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72 ÜBER DIE BILDUNG DES TORFS
Emsmooren nicht erforderlich, wo auf dem entwässerten und gedüngten
Torfe neben den Wiesen sogleich auch Getreide und andere Kulturgewächse
gebaut werden können. Ueber die Ursachen dieser Erscheinungen
erlaubt die Chemie des Humus freilich bis jetzt, auch nach
Mulder's schönen Arbeiten, nur Vermuthungen: man muss fragen,
warum das Gemenge von Torfboden und Geestsand bei Papenburg
hohe Fruchtbarkeit bietet, hingegen in den Haiden Lüneburgs der
humóse Sandboden, aus demselben Sande und aus den Resten des
denselben Torf erzeugenden Strauchs durch die Natur gebildet, nur den
ärmlichsten Ackerbau gestattet? man kann nur muthmassend sich vorstellen
, dass in den Haiden ausser den grossen, mit dem Torfmoor
gemeinsamen Gewächsen noch andere, dem Auge verborgene Organismen
an der Bildung der Erdkrume thätig sind, von denen eine eisenhaltige
, der Kultur verderbliche Schicht herrührt, die unter dem Humusboden
der Haide allgemein verbreitet ist und, wo sie entfernt wurde,
sich wiedererzeugt. Aber je dunkler solche Verhältnisse bleiben, desto
gewisser ist die Thatsache, dass im Hochm,oore, selbst ohne Vermischung
des Torfes mit Sand, ein Ackerbau gelingt, wie ihn die Haiden
auch nach der mühsamsten Bodenverbesserung nicht aufweisen.
Hier findet man die üppigsten Hafer- und Roggenfelder auf dem getrockneten
Sumpf, hier gedeihen alle Producte der Geest zu ungleich
grösserer Vollkommenheit, als auf dem Sandboden. Der Torf giebt
ihnen eine bei Weitem angemessenere Grundlage, als der Sand, durch
welchen das Wasser zu rasch hindurchsickert. Diese Kultur ist zu vergleichen
mit der Vegetation auf Kohlenpulver, wo die organische
Pflanzennahrung so wenig wie hier im Boden, sondern nur in der
Atmosphäre gesucht werden kann. Aber des Bodens Wasser haltende
Kraft ist weit grösser und hierin steht das entwässerte Hochmoor
dem Thone gleich. Wie sollte es nicht gleiche Erzeugnisse liefern,
sobald durch den Dünger flir hinlängliche mineralische Nahrung gesorgt
ist.
In der That hat der Landbau unter diesen Verhältnissen keine
anderen Grenzen, als die ihm das Gleichgewicht mit der Viehzucht anweist.
Neben den blühenden Getreideäckern erblickt man Gemüse- und
Obstgärten, ohne dass der Baumwuchs auf dem schwankenden Boden
bis zu beträchtlichem Alter der Stämme beschränkt erschiene. Oft
liegen die Colonate versteckt in einem Wäldchen, dessen Bäume und
Schattenpflanzen, die merkwürdigsten Ansiedelungen auf dem Torfboden,
die Übersicht von der durch Kultur veränderten Pflanzendecke
des Moors zum Schluss führen.
Gehölze von Plesepertwist: Betula alba W., Quercus pedunculata
IN DEN EMSMOOREN. 73
Ehrh., Sorbus aucuparia L., Pinus sylvestris L. (Grove Danne) ; selten,
P. Abies L. (Eine Danne) : ein einzelner 40' hoher Baum.
Unterholz und Gesträuch: Salix aurita L., Populus tremula L.,
Kubus fruticosus L., Sarothamnus scoparius Kch.
Schattenpflanzen : TormentillareptansL., Epilobium angustifoHum
L., Hieracium vulgatum Er., Luzula campestris DC., Anthoxanthum
odoratum L., Aspidium spinulosum Sw.
Von der Oberfläche der Emsmoore, deren Gestalt und vegetabilische
Decke uns bis jetzt beschäftigt hat, wendet die Darstellung sich
nun zu den Torfschichten, wie sie nach der Tiefe von den obereiyuid
jüngeren bis zu den unteren und älteren Lagen gestaltet sind. Der Grad,
bis zu welchem die Pflanzen bei der Torfbildung mechanisch zerstört
und chemisch zersetzt werden, hängt wesentlich von der Organisation
jedes einzelnen Gewebes ab. Entweder erhalten sich die Zellen durch
alle Stufen der Vermoderung hindurch unverändert, oder die Gewebe
der Pflanze verwandeln sich in eine amorphe Humusmasse, in welcher
die mikroskopische Untersuchung nur braun oder schwarz gefärbte
Körnchen von lebhafter Molekularbewegung nachweist. Der amorphe
Torf verhält sich durchaus wie ein präcipitirtes Pulver, welches weder
Krystallisation noch organische Textur besitzt und aus sehr kleinen,
lose angehäuften Molekülen besteht. Die unveränderten Zellen bilden
gewöhnlich organisirte Einschlüsse im formlosen Humus. Es giebt nur
eine Art von Torf, welche, ganz frei von amorphen Bestandtheilen, nur
aus unzersetzten Geweben zusammengesetzt wird. Dies ist der Moostorf
(Sphagnumtorf), dessen Bildungsgeschichte in den Gruben uns vor
Augen liegt. Die Zellen des Torfmooses, welche das Wasser durch
offene Poren aufnehmen und wie in einem Schwamm anhäufen, werden
dadurch in weit höherem Grade, als bei irgend einer anderen Pflanze
möglich ist, vor der atmosphärischen Luft geschützt. Ihr anatomischer
Bau ist ihre antiseptische Kraft. Selbst Einschlüsse des Moostorfes, die
im amorphen Humus bis auf gewisse Gewebtheile vermodern, behalten
hier Form und Textur des frischen Zustandes. Auf diese Weise fand
ich selbst die zartesten Wurzelzasern als Einschluss vom Torfmoose
erhalten und nur das lockere Gewebe der Rebouillia in amorphen Humus
sich verwandelnd. Ich habe keine Beobachtung, dass Moostorf
durch weitere Zersetzung theilweise oder vollständig amorph werden
könne: vielmehr spricht die später darzulegende Thatsache von dessen
völlig unversehrtem Zustande in den ältesten Schichten des Papenburger
Moors durchaus dagegen.
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