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124 ÜBER DIE BILDUNG DES TORFS
wird also nicht nur nichts von den mineralischen Nahrungsmitteln weggeführt
^ sondern nach der jedesmaligen Kornernte aus dem Stroh und
Heu noch mehr oder wenigstens ebenso viel an den Boden zurückgegeben^
als er verlor. Es erklärt sich daraus die Nothwendigkeit, jedes
/ahr den Roggen zu düngen, aber auch die Möglichkeit, ihn immer
wieder aufs Neue zu bauen. Aber zugleich ergiebt sich daraus die
Schranke ^ welche je nach der Zufuhr von mineralischer Erdkrume aus
dem unterliegenden Geestboden früher oder später für Viehzucht und
Ackerbau eintreten muss. Die Gräser wachsen nicht auf dem Urmoor.
Sie empfangen ihre minerahschen Bestandtheile aus dem Geestsande
der Moortange. Die Grösse des Viehstandes, welcher den Dünger für
das Getreide hefert, ist von dem Umfange des Weideplatzes abhängig.
Auch wenn, wie sogleich gezeigt wird, der Heuertrag durch Anlage
von Wiesen bedeutend vermehrt wird, rühren doch alle Aschenbestandtheile,
welche im vorliegenden Kultursysteme gewonnen und in der
F'orm des Düngers genutzt werden j aus derselben letzten Quelle j aus
der Moortange her und sind daher durch deren Grösse und Lage bedingt.
Dies ist die erste und wichtigste Beschränkung der Kolonatwirtschaft^
der sie ohne Einfuhr mineralischer Nahrungsmittel von auswärts
nicht entgehen kann. Allein auch bei der Kultur der Cerealien erwachsen
auf so eigenthümlichem Boden für den Ansiedler neue Schwierigkeiten
, die er besiegen , neue Ansprüche ^ denen er genügen muss.
Er bedarf schon wegen der längeren Vegetationszeit und der gegen
Nässe empfindlicheren Natur der Cerealien einer wirksameren Entwässerungj
als bei der Brandkultur.. Es gelten hierbei zwar dieselben
Grundsätze, wie dort, aber die Gräben und Kanäle müssen nach grösseren
Maassstäben zusammenwirken. Die Radden, als Wasserleitungen von
allgemeinerem Einfluss ^ erhalten daher für den Kornbau eine Bedeutung,
welche bei der Wahl der zur Begründung der Kolonie günstigsten
Lage mit der der Tangen selbst zu vergleichen ist. Wäre man, wie gesagt,
nur einen Schritt weiter gegangen und hätte die Wasserleitungen
bis zur Ems schiffbar gemacht, so wäre die Ausbreitung, und Blüthe
der Kolonien gesichert gewesen: allein hierzu fehlte das Kapital ^ und
somit sind sie ohne Zusammenhang und dauernden Fortschritt gebUeben.
Glücklicher wurde die Aufgabe gelöst, das einzelne Kolonat
in regelmässigen Betrieb zu setzen, weil es dazu nicht des Geldes, sondern
nur sparsamer Wirtschaft und ausdauernden Fleisses bedurfte. Es
kam darauf an, den Viehstand und dadurch die Düngermasse zu vermehren.
Neben den Getreidefeldern wurden künstliche Wiesen geschaffen,
w^ozu eine schon früher angeführte Erfahrung die Hand bot.
IN DEN EMSMOOREN. 125
Wird die obere Schicht des Haidetorfs abgestochen, die ermedngte
Fläche mit Dünger bestreut und ihr im Dünger der Keim und die Nahrun
der Wiesenpflanzen zugeführt, so verwandelt sie sich bmnen Kurzen'von
selbst in eine Wiese. Würde also ein Theil des Düngers, um
Wiesen, ein anderer, um Kornfelder zu schaffen, verwendet, so konnte
in einem dem Heuertrage entsprechenden Verhältniss auch der Viehstand
sich vermehren. Auf diese Weise wird die Grundfläche, wie m
einer geordneten Landwirtschaft, gleichmässig in Futter und m Korn
erzeugendes Land eingetheilt, und der Ausbreitung des Betriebes scheint
eine Zeit lang nichts im Wege zu stehen. Allein auch hier findet der
Kolonist eine unerwartete Beschränkung darin, dass die ihm zu Gebote
stehenden Mittel, das urbare Moor zu entwässern, bald nicht mehr ausreichen
Wäre sein Besitz auch weithin ausgedehnt, so fehlen ihm die
Hände, es fehlt ihm das Kapital, eine Kornfläche, die eine gewisse
Grösse übersteigt, vor Nässe zu bewahren. Auch ist das Wasser nicht
blos von dem Ackerfeld, sondern auch von den Wiesen abzuwehren,
und diese sind anders zu behandeln, wie jenes. Für die Wiesen sind die
Radden wieder besonders wichtig, indem jene sich durch Überrieselungen
zu gewissen Jahreszeiten veredeln lassen , während sie andererseits
, weil die Bunkerde abgetragen ist, noch tieferer Abzugsgraben
bedürfen. Alles dies sind kostspielige Anlagen.
Dazu kommen die hohen Kosten fahrbarer We g e , die für denKornund
Wiesenbau unerlässlich, bei weiteren Entfernungen die Kräfte des
Ansiedlers übersteigen. - An diesen drei unübersteiglichen Schwierigkeiten
, am Mangel des Düngers, der Kommunikationen und an der
Nässe scheiternd, treibt der Kolonist nach wie vor verhältnissmassig
wenig Kornbau, wenig Viehzucht und muss in weit grösserem Verhältniss
die Brandkultur zu Hülfe ziehen.
Es ergiebt sich daher klar, dass der Kornbau ohne weitere Hülfe
in die engsten Grenzen eingeschränkt bleibt und über dieses Ziel hinaus
haben in der That die Bourtanger Kolonien sich bis zu diesem Augenblick
nicht gehoben. Nur Ruetenbrock hat einen Abzugskanal zur Ems
erhalten, aber dieser Vorzug kommt nur einem sehr geringen Bestandtheile
der grossen Fläche zu Gute. Ein allgemeiner, schiffbarer Kanal
durch das grosse Moor ist das einzige Mittel, die Entwickelung der
Kolonien weiter zu führen. Bei der Lage, in welche sie selbst durch
die Gewalt der Umstände versetzt sind, kann jedoch ihrem dringendsten
Bedürfniss nur durch fremde Kapitalien aufgeholfen werden. Die Frage,
wie diese Zins oder Gewinn tragend anzulegen sind, ist zunächst dadurch
einzuleiten, dass der Einfluss eines Kanals auf die Lage der bestehenden
Kolonate untersucht wird.
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