
76 ÜBER DIE BILDUNG DES TORFS
solche Gewebe aber, welche nicht vermodern können ^ beharren in
derselben Form, welche sie im Leben besassen, und verändern sich
nicht mehr.
Die formlose Grundmasse wird nach dem Sprachgebrauche der
Moorbewohner als reifer Torf bezeichnet. Im Gegensatz ist der unreife
Torf eine Substanz, welche an unveränderten Einschlüssen reich ist oder
eanz aus orp-anisirten Bestandtheilen besteht. Diese A o o usdrücke beruhen
indessen nur auf der unstatthaften Meinung, dass allmählich der unreife
Torf in reifen verwandelt werde. Es scheint vielmehr, dass die Vermoderung
ziemlich rasch verläuft^ weil die Einschlüsse der Jüngern
Torflagen sich wenig von denen der ältesten unterscheiden. Aber jenem
Vorurtheil steht allerdings eine richtige Beobachtung zur Seite. Diese
wardj wie es so oft geschieht, wenn von ungebildeten Standpunkten
Naturprocesse zu betrachten sind, über das Maass ihrer Geltung verallgemeinert
und sogar auf den Moostorf übertragen. Die obern Lagen
der Emsmoore sind gewöhnlich braun, die untern schwarz gefärbt. So
liegen auf den gegen 25' tiefen, anstehenden Torfprofilen bei Papenburg
über dem gelblich braunen Moostorfe zunächst die schwärzesten
Schichten, die nach oben allmählich in braune und leichtere Massen
übergehen. Der schwarze Torf hat gewöhnlich ein grösseres Gewicht
und steht höher im Werthe als der braune. Aber beide Arten können
grossentheils aus amorpher Substanz bestehen und sind mikroskopisch
nicht zu unterscheiden. Die Betrachtung der Papenburger Schichten
erlaubt keinen Zweifel, dass hier der braune Torf nach und nach in
schwarzen verwandelt worden ist. Die Einschlüsse beider Schichten,
die Hauptkennzeichen ihres Ursprungs, sind die nämlichen. Auch
stimmt diese Umwandlung wohl zu den Ergebnissen von Untersuchungen
1 über die Humifikation, falls beide Arten sich wie das braune
Ulmin und das schwarze Humin oder wie deren Säuren verhalten. Allein
hiemit soll eine auf die Papenburger Profile beschränkte Beobachtung
nicht allgemein ausgesprochen, es soll nicht behauptet werden, dass
jeder braune amorphe Torf durch fortgesetzte Vermoderung schwarz
werden könne. Den Unterschied des specifischen Gewichts und des
Harzgehalts, der häufig im schwarzen Torf grösser wird, würde eine
solche Hypothese unerklärt lassen und sie bedarf einer Prüfung durch
vergleichende chemische Analysen.
Die organisirten und formlosen Torfarten treten in sehr ungleichen
Massenverhältnissen auf. Um so schwerer, harzreicher und amorpher
^ Mulder's Versuch einer physiologischen Chemie. Braunschweig 1844. Uebers. i,
S. 150 u. f.
IN DEN EMSMOOREN. 77
der Torf ist, desto höher steigt sein Werth als Brennstoff. Der formlose
Torf kann der Braunkohle ähnlich werden, die Heizkraft des Moostorfs
hingegen ist sehr unbedeutend. Die Hochmoore an der Ems Uefern
durchweg ein treffliches Brennmaterial und dies ist dem Vorherrschen
des amorphen Torfs und dessen harziger Beschaffenheit allein beizumessen.
Der Moostorf bildet hier nur Lager von wenigen Zollen Mächtigkeit
und oberflächliche oder tiefer gelegene Gänge. Er tritt in denselben
Verhältnissen zurück, wie das Torfmoos in der heutigen Pflanzendecke
dieser Moore nur einen sehr geringfügigen Bestandtheil bildet.
Wo beide Torfarten zusammengrenzen, findet sich gewöhnhch eine
scharfe Absonderungsfläche. Die Schichtung des amorphen Torfs selbst
ist gewöhnlich sehr unvollkommen: wo sie bemerkt wird, liegen die
AbS)nderungsflächen horizontal und werden nicht selten durch bandartige
oder papierförmige Einschlüsse von Cyperaceen-Epidermis bezeichnet.
Aber in andern Fällen fehlt die Schichtung ganz und eine
homogene organische Masse reicht durch die ganze Tiefe des Moors.
Die Cohäsion der Torflager hängt nur von dem Grade ihrer Feuchtigkeit
ab und ändert sich daher nach den Jahreszeiten. Im hohen
Sommer und so lange der Frost dauert, kann man überall das Hochmoor
überschreiten. Im Frühling und Herbst ist die Verbindung zwischen
den Dörfern sehr erschwert: oft muss man mit langen Springstöcken
von Bülten zu Bülten springen. Zu Wagen und Pferd sind
wenig Orte zu erreichen. Dem Hornvieh werden Bretter unter die Füsse
gebunden, damit es nicht einsinke; leichtere Thiere eilen wohl eher
über den Schlamm fort, aber grosse Weidestrecken können selten oder
gar nicht genutzt werden.
Über die Mächtigkeit der amorphen Torflager in den Emsmooren
lässt sich keine allgemeine Regel aufstellen. Die Convexität des Moors
steht in gar keiner Beziehung zu der Gestalt des Substrats, das heisst
der Geest, auf welcher der Torf sich gebildet hat. Concavitäten der
Geestfläche bedingen eine grössere Tiefe des Moors, Convexitäten erheben
sich durch das Torflager nach oben und können dasselbe inselförmig
durchbrechen oder von einer dünnen Lage Torf überdeckt werden.
Solche Geestinseln finden sich inzwischen nur sehr sparsam über
die grosse Fläche zerstreut. Sie sind im Bourtanger Moor, wo die
Geest aus Sandboden besteht, mit denselben Wiesengräsern bekleidet,
welche auf den künstlichen Torfwiesen wachsen, und haben bei der
Gründung der Kolonieen gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts
diesen die erste Stütze ihrer Existenz geboten. Gäbe es mehr dergleichen,
so würde unstreitig die Zahl der Kolonieen rascher gewachsen
sein: denn auf diesen Inseln, so klein ihr Umfang sein mag, findet in
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