winnen, werden wir uns an complicirtere WachsthunisVorgänge
wagen dürfen, um die Parabolen und Epicyclen excentrischer
Genieschöpfungen zu berechnen. Für jene erste Grundsteinlegung
durch primitiv gebrochene Quadern ist jetzt der günstigste
Moment geboten, aber ein rasch vorliberfluthender, der,
wenn nicht eben jetzt im sicheren Griffe von der Ethnologie
erfasst und benutzt, erst nach unberechenbar späten Zeitumläufen
dem Menschengeschlecht eine gleich geeignete Gelegenheit
zur Disposition stellen wird, sich sein eigenes Geistesleben
zum bewussten Verständniss zu bringen. Wir können jetzt noch
mit Leichtigkeit überall Volksstämme antreffen, die allerdings, so
wenig wie sonst Etwas im Werden, die Prüfung eines absoluten
Anfanges nicht bestehen werden, die aber aus einer Jahrhunderte
oder Jahrtausende hindurch fortgedauerten Abgeschlossenheit
den Typus selbstständiger Eigenheit erworben haben und
so den Stempel eines leicht erfassbaren Symboles zur Schau
tragen. Wir treffen sie noch in diesem charakteristischen Gep
räg e, wir treffen sie indess im letzten Nachzittern desselben,
indem das bis dahin Constante in Folge der neuen Einflüsse
überall zu changiren beginnt. Es ist nun eben dieser Moment
des Contactes, der am besten, und der zugleich allein eine Beobachtung
ermöglicht. Er ist der für diese nothwendige, er ist
ausserdem der Erste, der sich bietet und zugleich der Letzte
bis au f andere Jahrhunderte und Jahrtausende, wenn diesmal
unbenutzt vorübergehend. So lange fremde Völker ausserhalb
unseres Geschichtshorizontes stehen bleiben, sind sie für uns, als
unbekannt, auch unvorhanden und nicht existirend. Während der
Sturmperiode politischer Wechselfälle aber, die den neuentdeckten
Küsten die Pioniere der Civilisation entgegentreibt, wirkt, in
plötzlicher Mischung heterogener Substanzen, die Berührung
gleich einer fressenden Säure, die in einen Krystall eindringt
und ihn zerlegt. Schliesst dieser Krystall Substanzen genügender
Sättigungscapacität ein, so mag sich unter dem Einfluss
jenes Zünders ein noch schönerer und edler geformter Krystall
herausbilden, obwohl freilich auch in einem solchen Falle der
ursprüngliche unwiederbringlich verloren gehen würde. Im
Augenblicke dagegen, wo Säure mit Basis, oder mit einem bis
dahin indifferenten Salze zusammentrifft, mögen wir aus den
hervorgelockten Keactionen dieses eine Menge seiner Eigenschaften
verstehen lernen, wir mögen durch den bunten-Farbenschiller,
der momentan über den Transformationen schimmert,
Einblicke in ihr eigentliches Wesen thun, aus der Färbung einer
aufleuchtenden Flamme das Element erkennen, das nach eingetretener
Oxydation dann nicht ein zweites Mal verbrennen
wird, das uns die Gelegenheit seines Verständnisses nur für
einen kurzen, aber desto wichtigeren und bedeutungsvolleren
Moment gewährt. Unsere Gegenwart hat deshalb die Pflicht
und Aufgabe, das gerade jetzt überall zu Tage gelegte Rohmaterial
zu sammeln und aufzuspeichern, denn wenn die Ethnologie
die augenblicklich gebotene Gelegenheit unbenutzt vorübergehen
lassen sollte, so wird u ns, so lange die jetzige Periode
des Menschengeschlechtes fortdauern wird, nie*) wieder
die Möglichkeit gegeben sein, reine Beobachtungsobjecte Uber
die primitive Gestaltungsform des Psychischen zu gewinnen.
Wollen wir den Menschen, und in ihm uns selbst, v e rstehen
lernen, so liegt nach der anerkannten Forschungsmethode
unserer Zeit die unerlässlichste conditio sine qua non darin, dass.
• ) Bientôt peut-être il ne sera plus temps de recueillir ces restes d’un passé,
qui disparait et s’évanouit sans retour. Il faut se hâter de rassembler, ce qui
subsiste encore, so sprach schon vor 30 Jahren Jomard, der hochverdiente
Veteran, der unermüdliche Fürsprecher der damals kaum geborenen Ethnologie.
Und weiter: Peut-être un jour, quand on voudra tracer le tableau historique des
progrès des peuplades sauvages, on sera réduit à de vagues renseignements, à
d'obscures traditions.