
im'
414 BERICHTE ÜBER DIE FORTSCHRITTE
licrbstlichcn Blattfall und die dem Anfang und Schluss entsprechenden
Durchschnitts-Temperaturen sind an den nordöstlichen Grenzen der
Wohngebiete so geordnet^ dass man erkennt, weshalb die letzteren von
ungleichem Umfang sind und wie jede Art sich von der anderen nach
ihren Lebensbedingungen verschieden verhält.
Buche. Belaubung bei S^^R., Blattfall bei Verkürzung der Vegetationszeit
nicht unter 5 Monate.
Eiche. Belaubung bei 9 bis 10" R., Blattfall bei Verkürzung der
Vegetationszeit nicht unter 5 Monate.
Birke. Belaubung bei 6" R. , Blattfall bei 5",6; Verkürzung der
Vegetationszeit nicht unter 3 Monate.
Lärche. Belaubung bei R., Nadelfall bei o^; Verkürzung der Vegetationszeit
nicht unter 3 Monate.
Die Höhengrenzen im Gebirge^ die vom Zurückweichen des Winterschnees
bedingt sindj weil die Vegetation erst beginnen kann^ wenn
dieser vom Boden entfernt ist, verhalten sich zu denen der Ebene im
Allgemeinen symmetrisch; eine Ausnahme macht die Eiche, die in den
Alpen hinter der Buche weit zurückbleibt. Diess lässt sich ebenfalls
aus dem Verhältniss zur Temperaturkurve erklären, weil der gleich
langen Vegetationsperiode dieses Baumes im Norden die längere Zeit
über dem Gefrierpunkte sich erhaltenden Temperaturen des Herbstes
zu Gute kommen, wogegen die frischen Schneefälle des Gebirges der
Entwickelung ein früheres Ziel setzen (Vegetation, I, S. 171). Wie ungleich
sich die verschiedenen Bäume gegen klimatische Einflüsse verhalten,
hat auch Kcrncr an der Buchen- und Fichtengrenze in Tirol
gezeigt, indem daselbst der erstere Baum bei südöstlicher, der letztere
bei südwestlicher Exposition am höchsten ansteigt (Wanderungen des
Maximums der Bodentemperatur, S. 7, Zeitschrift der österreichischen
Gesellschaft für Meteorologie). Im erstem Falle steht die Bodenwärme
höher als im letzteren und die Erdkrume verliert daher leichter ihre
Feuchtigkeit; die tiefgehenden Wurzeln der Buche leiden dadurch nicht
und die Entwicklung des Baumes kann sich auf das Minimum ihres
Zeitmaasses verkürzen (Belaubung von der Mitte des Mai an, Blattentfärbung
zu Anfang Oktober). Das flache Wurzelsystem der Fichte hingegen
erträgt die Dürre des Bodens nicht und begnügt sich andererseits
mit geringerer Wärme. — Ungewöhnlich elevirte Höhengrenzen beobachtete
Sintony in den an der Südseite der Ötzthaler Ferner zur Etsch
auslaufenden Thälern von Matsch und Schnals (Getreide- und Baumgrenze
in West-Tirol, Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft
in Wien, Bd. 20, S. 395):
;
[N J W A l GEOGRAT'ÎIIE DER PFLANZEN. 4^5
Getreide bis 1845 m; Lärchen- und Arvenwald iggim bis
2054m; letzte Individuen der Lärche 2237in, der Arve 2326m.
Die Ursache Hegt hier nicht in der Massenerhebung des Gebirges,
wie im nahen Engadin, sondern in der gegen Norden geschützten Lage,
die man in dieser Beziehung mit den lombardischen Thälern in der
südlichen Alpenkette vergleichen kann.
Auf den Inseln an der deutschen Nordseeküste zwischen der Emsund
der Wesermündung kommen mehrere Pflanzen vor, die der gegenüber
liegenden Marschniederung fehlen und erst in weiterer Entfernung
auf der Geest, d.h. dem Diluvium des Binnenlandes, wiederkehren.
Buchenmi leitet diese Erscheinung von der Küstenconfiguration einer
früheren Zeit ab, als die Inseln noch mit dem Festlande zusammenhingen,
bis das einbrechende Meer die Verbindung aufhob und einen
Landverlust herbeiführte, der in der Folge durch die Marschalluvionen
allmählich zum Theil wieder ausgeglichen wurde (Bemerkungen über
die Flora der ostfriesischen Inseln, namentlich der Insel Borkum,
Separatabdruck aus den Jahresberichten des Naturwissenschaftlichen
Vereins zu Bremen, S. 214). Als Beispiel dieser abgesonderten Inselvegetation
ist die Gattung Pyrola besonders bemerkenswerth, deren
Arten und Formen durch ihre Verbreitung auf diese historischen Vorgänge
einiges Licht zu werfen scheinen. Die binnenländische Form von
P. rotundifolia ist auf die beiden westlichsten Inseln Borkum und Juist
beschränkt; auf den beiden folgenden Inseln Baltrum und'Nordernei
wächst die übrigens nur in England bemerkte und gewöhnlich als klimatische
Spielart betrachtete P. arenaria. Man könnte hieraus schliessen,
dass die letztere eine längere Reihe von Generationen zu ihrer Ausbildung
bedurft habe und dass die Inseln, wo sie auftritt, vom P'^estlande
vor einer längeren Zeit abgerissen worden seien als die erstgenannten.
In der That führt Pocke an, dass Borkum und Juist „erst seit einigen
Jahrhunderten" getrennt bestanden haben (Die Vegetation des Nordwestdeutschen
Tieflandes, ebendaselbst S. 452).
V. Middendorjf ^\\tv<!2xi anschauliche Schilderung der Barabâ,
einer grossen morastigen Ebene im westlichen Sibirien, die im Norden
der Kirgisensteppe zwischen dem Irtisch und Ob (53"—57® N. Br.), zu
beiden Seiten der Heerstrasse von Omsk nach Koliwan sich weithin
ausbreitet (Die Baraba, Mémoires de l'Acad. de St.-Pétersbourg, VII,
14, no. g). Diese Landschaft wird zwar zu den Steppen gerechnet,
verdient aber diese Bezeichnung nicht, da sie innerhalb der Waldgrenzen
hegt. Es ist eine unabsehbare Wildniss mit Mooren und Waldinseln,
aber von üppiger Fruchtbarkeit, durch den hohen Wuchs von
blumenreichen Stauden ausgezeichnet und nur insofern den Steppen
I
H
Î | E
I I
I n>
i'li!
U F
i
H il
II
I kl> ft