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grössten Erstaunen und Schrecken der Indianer und Spanier zwei Drittel
der Llama’s und Paco’s. Von diesen wurden die Huanaco’s und
Vicuna’s angesteckt, bei denen das Uebel aber nicht so gefährlich war,
da sie nicht in so grossen Massen zusammen lehen und sich in kältern
Regionen aufhalten. Auch auf die Füchse erstreckte es sich und nahm
sie sehr grausam mit. Ich selbst sah im Jahr 1548, als Gonzalo Pi-
zarro siegreich von der Schlacht bei Huarina nach Cuzco zurückkehrte,
Füchse, welche von dieser Pest ergriffen des Nachts in die Stadt
kamen und auf den Strassen und Plätzen mit mehrern Löchern gefunden
wurden, welche von dieser Krätze entstanden und durch den ganzen
Körper gingen. Auch erinnere ich mich, wie die Indianer aus
diesen Füchsen den nahen Untergang von Gonzalo Pizarro voraus verkündigten
und dieser auch bald hernach statt hatte.«
»Im Anfänge dieser Pest wurde das ergriffene Thier getödtet oder
auch lebendig vergraben, wie auch der Mönch Acosta lib. IV. cap. 41
sagt; so wie sie aber überhand nahm, wussten weder die Indianer noch
die Spanier, auf welche Weise sie derselben Einhalt thun sollten; sie
behandelten sie mit künstlichem Feuer, machten Mischungen von Sublimat
und Schwefel, auch von andern scharfen Sachen, welche sie für
zweckmässig hielten, aber umsonst; sie behandelten sie mit siedendem
Schweineschmalz, aber ebenfalls vergeblich. Unzählige andere Mittel
wurden versucht, bis man endlich fand, dass das Beste sei, die ergriffenen
Theile mit lauem Schweineschmalz zu bestreichen und besonders
darauf Acht zu geben, ob sich die Thiere an der innern Seite
der Schenkel, wo das Uebel beginnt, kratzten, um dasselbe zu hindern,
ehe es weiter um sich griff. Allmählig nahm die Krankheit ab
und verschwand fast ganz. Weder die Rehe noch Hirsche wurden
davon ergriffen. Ich erinnere mich auch, dass in Cuzco San Antonio
zum Advokaten und Vertheidiger gegen dieses Uebel genommen wurde.«
So weit Garcilaso. Seit seiner Zeit hat sich das Uebel in mehreren
Epidemien wiederholt und ist nie ganz ausgerottet worden. In den Jahren
1827 und 1859 herrschte es mit sehr verderblicher Heftigkeit. W ir
haben selbst mehrere hundert dieser kranken Thiere gesehen. Die Indianer
wenden äusserlich das Fett vom Condor mit einigem Erfolg gegen
diese Hautkrankheit an.
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DAS PACO.
Von diesem Thiere sagt Garcilaso 1. c. »Ueber das kleinere Vieh,
welches man Paco llama nennt, haben wir weniger zu sagen, denn es
dient weder als Lastthier, noch zu irgend einem andern Dienste; sondern
wird wegen seines Fleisches, welches etwas weniger gut als das
des Llama ist, und wegen seiner Wolle, welche sehr gut und sehr
lang ist, und aus der Kleidungsstücke gemacht werden, gehalten«.
Meyen wundert sich über Garcilaso de la Vega, der angeblich sagen
soll, das Paco komme wild vor; wir linden übrigens bei unserm Autor
diese Stelle nirgends und vermuthen, dass Prof. Meyen das Originalwerk
nie gelesen habe. Auch sind die Angaben von diesem Naturforscher
über das Paco so confus, dass es klar ist, dass er sich selbst
nicht strenge Rechenschaft über das, was er darüber veröffentlichte,
abgelegt hat.
Die Paco’s sind im halbwilden Zustande in Peru; ohne Hüter
weiden sie das ganze Jahr auf den Hochebenen und werden nur einmal
nach den Dörfern getrieben und geschoren; es ist begreiflich,
dass sie sehr scheu sind und nur mit Mühe eingefangen werden können.
In wenigen Gegenden wird etwas mehr Sorgfalt auf ihre Pflege
gewendet, wo sie in wohl gehüteten Heerden unterhalten werden.
Die Widerspenstigkeit dieser Thiere gränzt an’s Unglaubliche;
wenn eines von der Heerde getrennt wird, wirft es sich auf die Erde
und ist durch kein Mittel zum freiwilligen Aufstehen zu bewegen, und
erleidet lieber den qualvollsten Tod, als dass es folgen würde. Einzelne
Paco’s kann man nur dann transportiren, wenn man sie grossem
Heerden von Llama’s beigesellt; so wie sie aber von denselben abgesondert
wrerden, verweigern sie die Folgsamkeit und nehmen auch keine
Nahrung zu sich. Wenigen Thieren scheint die Gesellschaft so sehr
zum Bedürfnisse zu sein, wie ihnen. Nur wrenn sie von frühster Ju gend
an in den Indianerhütten aufgezogen werden, gewöhnen sie sich
an den Menschen und an das Alleinsein.
Die Wolle der Paco’s ist ausgezeichnet fein, lang und reichlich;
ihre Farbe ist sehr verschieden und variirt wie beim Llama; am häufigsten
ist das Vliess weiss oder schwarz.