P H ¥ Ü 0 i i 0 M 9 K VOM PEME®
I. HISTORISCH - GEOGRAPHISCHE GRÄNZEN.
Peru hat in den verschiedenen Epochen seiner Geschichte seine
politischen Gränzen sehr verändert, was bei naturwissenschaftlichen
Angaben von ältern Reisenden immer in Retracht gezogen werden muss.
W ir besitzen keine positiven Nachrichten von dem Zustande dieses
Landes vor dem elften Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung. W a s
die ältesten spanischen Schriftsteller darüber mittheilen, ist ein Gemisch
von fabelhafter Dichtung und abentheuerlichen Erzählungen. Von den
stummen Zeugen jener Jahrhunderte haben wir kaum eine leise Andeutung;
dem unermüdlichen Forscher werden sie einst sprechen; das
philosophische Studium der folgenden Epoche wird seine Remühungen
unterstützen und er wird von der bis jetzt noch tief verhüllten Vergangenheit
den Schleier heben. Der Anfang der geschichtlichen Epoche
dieses Landes ist auch der einer Familiendynastic. Ynca Manco-Capac,
der Gründer des später so mächtigen Ynca-Reiches, beherrschte beim
Antritte seiner Regierung (ungefähr um das Jahr 1022 n. Chr.) nach der
Angabe von Garciloso de la Vega») einen Landstrich, welcher von der
von ihm gegründeten Stadt Cozco nach S. W . bis Queqnesana, nach O.
bis zum Flusse Paucartampu nach W . bis zum Apurimac reichte, also
zwischen 15 und 14° S. R. neun spanische Leguas (zwanzig auf einen
Rreitengrad) in die Länge und fünfzehn in die Rreite. Rei seinem Tode,
welcher vierzig Jahre später erfolgte, hinterliess er seinem Sohne
Sinchi Ynca Roca das Reich, beinahe um das Doppelte erweitert,
•) Comentarios reales que tratan del origen de los Yneas etc. primera parte I.isboa 1609.
Der Verfasser stammte von mütterlicher Seite von den Yneas ab, seine Geburt fällt gleich in die
erste Zeit nach der Eroberung. 1675 war dieses Werk schon geschrieben und wurde erst im
Jahr 1609 in Sevilla und in Eisabon gedruckt. Die Ausgabe von Sevilla wurde unterdrückt.
zugleich aber auch jene Politik, welche das Ynca-Reich im Zeiträume
von fünfhundert und zehn Jahren zu einer Grösse ausdehnte, wie sie
im nämlichen Zeitabschnitte nicht einmal das mächtige römische Reich
erlangt hatte. Treu dem Princip, den besiegten Nationen keine Müsse
zu gönnen über ihre veränderte Lage nachzudenken, sondern dieselben
in steter Spannung zu halten, indem die Blüthen der Stämme immer
den kaiserlichen Heeren einverleibt wurden, um auf neue Eroberungen
auszuziehen, beugten sie im Verlaufe von zwölf*) Dynastien fast das
ganze westliche Südamerika unter ihren Scepter.
Huayna Ynca Gapac, der Eroberer, Sohn des Thupac Ynca
Yupanqui 2) hatte mit Erbitterung den von seinem Vater begonnenen
Krieg gegen den Scyri Gacha, König von Quitu, fortgesetzt, dessen Neffen
und General Calicuchima zu wiederholten Malen geschlagen, und
endlich am verhängnissvollen 3) Tage von Hatun-Taqui (im Capac-
Gitua - Monat, August 1488) einen vollständigen Sieg über seinen
Feind davon getragen. Tödtlich verwundet fiel der Scyri Gacha;
mit ihm sein Thron. E r gab auf dem Schlachtfelde seinen Geist
auf, ohne einen männlichen Erben seines Reiches und Rächer seines
Todes zu hinterlassen. Huayna Gapac vermählte sich mit der Scyri
Pacclia, der Tochter seines Feindes, setzte so den glänzenden Smaragd
neben die rotlie Quaste 4) auf seine Stirne, und vereinigte
dadurch die beiden mächtigsten Staaten des südlichen Amerika’s in
ein Reich. Seine Ausdehnung war nach der Angabe alter Autoren
vom Flusse Andasmayo im Norden von Quitu bis zum Flusse Mauli
in Chile, und von der Küste des stillen Oceans im Westen, bis
zur östlichen Cordillera im Südosten, deren ewig beeisten, himmel-
1) Es waren eigentlich 13 Regierungen, aber der blödsinnige älteste Sohn von Viracocha,
Ynca Urco wurde nach 11 Tagen als regierungsunfähig entsetzt, — an seine Stelle kam sein jüngerer
Bruder Ynca Pachacutec.
2) Von vielen Zupanqui geschrieben, was aber nicht richtig ist.
J), Von der Schlacht bei Hatun-Taqui schreiben sich alle spätem Zerwürfnisse des Ynca-Reichs,
welche den ,Spaniern die Eroberung so sehr erleichterten, her.
4) Das Zeichen der königlichen Würde bei den Scyri in Quitu war ein,schöner grosser
Smaragd, umina rumi auf der Stirn. Die Yneas trugen eine rothe Quaste Puca puylla, welche in
der Mitte eines Bandes hing, das von einer Schläfe zur andern reichte. Die Quaste des Thronfolgers
war kleiner und gelb. Garciloso de la Yega als Abkömmling der Yneas führte die Quaste
in seinem Wappen.