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2 2 DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG
nisation oder durch Meeresströmungen angesiedelt sind, so würde es
nahe liegen, die letzteren als ursprünglich nicht amerikanisch anzusehen
, weil die allgemeine Bewegung des Meers innerhalb der Tropen
nach Westen gerichtet ist und keine Strömung von Amerika auf geradem
Wege zu anderen tropischen Continentalküsten hinüberführt. Indessen
lehrt eine genauere Untersuchung, dass die grossen Äquatorialströmungen
beider Meere an der Wanderung von Litoralpflanzen
grösstentheils unbetheiligt sind , die atlantische nicht, weil sie durch
den Guinea-Strom von den Küsten des tropischen Afrikas geschieden
wird, und ebenso wenig die pacifische, welche , ehe sie Asien erreicht
hat, sich verliert und in Gegenströme auflöst. Die den beiden Küsten
des atlantischen Meers gemeinsamen Pflanzenformen werden daher nur
durch die Verzweigungen des Golfstroms verknüpft, der, die Sargassosee
umkreisend, der Küste Afrikas schwimmende Körper zuführen kann,
die von den westindischen Inseln abstammen. Hierdurch wird die
amerikanische Heimat leicht erklärlich, auf die man bei mehreren
dieser Gewächse, z. B. Drepanocarpus lunatus, HecastophyllumBrownii,
Paullinia pinnata, aus anderen Gründen schliessen musste. Aber man
muss erstaunen über die Dauer der Keimkraft eines Samens, wenn man
bedenkt, wie sehr der Abstand von Afrika und Amerika durch die Bewegung
im Golfstrome vergrössert wird, oder wenn man sich die Länge
des Weges vergegenwärtigt, den eine den drei Continenten gemeinsame
Litoralpflanze, wie Paritium tiliaceum, zurücklegen muss, um aus
dem indischen Meere durch den Capstrom an die atlantischen Küsten
verpflanzt zu werden. Dennoch giebt es eine Reihe pflanzengeographischer
Thatsachen, welche in solchen Betrachtungen eine gemeinschaftliche
Erklärung finden: die Beschränkung gewisser Pflanzen auf
die beiden atlantischen Tropenküsten ohne Theilnahme Asiens, das
Vorkommen der in beiden Indien wachsenden auch in Afrika, die Verknüpfung
der pacifischen Archipele mit Asien durch die äquatoriale
Gegenströmung mit Ausschluss der Galapagos, die von derselben nicht
erreicht werden , endlich das Fehlen amerikanischer Formen auf den
meisten Südseeinseln, welche nur mit dem abweichenden Klima Perus
durch Meeresströme in Verbindung stehen. Die einzige Schwierigkeit
bei dem Versuche, die Verbreitung der tropischen Litoralpflanzen aus
der Richtung der oceanischen Strömungen zu erklären, bietet die Westküste
Centraiamerikas: allein die geringe Breite des Isthmus lässt
hier den verschiedensten Vehikeln der Wanderung freien Spielraum,
und die Möglichkeit einer ehemaligen Senkung desselben unter den
Spiegel des Meers braucht nicht einmal herbeigezogen zu werden.
Bei einigen transoceanischen Holzgewächsen und Lianen, die weder
DER PFLANZEN WESTINDIENS. 229
auf die Küsten beschränkt noch durch die Kolonisation verbreitet sind,
kann die Verpflanzung durch Meeresströmungen davon abgeleitet werden
, dass dieselben in den Uferwaldungen der Flüsse vorzugsweise
häufig vorkommen, deren Gewässer die Früchte aufnehmen und weiterführen
können. Dahin gehören von Bäumen Andira inermis; von holzigen
Lianen: Cissampelos Pareira, Paulhnia pinnata, Entada scandens,
Abrus precatorius , Dioclea reflexa, Mucuna urens und pruriens , von
nicht holzigen Lianen mehrere Ipomoeen. Nur wenige Fälle transoceanischer
Wanderung bleiben bis jetzt unerklärt, vielleicht weil wir von
den Standorten nicht hinlänglich unterrichtet sind; Lonchocarpus sericeus,
ein Baum an beiden atlantischen Küsten, der in Jamaika auf felsigem
Boden wächst; Peperomia reflexa, ein Epiphyt der Wälder m
allen tropischen Meridianen und bis zum Gap verbreitet; drei Gramineen,
Panicum-Arten, von denen P. pallens ebenfalls im Schatten des
Waldes vorkommt, aber auch von Rieh. Schoniburgk auf feuchten
Weideplätzen angegeben wird, während P. prostratum und molle als
Savanengräser gelten, das letztere übrigens auch wegen seines Futterwerthes
in Kolonieen, wo es nicht einheimisch war, absichtlich emgeführt
worden ist.
Die Mehrzahl der transoceanischen Gewächse, welche mit den
Kulturpflanzen unabsichtlich verbreitet sind, besteht zwar, wie auf den
Äckern der gemässigten Zone, aus vergänglichen, einjährigen und
vielsamigen Productionen, aber, wie unter den Tropen häufig auch die
weiche Axe verholzt und in der gleichmässigen Temperatur des Jahrs
der Gegensatz ein- und mehrjährigen Wachsthums verschwindet, so
giebt es in dieser Reihe auch wirkliche Sträucher, welche die Baumkulturen
der Plantagen begleiten oder sich, wenn diese verlassen werden,
massenhaft ausbreiten. Hierzu möchte auch die eigenthümliche
Form von Citrus Aurantium (var. spinosissima Mey.) gehören, welche
man in Westindien und Süd-Amerika als ein einheimisches Gewächs
bezeichnet hat. Ist Humboldts Meinung ' begründet, dass dieser
Strauch schon vor der Zeit der Europäer daselbst vorhanden gewesen
sei. so würde in dessen Vorkommen eine ausgezeichnete Stütze flir die
Annahme von vorhistorischen Verbindungen zwischen den Küstenvölkern
der Südsee liegen, indem in diesem Falle der asiatische Ursprung
klar und die Übertragung durch natürliche Ursachen höchst unwahrscheinlich
ist. Denn einestheils hat sich die specifische Eigenthümlichkeit
der amerikanischen Form, die Meyer und Macfadyen behauptet
1 Humboldt, Ess. pol. Cuba, 1. p. 68.
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