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Palmengattung von Lord Howe's Island denselben Namen G ris e b a ch i a.
(Linnaea XXXV, Heft 2, woselbst auch zwei Arten dieser Palme abgebildet
sind.
Zahlreiche neue Species bekamiter Genera sind ebenfalls nach ihm
genannt, zuletzt wohl die von Pantocsck auf den Felsen des Glivaberges
bei Trebinje entdeckte TuHpa Grisebachiana (Pantocsek, flora Hercegovinae
Crnagorae & Dalmatiae. Poson. 1874 p. 231.
Ein auf A. Rosenthal's Forschungsexpedition nach Nowaja-Semlja
(1871' daselbst östlich von der Belushja-Bucht entdeckter See hat auf
A. Petermamis Karte die Bezeichnung „Grisebach-See' ^ erhalten.
(Geographie und Erforschung der Polar-Regionen Nr. YiV-11- Gotha
1872).
Und ein Berg in West-Australien, östlich von Nickol-Bay ist auf
Mr. Forrists neuer Karte Grisebach zu Ehren benannt worden. (Mittheilung
des Barons Ferdinand von Müller dd. Melbourne, Juh 1879).
Grisebach's werthvollster, ja unschätzbarer botanischer Nachlass
war sein Herbarium. Über dasselbe hat er sich in einer unter seinen
Papieren vorgefundenen Denkschrift vom Jahre 1866 wie folgt geäussert;
Meine Sammlung, welche gegenwärtig gegen 40,000 wohlgeordnete Pflanzenarten
aus allen Gebieten der Erde zählt, entstand zunächst, um als Grundlage für meine
eigenen literarischen Arbeiten zu dienen. Sie enthält daher die Originaldocumente
meiner Publikationen über die Vegetation des südöstlichen und nördlichen Europas,
sowie über die Floren des tropischen und antarktischen Amerikas. Zum Behuf meiner
pflanzengeographischen Arbeiten, die aus etwa 30 in Zeit- und Gesellschaftsschriften
veröffentlichten, grösseren Abhandlungen bestehen , von denen die neuesten erst in
diesem Jahre in Petermamis Mittheilungen und in Behnis geographischem Jahrbuche
erschienen sind, habe ich namentlich die Erzeugnisse der europäischen, orientalischen
und nordafrikanischen Gebiete meistens durch Ankauf so vollständig zusammengebracht,
dass der gesammte Verbreitungsbezirk der einzelnen Arten durch Exemplare
aus allen Ländern, wo sie vorkommen, nachgewiesen wird , so dass die Anzahl der
Exemplare in meiner Sammlung oft zehnfach grösser ist als die der Arten. Von
meinen monographischen Arbeiten über die Pflanzengruppen der Gentianeen, Malpighiaceen,
Smilaceen, Dioscoreen, Gramineen, Hieracien, Bromeliaceen, die zum
Theil nach fremdem Material untersucht wurden, habe ich ebenfalls manche Originaldocumente
erworben, die anderswo nicht zu finden sind. Aber die grösste Bereicherung
wurde meiner Sammlung zu Thei l , als ich durch die Herausgabe der westindischen
Flora mit den Vorstehern der Londoner Museen in nähere Verbindung getreten
war und das Glück hatte, bei allen Pflanzenvertheilungen , die seit einem
Decennium alljährlich in unvergleichlicher Liberahtät in Kew stattfinden, jedesmal
reicher bedacht zu werden als.irgend ein anderer Botaniker Deutschlands. So empfing
ich sofort einen Antheil der Ausbeute von den neuesten englischen Entdeckungsreisen,
wie von d e r . 5 « ? W s c h e n Expedition im äquatorialen Afrika, von Wüford's
Pflanzen aus Korea, von Pallisers Reise nach den Rody Mountains. Als der Gesammtbesitz
an Herbarien der ostindischen Compagnie nach deren Auflösung unter
den literarisch thätigen Botanikern vertheilt wurde, bestand mein Antheil aus mehr
als 5000 ostindischen Pflanzenarten , so dass allein der Transport der aus England
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mir zu Theil gewordenen Donatioiren jährlich eine nicht unerhebliche Summe kostete.
Bei den Vertheilungen, welche in den letzten Jahren in den Museen zu Petersburg
und Leyden sowie in Melbourne stattfanden, habe ich ebenfalls Antheil gehabt und
ähnliche Schenkungen für die Zukunft in Aussicht.
Unter so günstigen Verhältnissen hat meine Sammlung einen Umfang und durch
. Originaldocumente einen Werth erlangt, der von wenigen , selbst öffentlichen botanischen
Museen erreicht wird, und ihr Ruf hat sich unter den Systematikern des Auslandes
so weit begründet, dass Göttingen häufig von ihnen besucht wird, um dieselbe
zu benutzen. So hielten sich während des verflossenen Jahres allein vier namhafte
Botaniker zu diesem Zwecke hier auf, Meissner aus Basel, Andersson aus Stockholm,
Regel aus Petersburg und Bunge aus Dorpat ; der Letztere, der mit einer Monographie
von Astragalus beschäftigt war, erklärte bei seiner Abreise, dass er meine Sammlung
an Arten dieser grossen Gattung reicher gefunden habe als das Berliner Museum.
In dem am 9. Januar 1866 errichteten Testament nun hat Grisebach
bestimmt : „Meine Pflanzensammlung vermache ich als Legat der
Universität Göttingen, damit sie als Document meiner Arbeiten auch
in der Folge wissenschaftlichen Männern zu Gebote stehe.« Die Legatarin
hat das Legat acceptirt, nachdem Se. Maj. der König die landesherriiche
Genehmigung zu dieser Annahme zu ertheilen geruht hat,
und so bleibt das Herbarium der Universität erhalten, an welcher der
grossmüthige Schenker 42 Jahre lang segensreich gewirkt hatte.
Wir können diese biographischen Nachrichten nicht passender
schliessen als durch ein Citat aus dem von Grisebach hinterlassenen
Manuscript „Isis oder die Weltbetrachtung im Lichte der Selbsterkenntniss",
welcher leider unvollendet gebliebenen Schrift er das Leopardi!-
sche Motto gegeben hatte
II naufragar' m'è dolce in questo mare.
Die nicht lange vor seinem Tode geschriebenen Stellen lauten :
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Das Gefühl, dass wir die Güter, die wir besitzen, uns selbst, unserem
freien Wirken verdanken, und dass sie nicht bloss eine anerschaffene
Mitgift der Geburt oder eine Gabe des Schicksals sind — ist das höchste
Glück, das wir zu erreichen fähig sind. Überlieferte Weisheit wird im
Streben nach Erkenntniss ebenso gering geachtet wie der Reichthum
und die Herrschaft, die uns durch Erbschaft zu Theil geworden sind,
und selbst die Liebe ist inniger, wenn sie aus Bewerbung und Verdienst
entsprossen war."
,Wenn auch vorübereilend hat Jeder das Seinige geleistet. Wie,
wenr^'der Winter die Landschaft in weisse Farben kleidet, jede Schneeflocke
spurlos wieder vergeht und jeder Tropfen in die Tiefe sinkend
im Wasser der Quelle verschwindet, hat er doch die Erde durchfliessend
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