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DER GEOGRAPiriK l).KR PFLANZEN.
gerechtfertigt, sondern mit dieser Gliederung stehen auch die Kräfte
im engsten Zusammenhang, deren Wirksamkeit die heutige Anordnung
der Vegetation auf dem ganzen Planeten zu Grunde liegt. Die
Schöpfungsherde sind geologischen Ursprungs, sie sind das letzte Ergebniss
der schöpferischen Thätigkeit, welche die Organismen ins Daseni
rief; die natürlichen Floren erhalten sich in ihrer räumlichen Umgrenzung
vorzugsweise dadurch, dass sie an eine klimatische Lebensspliäre
gebunden sind; zu den geologischen und klimatischen Momenten
gesellen sich endlich , je mehr der Schauplatz der Beobachtung sich
verengt, die liinflüsse des Bodens, von denen überall die topographische
Vertheilung der Pflanzenindividuen bestimmt wird. Legt man der Geobotanik
die Hypothese der Schöpfungscentren zu Grunde, nach welcher
alle Individuen gleicher Art von einem einzigen ursprünglichen Heimatspunkte
abstammen und sich so weit verbreitet haben, als ihre physiologischen
Kräfte, ihre Fähigkeit, sich fortzupflanzen und andere Organismen
von ihrem Boden zu verdrängen, gestatteten, so erstreckten sich
diese Wanderungen über weitere oder engere Gebiete, je nachdem die
einzelnen Pflanzen den unorganischen Bedingungen ihres Lebens gleichgültiger
oder empfindlicher gegenüberstanden, ähnlich den Kulturgewächsen
, deren Energie^ die Theilnahme des Menschen unterstützt
und von denen einige nunmehr allen Zonen angehören, die meisten
hingegen an bestimmte Klimate oder an die Mischung der Erdkrume
gebunden sind. So giebt es europäische Pflanzen, deren Wohnort bis
zu den Antipoden reicht, andere, bald auf eine einzelne oceanische
Insel eingeschränkt, bald einen ganzen Continent bewohnend , dessen
Centren ihre Producte austauschten, entsprechen dem Umkreis eines
Schöpfungsherdes, allein die grosse Mehrzahl dient zur Charakteristik
der klimatischen Gliederungen und ist innerhalb ihrer klimatischen
Sphäre wiederum von der Natur des Bodens abhängig, in welchem sie
wurzeln. Hiernach sondern sich die Aufgaben der allgemeinen Geobotanik
in topographische, klimatologische und geologische; bei jeder
Erscheinung wiederholt sich die Frage, ob sie sich aus dem Boden oder
dem Klima erklären lässt oder ob sie, wenn diese Einflüsse nicht ausreichen,
aus der Entwicklungsgeschichte der organischen Natur abzu^
leiten ist.
T o p o g r a p h i s c h e Geobotanik.
Der topographische Charakter der Bodeneinflüsse auf die Vegetation
beruht auf der mannigfaltigen Mischung der Krdkrumen und tiuf
dem Niveau, insofern dieses die Wassercirkulation in denselben beeinflusst.
Jede Pflanze strebt, sich da anzusiedeln, wo sie das ihren Bedürfnissen
am meisten entsprechende Erdreich findet, und je grösser
ihre Samcnfülle, ihre Kraft, sie zu entwickeln, ist und j e weiter sie ihre
Keime auszustreuen vermag, desto sicherer wird sie sich des Bodens
bemächtigen und andere Erzeugnisse-nicht aufkommen lassen. Nun
sind es aber nur wenige Mineralkörper, die das der Pflanzenwelt zugänglicheSubstrat
bilden, wenige Nährstoffe, die aus diesem in sie eintreten,
nur die Beziehungen zur Wasserbenetzung zeigen eine grössere Mannigfaltigkeit;
allein diese Verschiedenheiten, so wirksam sie sich in dem
topographischen Bilde der Vegetation ausdrücken, wiederholen sich in
allen Gebieten der Erde gleich dem petrographischen Material, dessen
Verwitterung die Erdkrumen bildet, und wenn auch einzelne Abschnitte
des Festlandes reicher an Sümpfen , an Sandstcppen, an fruchtbarem
Humusboden oder an nacktem Gestein sind als andere, so bieten doch
diese Ghederungen der Wanderungskraft einer Pflanze, die den Erdkreis
zu umspannen strebt, seltener als andere, mechanisclie oder khmatische
Einflüsse einen abschliessenden Grenzpunkt. Innerhalb eines Gebiets
dagegen, wie es durch das Meer oder den entscheidenden Wechsel des
Klimas, oder zuweilen durch hohe Gebirgszüge, durch pflanzenleere
Wüsten, durch die überwiegende Kraft einer Vegetation, die ihren Boden
behauptet, umgrenzt und gegen eine Vermischung der Schöpfungscentren
geschützt wird, ordnet sich die Reihe der einheimischen Pflanzenformen
liauptsächlich nach den topographischen Gliederungen des
Erdreichs und ist gleichsam ein organisches Abbild der kleinsten wie
der grössten Verschiedenheiten, welche die mechanische und chemische
Analyse darin entdecken kann. Ich schalte hier eine nicht veröffentlichte
Beobachtung ein, die zeigt, welch treuen Maassstab wir in der
Vegetation für die Natur der Erdkrume besitzen. Auf den Wiesen des
nordwestlichen Deutschland ist die Zahl der Gräser, welche auf einer
kleinen Fläche zusammen wachsen, oft ziemlich bedeutend; ich zähle
auf den Leinewiesen bei Göttingen mehr als 20 Arten allgemeiner verbreitet.
Man kann annehmen, dass jede Art doch ihre besonderen Lebensbedingungen
hat und, wenn diese überall am vollkommensten erfüllt
wären, die entsprechende Organisation alle anderen verdrängen müsste.
Dies ist durch künstliche Einwirkung auf gewissen Rieselwiesen des
Lüneburgischen geleistet. Im Diluvium dieser Provinz ist die Bodenmischung
von Natur einförmiger als auf den südwärts anschliessenden
Flötzbildungen. Die Mannigfaltigkeit der Wiesengräser des Diluviums
ist weit geringer als hier. Nachdem auf dem gleichartigen Erdreich
durch das künstliche Niveau der Rieselwiese auch jede Ungleichheit in
der Waissercirkulation beseitigt war, bestand die Grasnarbe nach einigen
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