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494 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
falten können , wurde von in Caracas aufs Neue näher dargelegt
und zu erklären versucht (Botan, Zeitung für 1876, S. 38—41). Das
Jahr 1875 war zu dieser Untersuchung besonders geeignet, weil sich
der Eintritt der Regenzeit ungewöhnlich lange, den ganzen Mai hindurch
, verzögerte. Von Bäumen, die dort ihr Laub jährlich ganz verlieren
, werden namentlich Bombaceen , Amyrideen, mehrere grossblätterige
Ficusarten, einige Leguminosen und Euphorbiaceen erwähnt:
ihre Belaubung tritt in den meisten Fällen erst beim Beginn der Regenzeit
ein. Wenn diese sich indessen verzögert, wie im vorigen Jahre,
so findet man viele Bäume mit mehr oder weniger entfalteten Blättern
„selbst auf dürrem, harten Felsboden zu einer Zeit, wo die tropische
Hitze ihr Jahresmaximum erreicht und die Trockenheit der Atmosphäre
ausserordentlich ist". Schon in der Mitte des April (also 6 Wochen
vor dem ersten Regenfall) waren binnen wenig Tagen die bandförmigen
Blätter von Bombax Ceiba und Eriodendron anfractuosum ausgebildet;
Poinciana regia entwickelte gleichzeitig mit den Blüthen ihr
zierliches Laub und auch die Erythrinen prangten gleichzeitig in ihrem
Blüthenschmuck. E^^nst ist nun der Meinung, dass die Ursache der
Erscheinung in den zu dieser Zeit beträchtlicher werdenden Unterschieden
der Tages- und Nachttemperatur liege, die Insolationswärme
betrage alsdann gegen 12« R. mehr, als die Abkühlung durch Ausstrahlung
in den wolkenfreien Himmel, die zu 12°— 16" R. bestimmt
ward, und durch diese dem Gewebe des Baumes mitgetheilten Temperaturschwankungen
würde der Druck der Gase in demselben beständig
geändert, damit aber zugleich eine Bewegung des Saftes und eine
Wasserzufuhr zu den Knospen eingeleitet. Solche mechanische Erklärungen
können nur für problematisch gelten. Wenn auch die Schwellung
der Knospen nach der Ruhe des Winters einen Saftzufluss aus
dem tiefer liegenden Gewebe anschaulich macht und der Turgor auf
die wachsenden Organe übergeht, so bleibt doch die Ursache der Bewegung
verborgen. Ich halte die Erscheinung mit der von de Candollc
besprochenen Anpassung der Organismen an das Klima verwandt, wodurch
in dem einen Fall die Nachtheile der geographischen Lage, in
dem anderen dje des Wechsels ungleicher Jahrgänge überwunden werden,
und habe'die Belaubung tropischer Bäume, ehe ein Wasserzufluss
aus dem Boden ihnen zu Theil wird, schon früher mit dem Instinkt
animalischer Organisationen verglichen (Veget. der Erde, 2, S. 400).
Mir scheint es, dass wir hier ausserhalb des Bereiches der Mechanik
im Organismus stehen, wo nicht allein die Ursachen der Bewegung,
sondern auch die Ziele desselben in Wirksamkeit treten. Wir sehen
in der organischen Natur ein Streben, das Bestehende zu erhalten, hier
IN DER GEOGRAPHIE DER PFLANZEN, 495
eine Thätigkeit, die das Leben gefährdet, aber die Gefahr durch die
spätere Schwellung des Gewebes überwindet, dagegen eine Verzögerung
der Entwicklung in den kalten Frühlingen des Nordens, wo die
Verspätung durch die Beschleunigung des Wachsthums im Sommer
wieder ausgeglichen werden kann.
Die Erneuerungen der Erdkrume, deren Einfluss auf die Vegetation
früher fast nur von den Alluvionen durch fliessendes Wasser abgeleitet
wurde, sind zugleich eine Folge der atmosphärischen Bewegungen,
welche den Detritus der Gebirge stetig über die Oberfläche
des Tieflandes ausstreuen. Hierüber und wie sie in grossem Maassstabe
wirken, gewähren die bahnbrechenden Untersuchungen v. Rieht-
Hofen's die Bildungsgeschichte der Lössformationen die reichste
Belehrung (vgl. dessen Geologie in der „Anleitung zu wissenschaftlichen
Beobachtungen auf Reisen"). Dieselbe Bedeutung für die Ernährung
der Pflanzen durch lösliche Mineralstoffe haben im Kleinen die grabenden
Thiere, die den Boden aufwühlen, der Einwirkung der Atmosphäre
entzogene, noch nicht aufgeschlossene Silicate an die Oberfläche bringen
und sie der Verwitterung zuführen. Wie dies bei uns durch die Maulwürfe
geleistet wird, hat Buchenau durch specielle Beobachtungen über
die auf ihren Erdhügelchen wachsenden Pflanzen erläutert (die Flora
der Maulwurfshaufen in: Nobbe, Landwirtschaftliche Versuchsstationen,
19, S. 176—185). Die auf ihnen vorkommenden, oft in Üppigkeit
gedeihenden oder in besonderen Erscheinungen der Socialität auftretenden
Gewächse sind von denen ihrer Umgebung verschieden und
verdanken ihre Eigenthümlichkeit theils den aus der Tiefe heraufgeschafften
Bodenbestandtheilen, theils dem Dünger, den das Thier in
denselben zurücklässt. Ihre Herkunft lässt sich daraus erklären, dass
von den überallhin verbreiteten Samen die wenigsten auf dem bereits
•von Vegetation besetzten Boden keimen können, hier aber ein freies
Erdreich finden. Ähnliches kann man auch auf licht gewordenen Holzschlägen
beobachten, wo die früheren Schattenpflanzen nun nicht mehr
bestehen können, oder auf den durch den Bau von Eisenbahnen herbeigeführten
Erdaufschüttungen, deren Pflanzenwuchs jedoch nicht
immer aus neuer Besamung zu erklären ist, sondern auch plötzlich Arten
erscheinen lässt, die in der Umgegend gar nicht.wuchsen (z. B.
Erysimum repandum in Thüringen) und deren Auftreten, wie in den
Capoeires von Brasihen, wohl kaum auf eine andere Quelle zurückgeführt
werden kann als auf längst vergangene Generationen von Gewächsen
, deren keimfähige Samen eine unbestimmte Zeit hindurch in
der Tiefe des Bodens verborgen ruhten. Wenn wir sehen, dass die
Natur im Kleinen wie im Grossen über die verschiedensten Mittel ver-
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