 18, 19; Beketoff^., a. O. S. 1126).
Es mag dem, der sein eigenes Land am Besten zu kennen glaubt und
gerechte Hoffnungen auf dessen weiteren Aufschwung setzt, wohl
schwer fallen, zuzugeben, dass, wie ich aus physischen Gründen darlegte,
die Natur den Steppen, einem so grossen Theil des europäischen
Russlands, Bewaldung und den Wohlstand des Ackerbaus für immer
versagt hat. Allein die Thatsachen , welche man. gegen diese Ansicht
vorbringt, sind mir, obgleich russische Quellen mir der Sprache wegen
nicht zugänglich waren, doch in allen wesentlichen Punkten bekannt
IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN. 515
gewiesen, ehe ich darüberschrieb, und auf andere Einwürfe einzugehen,
die sich mehr auf die gewählte Form der Darstellung als auf die Sache
beziehen, halte ich nicht für erforderlich. Meist würde dies nur auf
einen VVortstreit hinauslaufen, da es nicht auf den Begriff der Steppe,
den man verschieden bestimmen kann, sondern darauf ankommt, ob
innerhalb eines geographischen Areals die Wechselbeziehungen zwischen
der-Vegetation und deren physischen Bedingungen richtig erkannt
sind. Da die Natur die Schauplätze ihres Wirkens stets durch
Übergänge zu vermitteln strebt, so können deren Grenzen immer nur
mit einer gewissen Willkür gezogen werden, aber dies ist demohngeachtet
nothwendig, um den mannigfaltigen Stoff angemessen anzuordnen,
dessen Bedingungen zu erforschen die Aufgabe ist.
Auf der anderen Seite ist mir diese Polemik aber auch insofern
erfreulich gewesen, als sie mich in meiner Anschauung über den Ursprung
der Steppenbildungen weiter geführt oder vielmehr eine Erweiterung
der früheren Gesichtspunkte vermittelt hat. Wojeikof behauptet,
dass in den südrussischen Steppen während der Sommermonate
der Norclostpassat nicht hervorträte, den ich als Ursache der Dürre in
dieser Jahreszeit betrachtet hatte, sondern dass im Juni und Juli daselbst
westliche Winde herrschten. bestreitet ebenfalls die
Wirkung des Sommerpassats, leitet dagegen das Steppenklima von
südöstlichenWinden ab, und Gruner (vor. Ber. S. 455 f.) schildert in der
Steppe am Dnjepr, wie die im Sommer herrschenden, glühenden Ostwinde
jede Feuchtigkeit verbannen. Die Autoritäten im Lande also
widersprechen sich in Bezug auf die Windesrichtung, auch entscheiden
darüber nicht Beobachtungen an der Windfahne, sondern der Wolkenzug
, aus dem auf die allgemeinen Bewegungen der Atmosphäre mit
einer grösseren Sicherheit geschlossen werden kann. Aber in der Richtung
des Windes liegt gar nicht der wesentliche Punkt, sondern in der
Dürre des Sommers, über deren Ursache verschieden geurtheilt werden
kann. Wenn Wojeikof Regenmessungen von einigen Küstenplätzen
und von den Aussengrenzen des Gebietes anführt, um sogar diese
Sommerdürre zu bestreiten, wenn er statt des Tschernosems die Steppe
Südrusslands eine Kornkammer Europas nennt und das Vorrücken der
Kiefer am Wasser als Beweis ihrer Bewaldungsfähigkeit gelten lässt,
so überlasse ich dem Leser, was er von solchen Behauptungen denken
mag. Denn dass die Sommerdürre besteht, wird von Niemand ausser
ihm geleugnet, Grune7'^s plastische Schilderung ist ein neues Zeugniss
dafür. Dass sie aber auch an Orten bemerkt wird , wo kein Sommerpassat
nachzuweisen ist, habe ich schon mehrfach in den südlichen
Gliederungen des Steppengebietes -in Vorderasien hervorgehoben und
Mifs'.
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