werden verkauft und der Erlös derselben zum Renoviren der Kirchen
benutzt. Das Fleisch wird an der Luft getrocknet und als Charqui
aufbewahrt; es schmeckt angenehm, frisch jedoch weniger als gedörrt;
auf letztere ’Weise präparirt hält es sich Jahre lang, ohne etwas von
seinem Geschmacke einzuhüssen. Das Fleisch der Llama’s hingegen
ist schwammig und unangenehm. Die noch ungebornen Jungen der
Vicuna’s, mit spanischem Pfeffer (Aji) zubereitet, werden als grosse
Leckerbissen geachtet. W ir haben sie öfters geessen und sie als sehr
wohlschmeckendes Gericht schätzen gelernt.
Jung eingefangen, lassen sich sowohl die Vicuna’s als auch die
Huanäco’s zähmen; erstere jedoch schwieriger. Unser Freund Don
Remigio Rucabado, gegenwärtig Pfarrer zu Junin, hatte ein Pärchen
Vicuna’s mit vieler Mühe gross gezogen und sie vier Jahre lang bei
einander gehalten, ohne dass sie sich je begattet hätten. Das Weibchen
entfloh im fünften Jahre seiner Gefangenschaft mit dem Halsbande
und einem Stück Leine, an welche es gebunden war; es suchte sich
an einen Rudel wilder Vicuna’s anzuschliessen, wurde aber immer von
denselben durch Beissen und Stossen weggetrieben und musste so
allein auf den Hochehenen herumirren. W ir haben es Monate lang
nachher öfters auf unsern Streifzügen getroffen, es entfloh aber immer
hei unserer Annäherung. Das Männchen traf ein eigner Unglücksfall;
es verwickelte sich nämlich mit dem rechten Vorderfuss in der Leine,
welche denselben so fest umschlang, dass der Brand dazu trat und der
Fuss in der Mitte des Unterschenkels abgestossen wurde; die Wunde
heilte rasch und das Thier blieb sehr munter. Es war das grösste
Exemplar, das wir je gesehen hatten; seine Stärke entsprach seiner
Grösse; wenn sich ihm Jemand zu sehr näherte, so richtete es sich
auf den Hinterbeinen senkrecht auf und schlug mit den Vorderbeinen
auf einen Schlag auch den stärksten Mann zur Erde nieder. Es zeigte
durchaus keine Anhänglichkeit gegen seinen Wärter, obgleich er es
während mehr als fünf Jahren gepflegt hatte. Im Allgemeinen sind
die Vicuna’s nur während sie noch jung sind zutraulich und anhänglich;
sobald sie aber völlig ausgewachsen sind, werden sie tückisch
und wild. Eine Ausnahme von dieser Regel machte eine grosse,
schöne, weibliche Vienna, welche uns in Tarma geschenkt wurde und
die uns immer wie ein Hund auf der Strasse folgte, wir mochten zu
Fuss oder zu Pferd sein.
In Chile und Bolivia werden mit dem Zähmen der Huanaco’s häufiger
Versuche gemacht als in Peru; aber auch in letzterem Lande
haben wir sehr zahme gesehen. Es ist nicht selten, dass sich ein
Huanaco einem Rudel von Vicuna oder Llama anschliesst; wir haben
aber immer beobachtet, dass es stets in einer Entfernung von mehreren
Schritten zurückbleibt und sich demselben nie einverleibt. Es ist
ebenfalls nicht selten, dass man auf den Hochebenen Huanaco’s, Vicuna’s,
Paco’s und Llama’s bunt durch einander gemischt weiden sieht;
bei der Annäherung von Menschen aber ergreifen die erstem beiden
immer rudelweise die Flucht, während die letztem zerstreut ruhig fortgrasen.
Das Geschrei dieser Thiere lässt sich schwer beschreiben, ist
aber doch so charakteristisch, dass man es, einmal gehört, nicht wieder
vergisst, und ist bei jeder Species verschieden; ein geübtes Ohr
erkennt aus den kurzen, abgebrochenen Tönen augenblicklich, von welcher
der vier Arten sie kommen. Weder von den Huanaco’s noch
den Vicuna’s haben wir die den ruhenden Llama’s eigenthümlichen,
halb unterdrückten Laute gehört, welche am besten mit dem Zusammentönen
mehrerer Aeolsharfen verglichen werden können. Bei der Annäherung
irgend einer Gefahr, besonders beim Anblicke der Menschen
schon aus grosser Entfernung, lässt das Männchen ein wieherndes
Pfeifen ertönen, in welches bald der ganze Rudel einstimmt. Die reine,
dünne Atmosphäre trägt diese durchdringenden Töne bis in weite
Ferne, von wo auch ein sehr scharfes Auge die Thiere noch nicht
entdecken kann.
Die Schwierigkeit der Begattung der Llama’s ist schon sehr häufig
besprochen und angeführt worden, da der Penis angeblich im Erec-
tionszustande nach hinten gerichtet sein soll, was aber durchaus nicht
der Fall ist; auch sind diese Schwierigkeiten nicht so sehr gross, dass
eine Unmöglichkeit des Coitus ohne menschliche Hülfe vorhanden wäre.
So weit unsere Erfahrung reicht, findet eine solche durchaus in keiner
der von uns bereisten Hochebenen statt, und alle Erkundigungen, die
wir bei Besitzern von grossen Llamahcerden aus den südlichen Gegenden