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langen keine Gemälde von Thier en, die theurer zu stehen kommen,
als die Objekte seihst, sondern einfache, naturgetreue Zeichnungen, als
Beigabe zu einer genauen Beschreibung; und wenn diese letztere so
abgefasst ist, wie es der jetzige Stand der Zoologie verlangt, können
auch Abbildungen entbehrt werden. So wenig als man von einem
Naturforscher verlangen darf, dass er nach Berlin, Sidney, Calcutta
oder Philadelphia gehen soll, um die dortigen sogenannten Museumsnamen
sich zu bemerken und sie dann anzunehmen, eben so wenig
kann man ihm zumuthen, dass er für jede seiner Arbeiten eine Beise
nach einer grossem Bibliothek antrete, um sich ein schön gemaltes
Vogelwerk anzusehen. Die Herausgeber jener Werke haben es sich
also seihst zuzuschreihen, wenn von ihren Arbeiten keine Notiz genommen
wird; die Naturforscher sollten sich sogar vereinigen, dieselben
nie zu benutzen, um auf diese Weise jenem literarischen Unfuge
Einhalt zu thun.
An diese eben genannten Nachtheile schliesst sich noch ein anderer
an, der aber von den Naturforschern selbst herrührt; glücklicher
Weise aber weniger von den deutschen, als von den französischen und
englischen. Es ist dies die grosse Willkührin den Diagnosen und in
der Nomenclatur. Erstere werden nach keinem Typus gebildet, sondern
in höchst unbestimmten Ausdrücken hingestellt. Die musterhafte
Terminologie des trefflichen Illiger scheint ihnen ganz unbekannt zu
sein, und wenn sie es nicht ist, so trifft sie der noch schlimmere Vorwurf
der Nachlässigkeit, die nirgends weniger als in einer abstrakten
Wissenschaft gestattet ist. Die Namen anlangend zeichnen sich gewisse
Zoologen dadurch aus, dass sie dieselben so barbarisch und
regelwidrig als nur immer möglich bilden. Die von Linné aufgestellten
Nomenclatur-Regeln sind so klar, einfach und leicht auszuführen,
dass es gegen die Wissenschaft und deren Anhänger unverantwortlich
ist, wenn sie nicht befolgt werden. Hoffentlich erhalten die Listen
von Namen wie ButeogciUus, Craxirex, Laniagra, Embcrnagra, Cypsna-
gra9 Fringalauda keine neuen Beiträge mehr.
Ich wende mich noch für einige Augenblicke zu einem andern
Punkte, dessen Erörterung hier nicht unzweckmässig sein dürfte, um
so mehr, da ich mich zugleich gewissermassen gegen den Angriff, als
hätte ich unnöthiger Weise Neuerungen einführen wollen, rechtfertigen
muss.
Es fragt sich nämlich, ob die Autorität eines Zoologen, der eine
schon bekannte Species entsprechend und richtig einem, von einem andern
Naturforscher aufgestellten Genus einreiht, zu dieser Species gestellt
werden könne, oder ob die Autorität dessen, der die Art zuerst
beschrieben, oder dessen, der das Genus begründet hat, angeführt werden
müsse. Beispiele mögen diese Frage erläutern.
Vieillots Nouv. Dict. XXXIV. pag. 282 beschreibt einen Vogel als
Rhamphastos Azaræ. Bei der Ausarbeitung des Systema avium fand
Wagler, dass dieser Vogel zu der von Illiger aufgestellten Gattung
Pteroglossus gehöre und bringt Hin zu derselben hin. Soll es nun heissen
Pteroglossus Azaræ Vieill., nach dem Beschreiher der Species, oder Pt.
Azaræ Illig., nach dem Gründer des Genus, oder Pt. Azaræ Wagl.,
nach dem Zoologen, der zuerst der schon beschriebenen Species ihre
richtige Stellung angewiesen hat? Ferner: Illiger Prodr. p. 236 schaffte
das Genus Cathartes und zieht zu demselben die von Linné als Vnltur
aura beschriebene Species ; soll es nun heissen Cathartes aura Lin. oder
C. aura Illig.?
Für alle die angeführten Fälle lassen sich Gründe angeben. Der
Naturforscher, welcher zuerst eine Species bekannt macht, hat unbedingt
auf die Beschreibung derselben das Prioritätsrecht; aber mit dem blossen
Beschreiben der Art ist noch nicht viel gewonnen, wenn derselben nicht
ihre richtige Stellung angewiesen wird. Nimmt man z. B. das Genus
Falco (oder bei den Säugethieren das Genus Mus) in dem ausgedehnten
Sinne wie Linne', was noch sehr häuGg geschieht, und gibt dann eine
kurze Diagnose einer neuen Species, so ist es wahrlich bei dem jetzigen
Standpunkte der Ornithologie nicht möglich, ohne eine sehr genaue Abbildung
oder eine ausführliche Auseinandersetzung aller wesentlichen
Charaktere, diesen Vogel in eine naturgemässc Beziehung zu den übrigen
Falken zu bringen. Und wie mangelhaft sind nicht die Diagnosen !
Man schlage nur die Revue Cuverienne oder die Proceedings of the Zoological
Society auf und man wird in Menge Diagnosen Gnden, die in
zehn bis zwölf Worten die Farbe einer Thierspecies enthalten, welche
zu irgend einem dieser vielumfassendcn Genera geworfen ist, um so
schnell als möglich einen Namen zu sichern. Indem sich einige Zoologen
auf diese Weise ihre Arbeiten erleichtern, weil sie gerne ihren
Namen hinter einer Species sehen, sich aber nicht die Mühe geben
wollen, gründlicher zu vergleichen, so erschweren sie durch diese unzureichenden
Beschreibungen den übrigen Naturforschern die Arbeit,