
Die Castration der Stiere wird anf eine sehr barbarische Weise
ausgeführt. Die Hoden werden nämlich, ohne das Scrotnm zu öffnen,
anf einem Steine mit einem hölzernen Hammer zu Brei zerldopft. Dnrch
diese Operation soll eine blutende W^unde verhütet werden, die in dem
heissen Klima und beim fortwährenden Verweilen des Viehes auf freiem
Felde die Schmeissfliegen anlocht und durch dieselben das Thier qualvoll
tödten würde.
Verwilderte Rinder kommen in der Ceja de la Montana im mittlern
Peru vor; sie sind von der Gebirgsrace und klein wie dieselbe, aber
muthig, nnd fallen die Indianer häufig an. Die Hörner sind nach hinten
gebogen, wodurch sie im Walde weniger hindernd sind. Die Eingebor-
nen nennen sie Vacas del monte oder Vacas simarronas.
DAS SCHAAF.
So wie die Rinder, so entbehren auch die Schaafc in Peru aller
Pflege. Ihre Anzahl ist daselbst sehr gross und mancher Hacendado
zählt 60 bis 80,000 Stück; sie sind von feiner spanischer Race, aber
durch die Nachlässigkeit der Eingebornen schon sehr entartet; dennoch
wird ihre Wolle in Europa geschätzt. Am häufigsten trifft man sie in
der Punaregion; an der Küste ertragen sie die Hitze nicht so leicht. In
der Sierra, wo ihnen das Klima am besten behagen würde, wird der Boden
mehr zum Ackerbau benutzt, und sie sind also genöthigt, auf den
ausgedehnten Plateaus der Puna sich anszubreiten. In neuester Zeit
haben sich einige Besitzer von Hacienda’s Merinos-Schaafe ans Spanien
kommen lassen, um die Schaafzucht etwas zu heben. Bei einem vernünftigen
Systeme und gehöriger Sorgfalt könnte dieser Theil der Viehzucht
von sehr grosser Wichtigkeit für Peru werden.
Merkwürdig ist es, dass nur sehr wenige Widder die Normalzahl
von Hörnern haben. Die meisten haben deren drei oder vier, zuweilen,
jedoch selten, fünf oder sechs. W ir haben schon auf der Insel Chiloe
beobachtet, dass von 10 Widdern 8 mehr als zwei Hörner haben.
DIE ZIEGE.
In Peru werden wenige Ziegen gehalten; nur an der Küste und in
einigen Sierrathälern trifft man Heerden an. Die Indianer treiben sie
immer mit den Schaafen zusammen und suchen auf alle mögliche Weise
eine Kreuzung dieser Thiere zu befördern, was ihnen auch sehr leicht
gelingt. Die Wolle der Bastarde ist sehr gesucht und wird zu Pel-
Ionen (Satteldecken) verarbeitet. — Verwilderte Schaafe oder Ziegen
trifft man nirgends in Peru.
DAS LLAMA.
Da die Therologie unserer Fauna schon eine grössere Ansdrönnnp
erhalten hat, als es in unserem Plane lag, so werden wir uns hier
beschränken, nur in zoologischer Beziehung das Llama und Paco zu
betrachten und werden in dem historischen Theile unserer Reise den
Nutzen und die Lebensweise dieser Thiere erörtern.
W ir haben schon weiter oben dargethan, dass zwischen Llama,
Huanaco nnd Paco ein specifischer Unterschied sei und dass diese
Thiere irriger W eise zusammen gestellt und verwechselt werden. Prof.
Meyen und nach ihm mehrere deutsche nnd englische Naturforscher
behaupteten, das Llama sei nur ein veredeltes Huanaco; Diese Ansicht
ist in jeder Reziehung unstatthaft. Wodurch wird ein Thier veredelt?
Gewiss nur dadurch, dass ihm reichliche Nahrung, hinlänglicher Schutz
gegen die Witterung gegeben und angestrengte Sorgfalt gewidmet
wird. Im freien Zustande hat das Huanaco die beste Nahrung in Fülle
auf den unermesslichen Hochebenen, findet fortwährend ein ihm angemessenes
Klima; während der heissen Jahreszeit am Fusse der himmelanstrebenden
Cordillerasgipfel, in der kalten Jahreszeit Id den w ärmern,
von dem Einflüsse des eisigen Windes abgeschlossenen Punathälern.
Welcher Pflege bedarf es mehr, als der Ruhe und Bewegung, die es sich
nach seinem Bedürfnisse selbst verschafft? Wie entgegen gesetzt verhält
es sich mit dem Llama! Unter das Joch gebeugt ist es gezwungen,
den Tag über Lasten zu tragen, die seine Kräfte beinahe übersteigen 5
wenige Augenblicke werden ihm gegönnt, seine spärliche Nahrung zu
suchen 5 des Nachts wird es in nassen Coral getrieben und muss auf
Steinen oder im Morast liegen; aus den reinen, erfrischenden Höhen
der Anden, für die es geschaffen ist, wird es schwer beladen nach
den dumpfig heissen Urwäldern oder nach den brennenden Sandwüsten
er Küste getrieben, wo ihm auch die spärlichste Nahrung abgeht und