
UBER DEN EINFLUSS DES KLIMAS
Verhältnisse zu der jährlichen Regenmenge stehe: vielmehr beweisen
die grossen Differenzen, die hierin an nahe liegenden Orten sich gezeigt
haben, z. B. in Frankreich, und die Grenzen, innerhalb deren auf der
ganzen Erde die Mengen atmosphärischer Niederschläge sich bewegen,
in derselben Flora fast berühren, dass wir darin keine klimatischen
Charaktere der natürlichen Floren zu suchen haben. Einen ganz andern
Gesichtskreis aber eröffnet sich die Untersuchung, sobald sie die Länder
absondert, in denen die atmosphärischen Niederschläge auf bestimmte
Perioden des Jahrs beschränkt sind.
Einige Tropenländer zeigen, höhern Breiten gegenüber, einen umgekehrten
Gegensatz in ihren Feuchtigkeits- und Wärmeverhältnissen.
Wenn in den Tropen die jährliche Temperaturkurve sieh einer geraden
Linie nähertj so wird der Gegensatz zwischen Sommer und Winter desto
grösser, je mehr man in das Innere gemässigter Continente eindringt;
während in diesen die atmosphärischen Niederschläge sich gleichförmig
über das ganze Jahr verbreiten, so erreicht der Gegensatz zwischen
trocknen und feuchten Jahreszeiten in tropischen Ländern sein Maximum.
Aber die Gleichförmigkeit der Temperatur im ganzen Jahre gilt für alle
Tropenländer, die ungleiche Vertheilung der Niederschläge nur für
einen Theil, und hierin Hegt das wichtigste Moment für eine klimatische
Charakteristik tropischer Floren.
Abgesehen von den meteorologischen Wechselwirkungen selbst
(von der Tension des vorhandenen Wasserdampfs und der Wärme),
hängt die Intensität der Verdunstung von der Menge ihres Materials ab :
von der Grösse der Oberfläche des vorhandenen liquiden Wassers und
von den Processen der Vegetation. Vorausgesetzt, dass nicht Seewinde
oder Aequatorialströmungen ' fremde Feuchtigkeit herführen und nie-
1 Seit den Dove'schen Untersuchungen ist man gewöhnt, Äquatorialströmungen und
Regen bringende Polarströmungen und trockene für identisch anzusehen, weil jene sich
in ihrer Bewegung abkühlen, diese erwärmen. Man ist hier ohne Zweifel von einer horizontalen
Richtung der Winde ausgegangen, für die allein jene Annahme gültig sein kann,
da die Erwärmung oder Abkühlung einer niclit horizontalen Strömung wesentlich von dem
Winkel abhängt, den sie mit der Erdoberfläche macht; da indessen die Z)£7z/<?'sche Theorie
sich auf Beobachtungen stützt, so kann man daraus den Schluss ziehen, dass die meisten
Winde (wenigstens an der Erdoberfläche, wo jene Beobachtungen grösstentheils gemacht
wurden) eine horizontale Richtung halben. Man darf indessen den angeführten Unterschied
nie aus den Augen verlieren, und würde z. B. sehr irrigerweise die Feuchtigkeit der
Äquatorialströmungen verallgemeinern, wenn man sie auch von dem rückkehrenden
Passate behaui:)ten wollte. Einmal hat er einen grossen Theil seines Wasserdampfes durch
die Niederschläge verloren , die von der Abkühlung des Courant ascendant abhängen,
und zweitens weht er in einer so beträchtlichen Höhe, dass er sich in seinem Fortschreiten,
bis er den Erdboden wieder in der Nähe der Wendekreise erreicht, fortwährend erwärmen
)
AUF DIE BEGRENZUNG DER NATÜRLICHEN FLOREN: 11
derschlagen, wird in Ländern, in denen die Verdunstung das Gleichgewicht
der Wassercirculation stört und das vorhandene Liquidum
mindert, allmählich die wesentlichste Bedingung des Pflanzenlebens,
die stete Gegenwart liquiden Wassers an allen Punkten des Erdbodens,
verschwinden; dasselbe Resultat werden zweitens herrschende Polarströmungen
hervorbringen, die den Wasserdampf in andere Länder
führen, ohne ihn niederzuschlagen. Es ist bekannt, welche klimatische
Verschiedenheiten in den Tropenländern von diesen Verhältnissen abhängen,
und welche Mittel die Natur anwendet, so entschieden dem
organischen Leben feindhchen Einflüssen zu begegnen. Abgesehen von
diesen Floren erschaffenden Perturbationen, wozu besonders die Solstitialbewegung
gehört, würden die Passatwinde die Tropenländer in
fünf scharf gesonderte Zonen theilen, von denen zwei ohne Feuchtigkeit
und ohne Vegetation wären: eine Äquatorialzone mit einer Wassercirculation
von grösster Geschwindigkeit, durch die ununterbrochenen
Niederschläge des in der Höhe abgekühlten Courant ascendant bedingt,
also von seitlichen, eben deswegen langsamer ihre Temperatur verändernden
Strömungen unabhängig; zwei Passatzonen, durch ihre perennirenden
Polarwinde zu ewiger Trockenheit und Sterilität bestimmt;
zwei Zonen der Polargrenzen der Passate, wegen steter Vermischung
ungleich erwärmter und relativ ungleich gesättigter Luftschichten nie
ohne Niederschläge, jedoch durch den untern Passat und durch seitliche
Strömungen nach und aus den gemässigten Zonen in ihrer Wassercirculation
störend afficirt. Die Einflüsse, die diese Gleichförmigkeit zu
modificiren bestimmt sind, und die theils der Solstitialbewegung, theils
der Configuration des Erdbodens und seiner einmal vorhandenen organischen
Decke angehören, haben durchaus die Tendenz, einen Gegensatz
zwischen trocknen Jahreszeiten und Regenzeiten hervorzurufen, in
jenen ewig trocknen Zonen wenigstens eine periodische Vegetation
möglich zu machen und an den Wendekreisen gleichfalls einen durch
Trockenheit bedingten Winterschlaf in die Pflanzenwelt einzuführen:
. hier bewirkt dies die Verschiebung der Passate, die in die einzelne Flora
ihre feuchte Polargrenze nur während einer J a h r e s z e i t setzen, dort
die Wanderung des Courant ascendant in die Passatzone, der bis zum
i f der Sonne gegen die Wendekreise folgt, oder in der alten Welt die
periodische Umkehrung des obern und untern Passats. die die Aquamuss,
obgleich er vom Äquator kommt. Die Niederschläge jenes Berührungspunktes
entstehen daher nicht von der Abkühlung eines , hier ohnehin trockenen, Aquatorialstroms,
sondern von der Erkältung der hier vorhandenen feuchten Luft durch ienen , was
mit Huttoiis Ansicht übereinstimmt,
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